Warum gibt es keine Berge, die höher als 9000 Meter sind?

Durch die dicke Erdkruste sinken hohe Gebirge in den Erdmantel ein. Zudem verhindern Gletscher, dass sie „in den Himmel wachsen“.

Es sind gewaltige Kräfte, die einen Gebirgszug formen. Sie kommen aus der Erdkruste und dem oberen Erdmantel. Schieben sich dort Erdplatten zusammen, faltet sich so ein Gebirge auf. „Die Tektonik erzeugt die Höhe“, sagt Hannah Pomella vom Institut für Geologie der Uni Innsbruck. Doch was bremst einen Berg beim Wachsen? Warum ist der Mount Everest mit seinen 8848 Metern über dem Meeresspiegel der höchste Berg?

Mit einem Gebirge sei es ähnlich wie mit einem Eisberg, bei dem nur die Spitze zu sehen ist und der Großteil im Meer versinkt, so die Geologin. „Bei Gebirgen ist die Erdkruste dicker und damit schwerer als normalerweise; deshalb sinkt sie weiter in den Mantel ein.“ Durch die große Last und die hohen Temperaturen könne es in der Tiefe sogar zu einem gravitativen Kollaps, einem langsamen Zergleiten des Gebirges kommen.

Gletscher „knabbern“ Berg an

Ab einer gewissen Höhe bilden sich außerdem Gletscher, die die Erosion stark beschleunigen. „Die Tektonik kommt nicht schnell genug dagegen an, dass die Gletscher den Berg von der Seite ,anknabbern‘“, so die Forscherin. Die Folge: Die Flanken des Berges werden immer steiler, scharfe Spitzen bilden sich und werden mit der Zeit instabil. Pomella verweist etwa auf die Form des Matterhorns.

Ab welcher Höhe Gletscher beginnen, hängt wiederum vom Klima, also etwa von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Wind sowie der geografischen Breite ab. In den Alpen gibt es Gletscher daher bereits bei knapp unter 3000 Metern Seehöhe, in den Anden Ecuadors erst ab rund 5000 Metern. Neue Studien zeigten jedenfalls, dass Berge meist nicht mehr als 1500 bis 2000 Meter höher sind als die Schneelinie, also die Grenze, ab der der Schnee ganzjährig liegen bleibt.

Wie hoch ein Berg ist, lässt sich auf mehrere Arten messen. Doch auch die absolute Höhe, die sich am Meeresspiegel orientiert, ist in gewisser Weise relativ: Denn nicht jedes Meer hat denselben Meeresspiegel, und nicht jedes Land verwendet denselben Bezugspegel. In Deutschland etwa orientiert man sich bei Höhenmessungen an der Nordsee, in Österreich an der Adria.

Misst man die Höhe vom Meeresboden aus, führt der Vulkan Mauna Kea auf Hawaii das Ranking der höchsten Berge an. Rund 6000 Meter geht es unter Wasser hinunter, an Land sind weitere 4200 Meter zu sehen. Problem der Messmethode: Der Meeresboden ist nicht eben, damit fehlt ein eindeutiger Bezugspunkt. Dass die Erde keine perfekte Kugel ist, ist wiederum die Schwierigkeit bei Messungen, die vom Erdmittelpunkt ausgehen. Nach diesen wäre der Chimborazo in Ecuador der höchste Gipfel der Welt.

Pomella interessiert sich in ihrer Forschung vor allem für die Plattenbewegungen bei der Entstehung der Alpen. Diese sei in den Details sehr komplex, weil die Alpen eigentlich Resultat von zwei Gebirgsbildungen sind, sagt sie (siehe auch Beitrag oben). Immer bessere geophysikalische Methoden helfen den Forschern dabei, unter die Erde zu schauen. Außerdem arbeitet Pomella viel im Gelände, untersucht etwa, wann und wie Gesteine sich verformt haben.

Das Wissen der Innsbrucker Geologen dient aber nicht nur der Grundlagenforschung, sondern nutzt auch der Praxis: So haben die Forscher etwa an einer Vorstudie für den Bau des Brenner-Basistunnels mitgearbeitet.

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(Print-Ausgabe, 30.04.2016)

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