Andreas Kurzmann und Christian Pennerstorfer trainieren Menschen mit Beeinträchtigungen. Erstmals bieten sie auch Fußballcamps an.
Behinderungen, Beeinträchtigungen, diese Begriffe gefallen Andreas Kurzmann gar nicht. „Man wird viel zu oft danach bewertet, was man nicht oder nur schlecht kann“, sagt er, „und viel zu wenig nach seinen Stärken.“
Kurzmann weiß, wovon er spricht: In seiner Freizeit widmet sich der Grafiker gemeinsam mit Christian Pennerstorfer, im Hauptberuf Beamter, Menschen mit „special talents“: Die beiden trainieren seit vergangenem Herbst Menschen, die körperlich, intellektuell oder emotional beeinträchtigt sind, im Fußball. Das Besondere an der Special-Needs-Mannschaft des SKN St. Pölten: Im Team spielen Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen, Männer wie Frauen – immerhin drei der rund zwölf Teilnehmer sind weiblich, der Jüngste im Team ist 17, der Älteste 42 Jahre alt. „Wir haben eine sehr schöne Trainingsdisziplin“, sagt Kurzmann, zum wöchentlichen Training kommen fast immer alle.
Anfang Juli fährt das Team zu einem Turnier nach Düsseldorf, wo es auf die Special-Needs-Mannschaften etwa von Hansa Rostock, Werder Bremen oder dem FC Chelsea treffen wird. Denn während es in Österreich noch nicht viele Fußballmannschaften für behinderte Menschen gibt (Rapid und die Austria sind etwa aktiv), ist das international anders. In England, erzählt Kurzmann, müssen Erstligaklubs sogar verpflichtend eine eigene Special-Needs-Mannschaft trainieren.
Weil das regelmäßige Training so gut läuft und den Teilnehmern sichtlich guttut (Kurzmann: „Sie reden von nichts anderem mehr“), weiten Kurzmann und Pennerstorfer ihr Angebot in diesem Sommer aus: Unter dem schönen Motto „Ausnahmetalent“ bieten sie in Niederösterreich in den Ferien einwöchige Fußballcamps für Menschen mit Beeinträchtigungen an. Altersbeschränkung gibt es auch hier nicht, die Jugendlichen und Erwachsenen werden tagsüber betreut und am Nachmittag wieder abgeholt. Dabei wird aber nicht den ganzen Tag nur Fußball gespielt, es wird von Kino bis Bootsfahren auch andere Aktivitäten geben. Die ersten beiden Camps sind bereits ausgebucht.
Organisatorisch ist so ein Special-Needs-Fußballcamp eine große Herausforderung. Man braucht den Goodwill der Gemeinden („Wir versuchen aber, keine gebückte Haltung einzunehmen“), die einen Fußballplatz und zudem eine Halle für Schlechtwettertage bereitstellen. Auch sonst ist die Organisation aufwendiger als bei einem herkömmlichen Fußballcamp: Viele Teilnehmer haben einen Sachwalter und eine betreute Wohnsituation – ohne eine Zustimmung des Sachwalters und der Heimleitung ist eine Teilnahme also nicht möglich.
Insgesamt geht es den beiden Trainern – die im Österreichischen Behindertensportverband einschlägig ausgebildet wurden – darum, mit ihrem Angebot „Mitgefühl statt Mitleid“ zu wecken. Oder, es klingt einfach und ist doch nicht selbstverständlich, schlicht Normalität. Nach den Trainingseinheiten „essen wir genauso unsere Wurstsemmel in der Kantine und trinken Limonade“.
Auch wenn das Training natürlich etwas anders abläuft: „Man muss viel improvisieren, bekommt sehr direktes Feedback.“ Der Leistungsgedanke sei weniger ausgeprägt, „gewinnen wollen sie aber natürlich alle“. Und was ist etwa eines der Special Talents des Teams? „Sie können“, sagt Kurzmann, „sich viel besser freuen.“
AUF EINEN BLICK
Christian Pennerstorfer und Andreas Kurzmann trainieren seit vergangenem Herbst die Special-Needs-Mannschaft des SKN St. Pölten. In den Sommerferien bieten sie auch erstmals Fußballcamps für Menschen mit Beeinträchtigungen an (ohne Altersbeschränkung), für das Camp in Traiskirchen (29. 8. bis 2. 9.) gibt es noch freie Plätze. www.ausnahmetalent.at
Ausnahmetalent Kick Off Freitag, in der Kunstwerktstatt Tulln, Albrechtsgasse 18 (ab 19.30 Uhr) bei freiem Eintritt, ab 21 Uhr tritt Louie Austen auf.
(Print-Ausgabe, 27.05.2016)