Ateliertheater: Neue Kunst im alten Kino

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mit Aleksandra Andrejewna hat das Kleintheater wieder eine neue Betreiberin – sie plant nun eine junge Avantgarde-Bühne Berliner Art.

Das Ateliertheater in der Wiener Burggasse ist einer jener Orte der Stadt, an denen man hundertmal vorbeigehen kann, ohne zu ahnen, was sich hinter der schlichten Fünfzigerjahre-Fassade verbirgt. Drinnen eine Bar mit Zwanzigerjahre-Flair, ein alter Kinosaal mit Sofas und originalen Kinosesseln aus den Fünfzigerjahren.

So gehe es, sagt Neo-Betreiberin, Aleksandra Andrejewna, vielen: dass sie erst einmal Staunen über das versteckte Kleinod. Sie hat das Ateliertheater vor Kurzem übernommen und will es nun wieder für junge Kunst öffnen: mit Performances, Ausstellungen und Vorträgen. Demnächst zum Beispiel mit der Show „Salon Kitty Revue – Die Vegas Show!“ (Samstag, 21. Mai) und der Ausstellung „The Anatomy of Melancholy“ (ab 23. Mai).

Und sie eröffnet damit ein neues Kapitel in der langen Geschichte des Theaters, das lang als eine der Avantgardebühnen Wiens galt: Bei diesem Namen denken in Wien schließlich viele an das alte Theater am Naschmarkt, das dort 1932 unter dem Namen Literatur am Naschmarkt eröffnet und später als Kaleidoskop geführt wurde. In den fast 40 Jahren unter der Direktion von Peter Janisch wurden dort unter anderem Stücke von Franz Xaver Kroetz und Wolfgang Bauer gespielt, auch Schauspielgrößen wie Elisabeth Orth standen auf der Bühne, bis das Theater am Naschmarkt 1997 in eine Tiefgarage weichen musste, in der Lerchenfelder Straße einen Übergangsraum fand und 1999 schließlich an der heutigen Adresse, Burggasse 71, im früheren Starkino, eine neue Bleibe fand. 2010 wurde das Haus generalsaniert, damals wurde auch das alte Portal des Ateliertheaters aus den 1950er-Jahren originalgetreu nachgebaut. Vor vier Jahren, als der langjährige Leiter Manfred Tscherne in Pension ging, stand das Ateliertheater vor dem Aus.

Bis 2013 Schauspielerin und Regisseurin Nina C. Gabriel und Künstler Ludwig Drahosch übernahmen und das Haus als Ateliertheater reloaded wiedereröffneten. Die beiden, die einen Fokus auf Sprechtheater hatten, hätten sich aber wieder mehr ihren Filmprojekten zuwenden wollen, sagt Andrejewna. Als sie voriges Jahr erfahren hat, dass ein neuer Pächter gesucht wird, ist es dann schnell gegangen: Zum Jahreswechsel erhielt sie den Zuschlag – mit Hamid Ajoudan-Garekani, der die Geschäftsführung übernahm. Dieser habe „viel Erfahrung, kleine, spezielle und wenig rentable Orte“ erfolgreich zu betreiben, wie Andrejewna sagt: Immerhin führt seine Cafe Corny KG in Wien Lokale wie das Bukowski, das Einhorn und das Kreisky.

Im März wurde das Ateliertheater also neu eröffnet. Wohin es nun geht? „Das ist alles am Werden“, es soll ein „schönes Ganzes“ mit Performances, Sprechtheater, Ausstellungen und Konzerten entstehen, sagt Andrejewna, die über ihre Arbeit als Grafikerin und Bühnenbildnerin zum Theater gekommen ist. Seit der Neueröffnung hat dort nun unter anderem Stefanie Sargnagel gelesen, Sir Tralala gespielt und Künstler Tomak eine Ausgabe der Kunstzeitschrift „Antist“ präsentiert.
Es soll „mehr als Theater“ sein, in welche Richtung es geht, soll mit dem Spielplan zur Wintersaison dann konkreter feststehen. „Ich bin immer am Tüfteln, wie wir das noch besser und interessanter machen können.“

Ort, an dem man sich trauen kann

Klar ist, Andrejewna will zu den Anfängen als Avantgarde-Bühne zurück: „Der Name Atelier zeigt: Das soll ein Ort sein, an dem man sich etwas trauen kann, an dem es auch einmal roh und wild zugeht.“ Wie das funktionieren kann, habe sie sich etwa in der Berliner Theaterszene angeschaut.

Die Orientierung an der deutschen Hauptstadtszene zeige auch das „sehr Berlin-trächtige“ neue Logo, mit dem das Ateliertheater nun wirbt. Ebenso an der alten Fassade – schließlich plant sie einen Sieben-Tage-Betrieb, muss sich das kleine Theater doch weitgehend ohne Subventionen selbst erhalten.

Zur Person

Aleksandra Andrejewna ist bildende Künstlerin und Grafikerin. Vor wenigen Monaten hat sie das Ateliertheater in der Wiener Burggasse übernommen. Sie will das alte Kleintheater nun zu ihrem Ursprung als Avantgardebühne zurückführen: Mit Performances, Ausstellungen und Vorträgen. Es soll, sagt sie, eine „Berlin-trächtige“ Bühne werden, in der es „roh“ zugehe, „auf der man sich etwas traut.“

http://ateliertheater.net

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2016)

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