Lucas Gregorowicz: Vorstadtweiber-Held und Schrotthändler

Hauptrolle als Schrotthändler wider Willen: Lucas Gregorowicz.
Hauptrolle als Schrotthändler wider Willen: Lucas Gregorowicz. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Schauspieler hat der (Burg-)Theaterbühne vorläufig abgeschworen und konzentriert sich auf Fernseh- und Kinoprojekte.

Er ist, findet er selbst auch, der allerfieseste unter vielen, vielen fiesen Charakteren, die in den „Vorstadtweibern“ lügen, Intrigen spinnen und falsche Spiele spielen. Die Rolle des Berti Selig in den „Vorstadtweibern“ – das Finale der zweiten Staffel lief gestern im ORF – hat den polnisch-deutschen Schauspieler Lucas Gregorowicz einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht. War er früher vor allem dem (Wiener) Theaterpublikum ein Begriff, findet man heute, wenn man seinen Namen im Internet sucht, zuerst Berichte, die sich etwa an der Tatsache erfreuen, dass Gregorowicz in der Serie mit seiner Frau, Schauspielkollegin Adina Vetter, vor der Kamera Sexszenen gespielt hat. Trotzdem spricht Gregorowicz, Jahrgang 1976, von einer „angenehmen Aufmerksamkeit. Ich mache kein Geheimnis aus meinem Privatleben, lade aber auch niemanden zu mir nach Hause ein“, erzählt er bei einem Kaffee im Café Eiles, wo er eine Reihe an Interviews absolviert.

Gilt es doch, seinen neuen Kinofilm „Schrotten“ zu bewerben, eine deutsche Komödie über eine (zwielichtige) Schrotthändlerfamilie. Ein ungewöhnliches Milieu, dem Gregorowicz' Figur, Protagonist Mirko Talhammer, vor einigen Jahren entflohen ist. Als Versicherungsvertreter arbeitet Mirko eher schlecht als recht im grauen Anzug in einer grauen Anzugträgerwelt, in der ihn unerwartet die Vergangenheit einholt, als sein Vater stirbt und er sich mit seinem Bruder Letscho (dargestellt von Frederick Lau) um den Familienbetrieb, einen Schrottplatz, kümmern muss.

Ein ungewöhnliches, wenig romantisches Setting für einen Film, oder? Durchaus, findet auch Gregorowicz. „Schrotthändlder sind aus der Wahrnehmung verschwunden, es gibt längst keine klingelnden Händler mit Pritschenwagen mehr. Trotzdem gibt es immer noch in ganz Europa Schrottplätze.“ Um sich auf die Rolle vorzubereiten, tauchte er mit Filmpartner Lau in die Welt der Schrotthändler ein. „Der Schrottmogul von Niedersachsen hat uns unter seine Fittiche genommen“, erinnert sich Gregorowicz, „wir konnten Schrottplätze besuchen und mit den Jungs mitfahren.“ Das sei „eine eigene Welt mit eigenem Ethos und eigener Moral“. Gedreht wurde der Film, der eben in den Kinos angelaufen ist, im Cinemascope-Format, den Film auf der großen Kinoleinwand zu sehen sei daher „ein Erlebnis, wie man es von alten Westernfilmen kennt“. Gregorowicz hofft, no na, auf viele Zuseher. Und dass sich auch jene, die ihn aus dem TV kennen, in einer völlig anderen Rolle („Gemeinsam ist beiden Rollen höchstens der seltsame Charme, mit dem die Figuren die Leute rumkriegen“) sehen möchten.

Sofern sie ihn nicht ohnehin schon von anderswo kennen. Während Gregorowicz hierzulande vor allem dank der „Vorstadtweiber“ bekannt geworden ist, hat ihn in Deutschland sein Einstieg in die Krimireihe „Polizeiruf 110“ im vergangenen Herbst bekannt gemacht. Vergleichbar mit dem „Tatort“ (aber in Österreich weit von dessen Kultstatus entfernt), gibt es auch beim „Polizeiruf“, einem alten DDR-Fernsehformat, Polizeiteams in verschiedenen Städten. Gregorowicz ist Teil des ersten deutsch-polnischen Ermittlerduos (an der Seite von Maria Simon) in Brandenburg, die Fälle werden nicht nur in der ARD, sondern auch im polnischen TV gezeigt. Ein Hauptabendkrimi hat „natürlich eine andere Präsenz, das ist auch ein ganz anderes Publikum als das der ,Vorstadtweiber‘ oder von ,Schrotten‘“, sagt Gregorowicz. Obwohl er nun also selbst einen Ermittler spielt, hat sich eines nicht geändert: „Krimis sehe ich nach wie vor nicht“, sagt er, „auch nicht die eigenen.“

Von der Bühne hat er sich – vorerst – verabschiedet, „das kann sich aber jederzeit ändert. Jetzt gerade liegen die Aufgaben eher vor der Kamera.“ Wird er das Burgtheater, an dem er bis zum Vorjahr engagiert war, vermissen? Nein, meint er. „Ich hatte eine gute Zeit hier, weiß aber auch, dass es genug ist.“ An der Burg, findet er, „geht es einem gut, die Leute lieben die Schauspieler, man hat viel zu tun, aber nicht so viel wie an anderen Theatern. Da besteht, bei mir zumindest, die Gefahr, dass man es sich so ein bisschen einrichtet. Das ist für mich aber noch zu früh.“

Zur Person

Lucas Gregorowicz, 1976 in London als Kind polnischer Eltern geboren, wuchs in Polen auf. Als er zehn war, zog die Familie ins deutsche Bochum. Nach Engagements u. a. in Bochum und Köln war Gregorowicz bis 2015 am Burgtheater engagiert. Im Kino war er u. a. 2000 in „Lammbock“ zu sehen (Teil 2 wird demnächst gedreht). Er spielt in der ORF-Serie „Vorstadtweiber“ mit und ist der neue Kommissar im Brandenburger „Polizeiruf 110“-Team. Soeben ist „Schrotten“ in den Kinos angelaufen, in dem er die Hauptrolle spielt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2016)

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