Seth Rogen: "Komödien müssen alles bieten"

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Schauspieler und Drehbuchautor Seth Rogen spricht über seinen neuen Film "Bad Neighbors 2" und erzählt, warum er keine Bösewichte in Komödien mag.

Die Fortsetzung der Komödie „Bad Neighbors“ aus dem Jahr 2014 treibt das Thema Nachbarschaftsstreit endgültig auf die Spitze und lässt erneut ein junges Elternpaar an feierwütigen Studenten verzweifeln.

Regisseur Nicholas Stoller, der mit „Nie wieder Sex mit der Ex“, „Fast verheiratet“ und „Männertrip“ schon ähnlich brachiale Komödien verantwortete, zieht auch hier alle Register. Der Humor ist derb, der Schnitt vom Tempo eines Videoclips, der Plot erwartbar. Die Dialoge sind zum größten Teil komisch, der Zeitgeist rund um Smartphones, soziale Netzwerke und Dauergechatte gut eingefangen. Die Klischees rund um feiernde junge Amerikaner werden komplett durchpersifliert, das ewige Thema Political Correctness ad absurdum geführt.

Zac Efron, Teenieschwarm von Jungs und Mädchen gleichermaßen, spielt schön mit dem Image des Hot Guy und schreckt nicht davor zurück, seinen für den „Baywatch“-Film gestählten Astralkörper mit Hähnchenfett einzureiben. Großartig: Seth Rogen, der mit Bierbauch danebensteht und sich den Sixpack nur mit Filzstift aufmalen kann. Rogen im Interview.

Im Vergleich zum ersten Teil werden in „Bad Neighbors 2“ viel mehr ernste Themen wie etwa der Generationenkonflikt, Probleme von jungen Eltern, Sexismus, Rassismus und Wirtschaftskrise behandelt. Dennoch funktioniert der Film als Komödie noch besser als der Vorgänger. War das Zufall oder Absicht?

Seth Rogen: Tatsächlich wollten wir genau das erreichen, und ich glaube, dass uns das auch gelungen ist. Als der Entschluss fiel, eine Fortsetzung zu machen, war unser Anspruch nicht, einen größeren oder witzigeren Film zu drehen, sondern einen intelligenteren. Wir haben uns stärker auf die Themen und Botschaften des Films konzentriert, wollten ein richtig gutes, smartes Drehbuch schreiben. Und dabei dennoch die Regeln der Komödie nicht außer Acht gelassen.

Interessanterweise gibt es diesmal keine wirklichen Bösewichte. Irgendwie haben alle Charaktere recht, und man fiebert mit ihnen mit. Wo bleiben da die Reibung und die Konflikte?

Na ja, zwischen den Charakteren gibt es schon Konflikte. Aber es stimmt, auf Bösewichte haben wir diesmal verzichtet. Denn in Komödien mag ich keine Bösewichte. Sympathische Charaktere mit nachvollziehbaren Entscheidungen sind doch viel spannender als durch und durch schlechte Menschen. Nicht nur in Komödien.

Was Nacktheit und derben Humor angeht, schöpfen Sie erneut aus dem Vollen. Sie selbst bekommen benutzte Tampons Ihrer durchgeknallten Nachbarinnen ebenso ab wie das Erbrochene Ihrer Frau während des Sex. Zac Efron zieht einmal sogar komplett blank. Musste das denn sein?

Ich finde schon, weil alle diese Szenen inhaltlich begründet sind. In vielen Komödien hat man das Gefühl, dass nackte Menschen komplett fehl am Platz sind, einfach nur Selbstzweck. Ich habe kein Problem mit solchen Filmen, aber in diesem wäre das unpassend. Daher haben wir wirklich darauf geachtet, jedes Mal einen guten, plausiblen Grund zu haben, wenn sich jemand auszieht.


In einer Szene stehen Sie und Zac Efron halb nackt nebeneinander – er mit seinem makellosen Körper und Sie, na ja, mit Ihrem. War das schwer zu ertragen?

Nicht im Geringsten. Ich sehe doch, wie viel Zeit und Arbeit Zac in seinen Körper steckt. Ich hingegen liebe es zu essen, sitze gern auf der Couch und sehe fern – Dinge, die für Zac nicht infrage kommen (lacht).


Sie hatten zuletzt eine viel beachtete Nebenrolle in dem Drama „Jobs“ über den Apple-Gründer Steve Jobs. Würden Sie künftig gern mehr ernste Rollen spielen?

Ja, wenn man mich lässt (lacht). Wobei die Unterschiede zwischen einer lustigen und einer ernsten Rolle gar nicht so groß sind. Es ist immer noch derselbe Job. Zacs Performance beispielsweise ist in diesem Film einfach unglaublich. Nur wird das niemand wirklich registrieren, weil es eine Komödie ist und er seine Eier raushängen lässt. Dabei ist eine gute schauspielerische Leistung in Komödien extrem wichtig, sonst würden sie nicht funktionieren.


Viele Schauspieler betrachten Komödien sogar als die Königsdisziplin ihres Berufs.

Das sehe ich auch so (lacht). Aber nicht nur aus dem Blickwinkel eines Schauspielers. Eine Komödie muss alles bieten, was auch ein Drama bietet, plus den Humor. Du versprichst dem Publikum witzige Unterhaltung und musst dieses Versprechen um jeden Preis halten. Mein guter Freund Adam McKay, der „The Big Short“ gemacht hat, meinte zuletzt, dass er sich beim Erzählen einer Geschichte viel leichter tut, wenn er nicht auch noch Humor unterbringen muss.


Was die Obszönitäten angeht: Wie viel von den Dialogen bekommen eigentlich die Kinder im Film mit?

Die ganz schlimmen Wörter hören sie nicht. Diese Szenen drehen wir separat und schneiden sie dann zusammen. Manches bekommen sie schon mit – wie im wirklichen Leben auch. Aber es hat super funktioniert. Ihre Eltern waren ständig anwesend, und wir haben selbstverständlich nichts gegen ihren oder den Willen der Kinder getan. Das würden die Zuschauer sofort merken. An Tagen, an denen wir gemerkt haben, dass die Kinder nicht gut drauf sind, haben wir ihre Szenen einfach gestrichen und ohne sie gedreht. Du kannst keine Komödie mit schlecht gelaunten Kindern machen.


Sie haben mit „The Interview“ über den nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un für viel Aufsehen gesorgt, bis hin zu politischen Verstimmungen. Würden Sie so einen Film noch einmal drehen?

Sag niemals nie, aber ich würde definitiv zweimal darüber nachdenken (lacht). Einerseits war der Film das perfekte Beispiel für die Macht von Kunst im Allgemeinen und Filmen im Speziellen – denn niemand konnte ihn ignorieren, ob er die Idee mochte oder nicht. Andererseits war es für mich ernüchternd zu sehen, dass der Film nicht ins Kino kam. Schließlich macht man Filme, damit sie ins Kino kommen und von Menschen gesehen werden. Rückblickend war es also ein zweischneidiges Schwert – mit sehr positiven und sehr negativen Eindrücken.


Mussten Sie in dieser Zeit eigentlich beschützt werden? Sie und Ihr Team wurden ja auch massiv bedroht.

Ja, Sony hat uns tatsächlich einige Wochen lang Leibwächter zur Verfügung gestellt. Bis sie eines Tages einfach verschwunden sind. Ohne Ankündigung, ohne Abschied. Was schon ein bisschen merkwürdig war. Ich habe sofort die anderen angerufen. Sie waren genauso aufgeregt wie ich, weil ihre Sicherheitsleute auch nicht mehr da waren. Das hat uns ziemlich irritiert. Zunächst wollten wir keine Security, als sie dann weg waren, hatten wir plötzlich Angst (lacht).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2016)

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