Das Hotel als Hauptdarsteller

v.l.n.r Julia Koschitz (Martha Aderhold), Ursula Strauss (Anna Sacher), Francesca von Habsburg (englische Diplomatin) und Josefine Preuß (Konstanze von Traunstein) bei den Dreharbeiten zum TV-Zweiteiler
v.l.n.r Julia Koschitz (Martha Aderhold), Ursula Strauss (Anna Sacher), Francesca von Habsburg (englische Diplomatin) und Josefine Preuß (Konstanze von Traunstein) bei den Dreharbeiten zum TV-Zweiteiler "Das Sacher" in Wien.APA (HERBERT PFARRHOFER)
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Robert Dornhelm verfilmt derzeit die Geschichte des Sacher. Ursula Strauss spielt die Direktorin der legendären Hotelinstitution.

Wien. Am Vormittag ist hier der Jahreswechsel begangen, das Jahr 1900 willkommen geheißen worden – eine riesige Sachertorte mit der Jahreszahl 1900, die goldenen Konfetti auf dem Boden und die Sektgläser zeugen noch von der Feier. Gefeiert wurde hier, in den gediegenen Räumen des Hotels Sacher, freilich nur für die Kamera. Das Sacher ist derzeit nämlich nicht nur – vor den Augen neugieriger Touristen und ihren Smartphone-Kameras – Filmkulisse, sondern irgendwie auch Hauptdarsteller: Robert Dornhelm dreht hier gerade mit einer Riege an österreichischen und deutschen Schauspielern, einem riesigen Team (950Komparsen!) und einigem Aufwand einen TV-Zweiteiler über das legendäre Hotel hinter der Staatsoper. Konkret über die Jahre, in denen die fast ebenso legendäre Anna Sacher das Hotel nach dem Tod ihres Mannes übernommen hat, bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs.

Dass eine Frau ein Hotel führt (und so ein wichtiges noch dazu), Geschäftsfrau ist, Hunderte Mitarbeiter dirigiert, war Anfang des 20. Jahrhunderts alles andere als selbstverständlich. Umso mehr, erzählt Ursula Strauss, die diese historische Persönlichkeit (deren Leben zum ersten Mal verfilmt wird) verkörpert, bewundere sie Anna Sacher. „Sie hat sich in einer Zeit, in der Frauen als Modepuppen funktioniert haben und nur dazu da waren, der Aufputz zu sein, die Konzession für das Hotel erkämpft“, sagt Strauss in einer Drehpause, in einem schwarzen Spitzenkleid mit engem Korsett („Während der Dreharbeiten kann ich deswegen fast nichts essen“). „Sie hat alles geleistet, was Männer geleistet haben, und sich aber auch alles erlaubt, was sich Männer erlaubt haben.“ Darunter ein selbstbewusstes Auftreten als Hotelchefin: Legendär ist das Bild, auf dem Anna Sacher, umgeben von ihren Bulldoggen (denen sie gerüchteweise Kaviar gefüttert hat), Zigarre rauchend (auch das ein Tabu für eine Frau) in die Kamera blickt. Überliefert ist Sachers Spruch „Der Herr im Haus bin ich“, den auch Strauss das eine oder andere Mal sagen wird.

Die erste Erinnerung an das Sacher ist für Strauss eine süße: Als „Mädel vom Land“ sei sie zuallererst mit der weltbekannten Torte in Berührung gekommen, erst später hat sie „mit viel Ehrfurcht“ das Hotel kennengelernt. Auch heute „ist es noch immer etwas Besonderes, wenn man ins Sacher essen geht. Man nimmt eine andere Haltung ein, trinkt den Kaffee anders.“

Wie in vergleichbaren TV-Verfilmungen wie dem Adlon (mit Rodica Doehnert ist auch die selbe Drehbuchautorin am Werk gewesen) vermischen sich in „Das Sacher“ historische Fakten mit Fiktion: Die anderen Hauptfiguren sind ein (fiktives) deutsches Verlegerpaar (dargestellt von Julia Koschitz und Florian Stetter) und die österreichischen Adeligen von Traunstein (Josefine Preuß und Laurence Rupp), die im Sacher immer wieder zusammentreffen. Francesca Habsburg ist in einer kleinen Rolle zu sehen. Wie es zum Engagement kam? „Weil ich einen verarmten Regisseur auf meiner Couch schlafen lasse“, erzählt sie lachend. Robert Palfrader gibt, mit Schnauzbart, den Portier. Tatsächlich ist Palfraders Familie eng mit dem Sacher verbunden – sein Onkel hat 35 Jahre im Hotel gearbeitet, zuletzt als Direktor. Da kennt er das Hotel wohl gut? „Nein“, sagt Palfrader, „ich war früher nie hier.“

Es wird, sagt Produzent Oliver Berben, „ein Potpourri an Geschichten“ vor dem historischen Hintergrund und den (realen) politischen Gegebenheiten, die schließlich zum Ersten Weltkrieg geführt haben. Neben dem ORF ist auch das ZDF mit an Bord, weil wie Berben sagt, das österreichische „Nationalheiligtum Sacher“ auch in Deutschland eine große Marke sei. Um den echten Hotelbetrieb nicht zu sehr aufzuhalten, wurden die stark frequentierten Hotelbereiche wie die Empfangshalle in einer Halle in Wien Liesing nachgebaut. „In kleinerer Form“, sagt der österreichische Produzent Oliver Auspitz. „In größerer Form“, korrigiert der Deutsche Berben. Jedenfalls, versichern die Darsteller brav, sehr, sehr authentisch. Das Sacher gibt es in Wien also derzeit gleich zwei Mal.

AUF EINEN BLICK

„Das Sacher“, eine Kooperation von ORF und ZDF, wird derzeit in Wien und Niederösterreich gedreht. Regie bei dem TV-Zweiteiler (à 100 Minuten) führt Robert Dornhelm. Ursula Strauss spielt Hoteldirektorin Anna Sacher, Robert Palfrader den Portier. In weiteren Rollen sind Josefine Preuß, Laurence Rupp, Julia Koschitz, Florian Stetter und Peter Simonischek zu sehen. Die Verfilmung ist voraussichtlich zum Jahreswechsel 2016/17 im ORF zu sehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2016)

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