Gina-Lisa, die Symbolfigur für "Nein heißt Nein"

Vor Gericht: Mit Plakaten und Transparenten wird Gina-Lisa Lohfink unterstützt – und werden Botschaften gegen sexuelle Gewalt transportiert.
Vor Gericht: Mit Plakaten und Transparenten wird Gina-Lisa Lohfink unterstützt – und werden Botschaften gegen sexuelle Gewalt transportiert. (c) REUTERS (HANNIBAL HANSCHKE)
  • Drucken

Trash-Girl Gina-Lisa Lohfink steht vor Gericht – ihr wird vorgeworfen, eine Vergewaltigung erfunden zu haben. Für die Verfechter eines härteren Sexualstrafrechts wurde sie zur Galionsfigur.

Berlin. Es geht längst um mehr als um Gina-Lisa Lohfink. Das Model ist zu einer Symbolfigur geworden. Da sind die einen, die sie am Montag vor dem Gericht in Berlin-Tiergarten begrüßen – „Team Gina Lisa“ oder „No means no“ steht auf ihren Transparenten. Ihr Anliegen ist der Kampf gegen sexuelle Gewalt, ist Unterstützung für Frauen. Und da sind die anderen, die in ihr ein Starlet sehen, das mit allen Mitteln um Aufmerksamkeit kämpft. Sie agieren vor allem aus dem geschützten Raum des Internets heraus, in dem sie sich auch hinter Pseudonymen verstecken können.

Der eigentliche Fall, der am Montag verhandelt wird, ist so etwas wie der zweite Akt. Im ersten hat die 29-Jährige zwei Männer vor Gericht gebracht. Sie sei 2012 von ihnen vergewaltigt worden. Grundlage des Prozesses war ein Video, das im Internet aufgetaucht war und auf dem sexuelle Handlungen zwischen den dreien zu sehen sind. Einvernehmlich oder nicht? Lohfink vermutete, dass sie mit K.-o.-Tropfen betäubt worden sei. Tatsächlich verurteilte das Gericht die Männer – allerdings nur, weil sie den Film verkauften. Eine Vergewaltigung sah das Gericht nicht – im Gegenteil, wegen falscher Anschuldigungen sollte das Model 24.000 Euro Strafe zahlen. Sie berief dagegen – neuer Prozess. Spätestens hier war der Punkt, an dem nicht mehr nur der Boulevard Interesse an dem Vorfall hatte. Denn der Fall Lohfink hatte nun auch eine politische Dimension.

„Hör auf“ reicht nicht

„Nein heißt Nein“ lautet die Parole, mit der eine geplante Verschärfung des deutschen Sexualstrafrechts beworben wird. Dass nämlich verbale Ablehnung ausreichen soll, um Männer als Vergewaltiger verurteilen zu können – und nicht erst körperliche Abwehr. Doch selbst das „Nein“ und das „Hör auf“, das im Video zu hören ist, reichte der Richterin nicht. Sie interpretierte das Nein so, dass Lohfink nur nicht beim Sex gefilmt werden wollte.

Doch es ist mehr als nur das, dass ihr nicht geglaubt wurde. Das Opfer, so argumentierten jene, die sich auf Lohfinks Seite stellten, wurde zur Täterin gemacht. Für Frauen, die einen sexuellen Missbrauch anzeigen wollen, eine abschreckende Vorstellung – und womöglich ein Grund, es dann lieber doch nicht zu tun. Allein, in der Öffentlichkeit hat Gina-Lisa Lohfink keinen allzu leichten Stand. Es war nicht das erste derartige Video von ihr, das im Internet auftauchte – schon 2008 war ein solches mit einem Ex-Freund aufgetaucht. Veröffentlicht ohne ihr Einverständnis, wie sie sagt. Und durch ihr Mitwirken bei seichten TV-Shows wie „Germany's next Topmodel“ und freizügigen Fotos in Magazinen hatte sie bald den Ruf des Flittchens. Jene Rolle, die vor allem Klatschmedien dankbar aufnahmen und weiter drehten, wurde ihr zum Nachteil – die macht das doch nur für die Publicity, so der Vorwurf. Lohfink reagiert vor dem Prozess mit Tränen darauf. Sie mache keine Show: „So eine gute Schauspielerin kann man gar nicht sein.“

Als Gegenstück zum „Team Gina Lisa“ entwickelt sich eine Dynamik, die darauf abzielt, Lohfink zu brandmarken, sie zu erniedrigen. Und mit ihr ihre Glaubwürdigkeit. Mit gehässigen Kommentaren in sozialen Medien. Aber auch mit geschmacklosen Aktionen wie einem Werbespot für einen Wurstfabrikanten – wenn Comedian Atze Schröder eine besonders lange Grillwurst in die Kamera hält und sagt: „Danach müssen Gina und Lisa erst mal in die Traumatherapie.“ Immerhin, nach Protesten entschuldigten sich die Firma und das Testimonial.

Noch vor der Sommerpause soll das deutsche Sexualstrafrecht verschärft sein, soll das „Nein heißt Nein“ gelten. Für den aktuellen Fall wird das dann wohl keine Bedeutung mehr haben. Aber das ist rund um den Prozess ohnehin schon klar: Es geht längst um mehr als um Gina-Lisa Lohfink.

AUF EINEN BLICK

Prozess: Gina-Lisa Lohfink (29), ehemalige Teilnehmerin von „Germany's next Topmodel“, wird vorgeworfen, falsche Anschuldigungen gegen zwei Männer wegen einer Vergewaltigung erhoben zu haben. Die beiden fertigten ein Video an, in dem sie bei sexuellen Handlungen mit ihr zu sehen sind. Sie behaupten, das sei einvernehmlich passiert, Lohfink gibt jedoch an, zuvor mit K.-o.-Tropfen betäubt worden zu sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Gina-Lisa Lohfink
Salon

Gina-Lisa Lohfink legt Berufung ein

Das 29-jährige Model wurde kürzlich wegen falscher Verdächtigung in einem Vergewaltigungs-Prozess zu einer Geldstrafe von 20.000 Euro verurteilt.
Alice Schwarzer
Salon

Lohfink: Alice Schwarzer befürchtet weniger Anzeigen

Das Model Gina-Lisa Lohfink war zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil sie zwei Männer laut Urteil zu Unrecht der Vergewaltigung beschuldigt hatte.
Gina-Lisa Lohfink hat laut Gericht zwei Männer zu unrecht der Vergewaltigung beschuldigt.
Salon

Gina-Lisa Lohfink: Gericht glaubt dem Model nicht

Für das Berliner Gericht gibt es keine Anhaltspunkte für eine Vergewaltigung. Das Urteil wurde unter Buhrufen verkündet. Lohfink stürmte aus dem Saal.
Model Gina-Lisa Lohfink
Salon

Zeugin stützt Lohfinks Vergewaltigungsvorwurf

Eine weitere Frau sagte vor Gericht aus, genauso wie das Model Gina-Lisa Lohfink gegen ihren Willen Sex mit dem Nachtclubangestellten Sebastian C. gehabt zu haben.
 Model Gina-Lisa Lohfink
Salon

Prozess gegen Gina-Lisa Lohfink

In dem Prozess geht es um die Frage, ob die ehemalige "Germany's next Topmodel"-Kandidatin zwei Männer - einer davon ist der Fußballer - zu Unrecht der Vergewaltigung beschuldigte.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.