Der Mann hinter den Kulissen

Bühnenbild der Oper 'Faust' von Charles Gounod im Großen Festspielhaus.
Bühnenbild der Oper 'Faust' von Charles Gounod im Großen Festspielhaus.(c) APA/BARBARA GINDL
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Geht nicht, gibt's nicht. Exzellente Handwerker bauen die Entwürfe der Bühnenbildner und Regisseure bei den Salzburger Festspielen. Andreas Zechner ist ihr Chef.

Es war im Jahr 1972 der Festspielskandal schlechthin: Weil er für sein Stück „Der Ignorant und der Wahnsinnige“ in der Schlussszene absolute Dunkelheit vorgeschrieben hatte, duldete Autor Thomas Bernhard auch nicht das zartgrüne Leuchten der Notausganghinweise im Landestheater. Die Vorschriften der Behörde ärgerten ihn so sehr, dass er sich nach der Uraufführung alle weiteren geplanten Vorstellungen verbat.

Der Notlichtskandal erregte die Gemüter. Heuer steht das Stück erstmals wieder auf dem Spielplan der Salzburger Festspiele. Das Problem mit der Dunkelheit wurde gelöst – wie, will Andreas Zechner, Technischer Direktor der Salzburger Festspiele, noch nicht verraten. Die Premiere der Neuinszenierung ist am 14. August. „Ich bin zu den Behörden gegangen, um eine Lösung zu finden“, erzählt er. Auch das gehört zu seinem Job. Schließlich muss jede Produktion von den Behörden abgenommen werden.

Technische Machbarkeit

Die gesetzlichen Auflagen hinsichtlich Sicherheit sind das eine, die technische Machbarkeit von Ideen das andere. Geht nicht, gibt's nicht, lautet das Credo des Direktors, der ein kreatives Team unterschiedlichster Professionen – vom Tischler über Schlosser, Maschinenbauer, Elektriker bis hin zu Malern, Bildhauern, Tapezierern – zur Seite hat. Kein Tag vergeht, an dem Zechner in den Wochen vor den großen Premieren nicht in Proben sitzt oder hinter der Bühne mit Professionisten an noch besseren Lösungen und Details tüftelt – dabei geht es nur noch um die Feinarbeit. Wenn die Bühnenproben für eine Oper beginnen, ist die Hauptarbeit für die Planer und Handwerker meist vorbei. „Wir beginnen schon 14 bis 16 Monate vor der Premiere mit unserer Arbeit“, erzählt Zechner. Der gebürtige Oberösterreicher, der in Linz Maschinenbau und Mechatronik studierte, hat als Technischer Direktor der Salzburger Festspiele seinen Traumjob gefunden.

Die Regisseure oder Bühnenbildner geben für ihre Inszenierung Skizzen ab. Wie lässt sich ein Entwurf umsetzen? Welche Materialien passen? Wie können die Dekorationen später schnell auf- und abgebaut werden? Und nicht zuletzt: Was kostet das Ganze? Auch die Risken eines Bühnenbilds werden analysiert. „Ich kann keinen Sänger oder Schauspieler in neun Metern Höhe ungesichert herumlaufen lassen“, nennt Zechner eines der vielen Details, die zu beachten sind.

Die Bauprobe – ein 1:1-Modell des künftigen Bühnenbilds – ist eine entscheidende Etappe. Dabei zeigt sich, ob das Publikum von überall gut sieht oder die Auftritte der Sänger reibungslos möglich sind. Wenn alles passt, fertigen die Werkstätten die Detailpläne und beginnen mit der Materialrecherche. Holz ist in den Dekorationswerkstätten ein sehr wichtiges Material. Reinhard von der Thannen, Regisseur und Bühnenbildner des „Faust“ von Charles Gounod, schlug für sein Bühnenbild – eine leicht geschwungene, sieben Meter hohe und 20 Meter lange fugenlose weiße Wand – eine Holzkonstruktion bespannt mit Folie vor. Doch die Technik der Festspiele hatte die optisch bessere Lösung: Die Wand wurde aus Holz gebaut, gespachtelt, geschliffen und weiß gestrichen. Gigantisch der Materialaufwand auch für das Bühnenbild der „West Side Story“: 50 Tonnen Stahl, neun Tonnen Plexiglas und neun Tonnen Holz.

„Neuer Kosmos“

Begonnen hat Andreas Zechners Liebe zur Kunst bei einem Studentenjob: Er war bei den Festspielen Aushelfer in der Bühnentechnik. „Ich komme aus einem kleinen Ort im Bezirk Schärding, hatte keinen Bezug zum Theater“, erzählt er: „Es war ein neuer Kosmos, den ich bei den Festspielen entdeckte.“ Er verabschiedete sich vom Maschinenbau, ging zu den Festspielen und lernte die Bühnentechnik von der Pike auf. Nach Stationen an der Grazer Oper, an den Staatstheatern Stuttgart und bei den Münchner Kammerspielen kehrte er 2013 zu den Festspielen zurück.

Fasziniert ist er nicht nur vom Handwerk, sondern auch von der Logistik. In kaum 60 Minuten ist eine so riesige Produktion wie der „Faust“ im Großen Festspielhaus abgebaut und die Bühne bereit für das nächste Konzert. „Es ist wie technisches Ballett“, erzählt der Oberösterreicher. Auch das zeigt, auf welch hohem Niveau in den Werkstätten gearbeitet wird.

Zur Person

Andreas Zechner ist seit dem Herbst 2013 Technischer Direktor der Salzburger Festspiele. Der gebürtige Oberösterreicher ist dabei der Chef der Mitarbeiter der Bühnen und Werkstätten, der Kostümwerkstätten sowie der Maske. Während des restlichen Jahres sind in den technischen Bereichen rund 80 Personen beschäftigt, im Sommer wächst die Zahl der Mitarbeiter hingegen auf über 440 Personen. Hinzu kommen noch weitere rund 220 Personen im Bereich Kostüm und Maske.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2016)

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