Kaya Yanar und der „Planet Deutschland“

Kaya Yanar bei der Aufzeichnung der NDR Talk Show im Studio Lokstedt Hamburg 11 12 2015 Foto xU xG
Kaya Yanar bei der Aufzeichnung der NDR Talk Show im Studio Lokstedt Hamburg 11 12 2015 Foto xU xG(c) imago/Future Image (imago stock&people)
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Der deutsch-türkische Comedian Kaya Yanar über sein neues Faible für Regionen, Pläne für ein Österreich-Programm – und die Grenzen des Humors.

Seit 42 Jahren lebt er in Deutschland, und ein, zwei Sachen versteht er noch immer nicht, zum Beispiel, „warum zu Silvester ,Dinner for One‘ läuft“. Dass sich die Leute einen Sketch ansehen, den sie schon kennen, findet Kaya Yanar irgendwie komisch, im Sinne von seltsam.

Ein „goaßlschnalzender“ Bayer weckt ähnliche Assoziationen bei ihm, und erst die rheinische Frohnatur, auch die inspiriert ihn beruflich: In seinem neuen Programm, „Planet Deutschland“, widmet sich der türkischstämmige Frankfurter Comedian nicht mehr allein den jüngeren Kulturen seiner Heimat – den türkischen, indischen, griechischen –, sondern auch den altdeutschen Klischees.

„20 Jahre habe ich von etwas erzählt, was ich am besten kannte“, sagt Yanar. "Währenddessen habe ich das Land aber besser kennengelernt, was ein Grund ist, warum ich jetzt dem ganzen Deutschland ein Programm widme“ und nicht nur den anderen Ländern. Kaya Yanar war um das Jahr 2000 herum einer der ersten einer wachsenden Gemeinde an Ethno-Comedians. Er hat das Humorpotenzial der Integration gefunden und die harten Fronten zwischen den Kulturen mit Witzen aufzulockern versucht. Negativhumor war nie seines. „Es ist eine der Fallen, in die Comedians tappen können, wenn sie Grenzen überschreiten, aber ich hab einen ganz guten Sensor entwickelt. Ich bin auch privat kein Typ, der wahnsinnig provokant und auf Streit aus ist. Gewisse Sensibilität muss man charmant umfahren.“

Örtliche Gegebenheiten

Privat ist Yanar sogar ein ziemlich bodenständiger Typ, ein Bergtyp. Seine liebste Form der Entschleunigung findet er in seinem Zweitleben am Zürichsee bei seiner Freundin und den beiden Katzen, das sind seine Ruheanker. Vor allem die Berge zentrieren ihn. „Ich bin ja in Frankfurt am Main aufgewachsen, die einzigen Berge, die wir dort hatten, waren die Jugendherbergen.“ Vor ein paar Jahren war er noch rastloser, oder „ganz bekloppt“, wie er sagt, „da konnte ich die Füße nicht stillhalten. Wenn ich an einem Ort eine Woche spielfrei und keinen TV-Auftritt hatte, bin ich weitergezogen.“ Zur Lebensmitte hin kehre nun ein bisschen mehr Ruhe ein.

Beruflich hat sich Kaya Yanar auch verändert, er wird regionaler. „Früher war das Publikum froh, wenn man etwas Lustiges zu sagen hatte, mittlerweile hat sich die Comedy aber um eine Generation weiterentwickelt, und die Leute wollen definitiv, dass man auf die örtlichen Gegebenheiten eingeht. Das sieht man auch in der Schweiz.“

Dort spielt Yanar zur Zeit „Der Reiz der Schweiz“, ein eigenes Programm für die Schweizer, das nichts mit „Planet Deutschland“ zu tun hat. „Als Nächstes werde ich vielleicht ein Programm nur für die Österreicher schreiben“, sagt er. Zuerst darf es sich aber noch Deutschland auf seiner Schaufel bequem machen. Für Yanar ist „es ein diverses Land mit vielen Ethnien, Kulturen, Sprachen und Dialekten – unfassbar multikulturell. Und auf der anderen Seite gibt es tatsächlich Menschen, deren Horizont nur bis zur Grenze geht, bei denen der Planet auch wirklich aufhört. Aber das gibt's auch überall.“ Viele Bundesländer würden ihn faszinieren, „aber das Bayerische hat halt eine Menge Angriffsfläche. Der Dialekt klingt lustig, und es gibt Brauchtümer, die sind einfach komisch.“ Aber auch beim eben zu Ende gegangenen Kölner Karneval kommt Yanar ins Schwärmen, „da bekommt jeder einen Schock, der von außen dazustößt. Das hat nichts mit der Mainzer Fastnacht zu tun, und ein Baseler wäre von Köln sowieso komplett verstört.“

Ein Thema wird Kaya Yanar so schnell aber nicht aufgreifen. Kann er die Flüchtlingsdebatte, die Integration von morgen, mit Humor nehmen? „Im Alltag ist es möglich, im direkten Austausch zwischen einem Flüchtling und einem Deutschen, da kann der Humor sogar helfen. Aber in erster Linie ist das ein großes politisches Problem, das uns noch eine Zeit lang begleiten wird, und da kann ich auch nicht zu Merkel und Schäuble gehen und das Problem mit ein paar Witzchen lösen.“

ZUR PERSON

Kaya Yanar (42) hatte 2001 mit der Comedy-Sendung „Was guckst du?!“ den Durchbruch. Der türkischstämmige Frankfurter gilt als Wegbereiter des multikulturellen TV-Spaßes in Deutschland. Am

4. und 5. März kommt Yanar mit „Planet Deutschland“ in die Wiener Stadthalle, dieses Mal untersucht er ein paar ur-deutsche Eigenarten. www.kaya.tv

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2016)

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