Zwischen Ich, Es und Bühnen-Ich: Stefan Lasko kennt seinen Schmerz

 Stefan Lasko
Stefan Lasko(c) Richard Dergovics
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Der Musiker und Schauspieler Stefan Lasko legt eine moralisch überforderte Gesellschaft auf die Couch.

"Es ist ein wüster Garten, der auf in Samen schießt; verworfnes Unkraut erfüllt ihn gänzlich." Das ist nicht von Stefan Lasko, dafür aus „Hamlet“, und irgendwie haben es beide nicht so leicht. Bei Lasko fließt verhältnismäßig wenig; kein Blut, stattdessen Schweiß und Jägermeister in seinem Neurosen-Garten des Unbewussten. Der Schauspieler, vielleicht noch bekannt als Gitarrist neben Manuel Rubey in der Band Mondscheiner, hat ein Programm über Sigmund Freud geschrieben, das sich schwer einordnen lässt. Theatrales Kabarett mit ernster Popmusik kommt hin.

Es ist seine Psychoanalyse einer Gesellschaft, die mehr nach innen schaut, als nach vorn. „Man oszilliert zwischen der totalen Selbstinszenierung und der totalen Selbstachtung. Alles, was man tut, und wenn es einfach nur essen ist, ist wichtig geworden, um moralisch gefestigt zu sein in einer Welt, die keine Anhaltspunkte mehr gibt“, sagt er. Alle suchen sich, keiner findet sich. Lasko sucht die Leichtigkeit. „Es ist nämlich ein bisschen wurscht, ob ich es für alle gut mache, aber mein Anspruch ist es, ein aufrichtiger und empathischer Mensch zu sein, und es ist wurscht, ob das nun jemand gut oder schlecht findet.“ Ob es jemand liked.

Vielleicht sind wir narzisstischer geworden, weil es nichts mehr zu jagen gibt. Der nebenberufliche Vollzeitvater beobachtet das mitunter auch an seinen beiden Kindern. „Sie leben in einer Welt, in der es um unmittelbare Befriedigung geht, es gibt keinen Aufschub mehr für ein Bedürfnis.“ Lasko zieht hier auch eine Parallele zur Psychotherapie: „Es gibt die Möglichkeit, wenn es dir schlecht geht, entweder Medikamente zu nehmen, oder eine Therapie zu machen, und dann gehst du den langen, vielleicht schmerzhaften Weg – und du musst ihn wollen. Zweimal hingehen wird nicht reichen.“ Das Thema liegt ihm nah, weil er es geheiratet hat. Seine Frau ist Psychiaterin auf dem Weg zur Psychoanalytikerin. Mit dem Programm „Ein Freudianer kennt seinen Schmerz“ wollte Lasko aber nicht bloß die Welt auf die Couch legen, er wollte sich auch selbst etwas beweisen. Nachdem er sein eigenes Bandprojekt (Lasko) nicht nach jeder neuen balinesischen Selbstsuche eines Musikers wieder neu aufrollen wollte, versuchte er es zur Abwechslung allein auf der Bühne des Niedermair, wo er zuvor schon Märchen für Kinder (auch für seine eigenen) erzählt hat. In dem Stück macht er sich im Gedankenspiel um den Zeitgeist selbst zur Projektionsfläche. „Dafür muss man sehr aufmachen, das ist gar nicht so leicht.“

Allein ist man weniger zusammen

Aus der Angst heraus, unter diesem Experiment zu kollabieren, ließ er Tobias M. Draeger, einen Münchner Tänzer, Regie führen. Der hat ihm auch gezeigt, dass er sich, wenn er allein auf der Bühne steht, ein bisschen mehr Platz nehmen darf, als er es gewohnt ist. Dass er den Rat angenommen hat, erkennt man an seiner teilweise wilden Performance. Zweifel blieben ihm dennoch, vor allem in der Frage, ob andere sein Stück auch lustig finden würden. Immerhin der Kanon der Premierengäste war ein deutliches Ja.

Wer sich zu viele Gedanken über sich selbst macht, läuft Gefahr zu zerbröseln. So hätte es 2010 auch mit Mondscheiner zu Ende gehen können, wären Rubey und Lasko nicht eingeschritten. Nach Laskos zweitem Kind war Schluss mit der Band. „Manuel hat nebenbei den Film forciert, weil er da immer hinwollte. Dabei haben wir sukzessive gemerkt, dass wir nicht mehr an einem Strang ziehen, deshalb wollten wir es beenden“, bevor es unschön wird. „Das war schon eine schwierige Zeit. Mondscheiner war mein Baby, und ohne Manuel weiterzumachen hat für mich überhaupt nicht gestimmt. Er war meine künstlerische Bezugsperson.“ Wohl auch eine emotionale, die beiden kennen sich seit der Schauspielschule, haben entweder hinter der gleichen oder Tür an Tür gewohnt, Rubeys Tochter kam sogar am errechneten Geburtsdatum von Laskos schnellerer Emilia zur Welt. Bei seinem ersten Solo durfte Rubey allerdings nicht mitmischen, „er hat es erst bei der Premiere gesehen, weil ich mich leicht verunsichern lasse“. Ist gar nicht nötig.

ZUR PERSON

Stefan Laczkovics. Der Schauspieler und Musiker wurde 1978 in Wien geboren und wuchs in Bochum im deutschen Ruhrgebiet auf. Weil es einige Möglichkeiten gibt, seinen Namen falsch zu schreiben, nennt er sich kurz Lasko. Seine Arbeit fand bisher als Schauspieler auf den Bühnen von TAG, Josefstadt, Akzent, Niedermair und Phönix in Linz statt. Zusammen mit Manuel Rubey gründete er die mittlerweile ruhende Band Mondscheiner. Sein eigenes Soloprogramm „Ein Freudianer kennt seinen Schmerz“ spielt er ab Herbst wieder in Wien. www.stefanlasko.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2016)

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