Ein Leben als Opus magnum

Susanne Widl
Susanne WidlJürgen Hammerschmid
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Cafetière, Model, Künstlerin und Muse Susanne Widl hat ihr "Leben im Spiegel der Medien" in einen Bildband gegossen: ein Wiener Coffeetable-Book.

Das Café Korb, sagt Susanne Widl, habe sie ja schon als Kind irgendwann haben wollen. Dass ihr Bruder, dem es zustand, heute nicht mehr lebt – damit, versichert sie, habe sie aber nichts zu tun. Seit 15 Jahren, seit dem Tod ihrer Mutter mit 87, führt sie nun das Künstlercafé.

Dazwischen liegen Jahrzehnte als „Model, Mimin, Muse“, wie Widl ihre Professionen selbst definiert. Die Sechziger, Siebziger, Achtziger – nach Dekaden unterteilt, lagerten die Zeugnisse ihres Lebens lang ungeordnet in einem hohen Schrank ihrer Innenstadtwohnung. Eineinhalb Jahre hat Widl nun Fotos, Texte, Medienberichte ausgesucht, das Ergebnis zwischen zwei stattlichen Buchdeckeln arrangiert.

Es handle sich dabei, schreibt sie gleich vornweg, ausdrücklich um keine Autobiografie. Vielmehr um ihr „Leben im Spiegel der Medien“, die sie schon früh im Fokus hatten. Als Model – selbstbewusst auf Werbefotos, die heute ungewohnt wirken, weil das Auge den Photoshop vermisst. Als Statistin, in ersten Sprechrollen, „als BDM-Mädchen, Sekretärin“, auf Kunstfotos und in Performances. Als Freundin und Muse, man liest über „Columbo und die Susi aus Wien“ – in den Storys firmiert sie als Malerin, die Peter Falk Egon Schiele näher bringt... Oder: Widl mit Helmut Berger bei der Eröffnung des Studio 54 (jenes in der Lerchenfelder Straße, wiewohl sie aus dem grauen Wien tatsächlich nach New York geflohen war). Widl in Kreuzworträtselheften, beim Adabei, kürzlich auf dem Cover des jungen „Faux Fox“-Magazins: Bilder als Geschichte der Medien und der Mode, der Kunst und der Emanzipation.

Früh tauchen dabei die stark geschminkten Augen auf, die straff zurückgekämmten schwarzen Haare, der rote Mund: „Mein Gesicht ist meine Leinwand“, wird Widl zitiert. Früh auch das Spiel mit Geschlechterrollen, wenn Scham- zu Barthaar wird, der Frack das Kleid ersetzt. Und natürlich die Künstler, Peter Weibel, Valie Export. Auf einem Foto zündet Weibel an ihrem Hals ein Streichholz an. Künstler Filius de Lacroix hat es in Papier nachgebildet: Denn auch das ist Susanne Widl: eine, die Generationen verbindet.

Auch rückblickend steht sie dabei zu einem „ihrer“ Sätze: „Die Zukunft kann man leicht voraussagen, indem man sie selbst macht.“ Dabei hatte sie zunächst, dem Wunsch ihres sterbenden Vaters folgend, als „höhere Tochter“ die „Knödelakademie“ besucht. Aber noch in der Schule freundete sie sich mit Künstlern wie Christian Ludwig Attersee und Konrad Bayer an, zog mit ihnen nachts heimlich um die Häuser. „Für mich war immer klar: Die Kunstszene ist meine Welt.“

Präsentation im Kunsthistorischen

Über die Art Lounge des Café Korb und Gerald Matt kam auch der Kontakt zum Verlag für Moderne Kunst zustande, der nun für ihr Buch verantwortlich zeichnet. Wobei, vieles hat sich Widl selbst in den Kopf gesetzt: das schwarze Leinen, die silberne Schrift, das Coverbild, das auf jedes Exemplar extra aufgeklebt worden ist. Das Foto entstand 2014, Widl feierte am gleichen Tag das Goldene Ehrenzeichen des Landes Wien und 110 Jahre Korb. In den eigens geschneiderten Kleidern (Thomas Kirchgrabner, Wendy & Jim) ließ sie sich aus Erinnerungsgründen im Kunsthistorischen Museum fotografieren. Naheliegend, dass heute Abend nun das Buch dort präsentiert wird.

Einen eleganten, „keusch geschnittenen“ Kaftan will sie diesmal tragen, Sonja Kato-Mailath-Pokorny soll moderieren: im Frack, als Hommage an Widls Besuch auf dem Opernball. Sabine Haag und Peter Weibel sprechen – und Maria Happel wird die Dankesrede halten. „Das“, sagt Widl, „leiste ich mir: dass ich an diesem Tag nicht selbst reden muss.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2016)

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