Video zeigt Chaos und deutsche Waffen bei IS-Kämpfern

Bilder der Helmkamera aus dem Panzerwagen des IS
Bilder der Helmkamera aus dem Panzerwagen des ISReuters
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Kurden fanden nach einem Gefecht mit dem IS die Helmkamera eines Jihadisten. Darauf ist bei den IS-Kämpfern auch ein deutsches MG zu sehen.

Die Videokamera auf dem Helm eines IS-Kämpfers sollte wohl den heroischen Kampf der Extremistenmiliz im Irak zeigen. Die jetzt an die Öffentlichkeit gelangten Bilder dokumentieren jedoch eher dilettantisch und panisch agierende Kämpfer in einem gepanzerten Fahrzeug.

Kurdische Peschmerga - Kriegsgegner der Islamisten - fanden die Kamera nach eigenen Angaben nach dem Gefecht auf dem Helm eines getöteten IS-Kämpfers, dessen Namen sie mit "Abu Radhwan" angaben. Das etwa sechs Minuten lange Video zeigt die Männer in einem gepanzerten, oben offenen Fahrzeug, wie sie neben anderen ähnlichen Wagen über eine braune Ebene fahren und dabei schießen, vermutlich auf Stellungen der Peschmerga.

Irakische Uniformen

Auffällig ist, dass die Männer in dem Wagen offenbar irakische Armeeuniformen, wohl aus Beute stammend, tragen. Einer von ihnen rutscht mit seinem Gewehr ab und der Schuss löst sich im Innern des Fahrzeugs.

"Abu Hajer! Hör auf zu schießen", ist auf Arabisch zu hören. Die Helmkamera schwenkt hektisch hin und her zwischen den Männern, Waffen und Munition auf dem Boden des Fahrzeugs und der braunen Ebene davor. Kurz darauf ist über dem Geräusch von Schüssen die Stimme eines weiteren Kämpfers zu hören: "Abu Hajer! Ich habe dir gesagt, Du sollst höher zielen. Was ist los mit dir? Die Patronenhülsen fliegen direkt auf uns."

Dann wendet sich Abu Radhwan an diesen Kämpfer und ruft: "Abu Abdullah, ziel' höher und sei vorsichtig, du bringst uns um."

"Du hast auch uns geröstet!"

Ein anderer Kämpfer feuert eine RPG-7-Panzerfaust ab - allerdings so, wie man es in einer beengten Umgebung wie einem Fahrzeug nicht machen soll: Der Abgasstrom des Gefechtskopfs faucht nämlich teilweise in das Wageninnere und füllt es mit schwarzem Rauch und Funken. "Gut gemacht, aber du hast auch uns geröstet", ruft jemand danach.

Später ist zu sehen, wie ein Kämpfer ungeschickt versucht, eine offenbar selbstgebaute Gewehrgranate in den Schießbecher eines Gewehres einzuführen. Die Granate muss sogar mit einem Feuerzeug (Typ "Zippo") an einer Lunte entzündet werden.

Deutsche Waffenhilfe für Kurden in IS-Händen?

Weiteres interessantes Detail: Die IS-Kämpfer führen, wie man mehrfach sieht, auch ein Maschinengewehr deutscher Bauart mit sich, höchstwahrscheinlich ein MG 3 von Rheinmetall. Weder die irakische noch die syrische Armee besitzen solche Waffen, allerdings hat Deutschland anno 2014 mindestens 40 MG 3 im Rahmen eines noch größeren Waffenpaketes (darunter auch Panzerabwehrraketen "Milan", Panzerfäuste, Handgranaten...) an die kurdischen Peschmerga geliefert. Das MG 3 muss also von dort an den IS gelangt sein, wahrscheinlich wurde es im Kampf erbeutet - sofern man die Theorie, es könnte "freiwillig" weitergedealt worden sein, ausschließt.

Auch die türkische Armee benutzt übrigens das MG 3. Die Türkei steht im Verdacht, dem IS zumindest früher durchaus wohlwollend gegenübergestanden zu sein, was eine weitere mögliche Quelle für das deutsche MG bei den Dschihadisten öffnet.

Ganz klar: ein deutsches MG 3 in Händen des IS
Ganz klar: ein deutsches MG 3 in Händen des ISScreenshot aus dem Video

In seinen offiziellen Propagandavideos versucht der "Islamische Staat" (IS) den Eindruck professioneller und disziplinierter Kämpfer zu vermitteln, die fast ohne Gegenwehr den Feind bezwingen. Meist sind die Bilder mit heroischer Musik unterlegt. Das nun veröffentlichte Video zeigt eine andere Seite dieses Krieges aus der Sicht eines IS-Kämpfers, der am Ende auch noch stirbt.

"Raus hier, raus, aber geht nicht zu weit", hört man einen Kämpfer rufen, als das Fahrzeug offensichtlich getroffen wurde. Abu Radhwan sagt: "Wo ist mein Gewehr?" Außerhalb des Fahrzeugs ist zu sehen, wie Radhwan wegläuft. Die Kamera schwenkt herum, er blickt zu dem beschädigten Fahrzeug, als ihn offenbar eine Kugel trifft. "Ich bin verwundet", ruft er. Dann rollt er wohl über die Erde und man sieht auch seine Kollegen, die sich seitlich über den Boden rollend in Sicherheit bringen wollen, freilich auf einer weiten, unbewachsenen Ebene praktisch ohne Schutz.

Ein letzter Kamikaze-Angriff

Die Kamera nimmt abwechselnd den braunen Boden und den blauen Himmel auf. Man sieht auch, wie einer der Kämpfer schließlich aufsteht und aus seiner Kalaschnikow feuernd in Richtung des unsichtbaren Gegners losstürmt - eine regelrechte Kamikaze-Aktion.  Die letzten Bilder zeigen ein brennendes Fahrzeug, von dem Rauch aufsteigt.

Der Peschmerga-Oberstleutnant Yasir Abdulla sagte der Nachrichtenagentur Reuters, das Gefecht habe bereits im Dezember nahe Mossul im Nordirak stattgefunden (im Video ist allerdings von März die Rede). Am nächsten Tag hätten sie nach Leichen gesucht und die Helmkamera gefunden. Der IS hat große Teile des Irak und Syriens unter seine Kontrolle gebracht, zuletzt jedoch große Gebiete wieder abgeben müssen.

>>> Das Video:

(Reuters/wg)

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