Simonischek: "Wir machen uns jeden Tag zum Affen"

Peter Simonischek
Peter Simonischek(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Maren Ades neue Tragikomödie „Toni Erdmann“ feierte Premiere in Wien. Hauptdarsteller Peter Simonischek kam mit falschem Gebiss, aber ohne Käsereibe.

Mit dem Beziehungsdrama „Alle anderen“ schuf sie vor sieben Jahren ein kleines Meisterwerk und bescherte Schauspielerin Birgit Minichmayr nicht nur den Silbernen Bären bei der Berlinale, sondern verhalf ihr auch zum endgültigen Durchbruch im deutschsprachigen Raum.

Sie und ihr Ko-Star Lars Eidinger lassen bis heute kaum eine öffentliche Gelegenheit aus, um sich bei Maren Ade für ihre Besetzung damals zu bedanken. Nun legt die deutsche Regisseurin, Drehbuchautorin und Produzentin ihren Nachfolgerfilm, „Toni Erdmann“, nach, der am Montagabend seine Österreich-Premiere im Wiener Village Cinema gefeiert hat. Kinostart ist der kommende Freitag.

Während die weibliche Hauptdarstellerin, Sandra Hüller, Star an den Münchner Kammerspielen, wegen Dreharbeiten nicht kommen konnte, reiste der männliche Hauptdarsteller, Peter Simonischek, extra von Proben aus Salzburg (für die Rolle des Prospero in William Shakespeares „Der Sturm“ bei den Festspielen) an, um die in Cannes gefeierte Tragikomödie gemeinsam mit Maren Ade vorzustellen. Sogar sein falsches Gebiss aus dem Film hatte er dabei und sorgte damit für so manchen Lacher im Publikum.

„Überschüttet mit Euphorie“

„Unglaublich“ sei die Erfahrung bei den Filmfestspielen im Mai gewesen, sagte Simonischek beim kurzen Publikumsgespräch im voll besetzten Kinosaal, in dem auch zahlreiche Filmemacher wie etwa Elisabeth Scharang, Umut Dag, Hüseyin Tabak, Erwin Wagenhofer und Daniel Hoesl saßen. „Wir sind da wirklich mit Euphorie und Enthusiasmus überschüttet worden.“ Anders als am Theater, in dem er sich jeden Abend aufs Neue beweisen müsse, habe er den Erfolg auch richtig genießen können. „Wenn man einen Film gemacht hat, kann man sich einmal auch einfach zurücklehnen.“

In der – beinahe dreistündigen – deutsch-österreichischen Koproduktion „Toni Erdmann“ ist der 69-Jährige als Scherzbold Winfried Conradi zu sehen, der zwecks Annäherung an seine Tochter, Ines (Hüller), die überdrehte Kunstfigur Toni Erdmann erfindet – samt wilder Perücke, schiefen Zähnen und Käsereibe im Sakko. Er hat anfangs Zweifel an diesem „kühnen Ding“ gehabt, gestand Simonischek. „Da reibt sich einer Käse über den Kopf – wie soll ich da reinfinden?“

Eine Aktion der Regisseurin aber habe ihn eine wichtige Lektion lernen lassen. Maren Ade holte ihr Schauspielduo am ersten Drehtag nämlich in einer Limousine mit Bademantel, Spaßbrille und Hut vom Bukarester Flughafen ab. „Ich wollte Toni sein“, erzählte Ade – und verriet, dass Simonischek die Geschichte in Interviews stets falsch mit ihr im Bikini erzähle.

Die 39-Jährige sei jedenfalls so nervös gewesen, „dass ich gemerkt habe, was das jemanden kostet, wenn man nicht Schauspieler von Beruf ist“, meinte Simonischek über seinen Zugang an den „mutigen“, verkleideten Winfried. „Als Schauspieler sind wir es gewöhnt, uns jeden Tag für Geld zum Affen zu machen.“

Dass in Cannes, wo „Toni Erdmann“, der schon in mehr als 60 Länder verkauft wurde, die größte (positive) Überraschung im Wettbewerb war und bis zuletzt als ein Favorit auf die Goldene Palme galt, doch so viel und hysterisch gelacht wurde, habe Ade mitunter Sorgen bereitet. „Man hofft eben, dass das Publikum die Kurven mitmacht“, sagte sie in Bezug auf die sich abwechselnden lustigen, traurigen und auch peinlichen Momente. „Aber viele lachen da halt auch ein Unbehagen weg. Entweder man lacht, weil etwas rein lustig ist, oder man lacht, weil man sich befreien muss. Da kann Lachen und Weinen ja auch relativ nah beieinanderliegen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2016)

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