Die Inszenierung im öffentlichen Raum

(c) Stanislav Jenis
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Regisseurin Susita Fink führt Theaterstücke an authentischen Schauplätzen im öffentlichen Raum auf - gespielt von Menschen und Puppen.

Geschichte dort sichtbar machen, wo sie tatsächlich passiert ist – unter dieser Prämisse inszeniert das Ensemble Theaterfink seit mittlerweile sieben Jahren Produktionen im öffentlichen Raum Wiens. Gespielt werden die Charaktere von Menschen und Puppen. „Dabei machen wir nicht einfach nur Straßentheater, denn kein Ort ist zufällig gewählt“, sagt Initiatorin Susita Fink. „Wenn ein Stück auf die Straße gebracht werden soll, werden Plätze gesucht, die einen Bezug zum Inhalt des Stücks haben. Das Publikum wandert mit und folgt so den Darstellern zu den authentischen Schauplätzen.“

Im Mittelpunkt der Produktionen steht das Inszenieren mit den Mitteln des Figurentheaters. „Puppentheater ist aus seiner Historie heraus das Theater für die kleinen Leute – das Volkstheater, das zu den Menschen kommt“, erzählt Fink. „Puppentheater war Straßentheater und trug mit seinen immer wieder aktualisierten Stücken, durch die Kunst des Extemporierens geprägt, Nachrichten von Verbrechen, politischen Neuerungen, Geschichten sowie G'schichtln ins Land hinein.“

Auf wahren Begebenheiten beruht auch das aktuelle Stück, „Da Einedrahra in der Leopoldstadt!“ – eine Geschichte über Geld, Gier, Macht und die buchstäbliche Leiche im Keller, die heute, Donnerstag, Premiere in der Leopoldstadt feiert. Treffpunkt ist um 19.30 Uhr am Alexander-Poch-Platz. Weitere Stationen sind unter anderem das Wiener Kriminalmuseum, die Haidgasse, Glockengasse und der Johannes-von-Gott-Platz. Die Inszenierungen an den Schauplätzen werden angemeldet, zwei Helfer sorgen für den reibungslosen Ablauf – was natürlich nicht immer möglich ist und mitunter zu skurrilen Situationen führt wie etwa Anrainern, die von ihren Fenstern aus lautstark die Vorführung stören. „Dann kommt es schon einmal vor, dass die Darsteller improvisieren und das Gesagte einfach ins Stück einbauen“, sagt Fink. „Zur Gänze planen lassen sich solche Inszenierungen nie.“

Das Stück handelt von einer mumifizierten Leiche, die bei Renovierungsarbeiten im Keller eines alten Hauses gefunden wird. Die Fakten deuten auf einen historischen Fund hin. Das Bundesdenkmalamt wird informiert und eine Archäologin (Claudia Hisberger) beginnt, Nachforschungen anzustellen. Gemeinsam mit ihrer Freundin, einer unterbeschäftigten Gerichtsmedizinerin (Eva Billisich), begibt sie sich auf eine Zeitreise ins vormärzliche Wien, in dem sie den Todeszeitpunkt der mysteriösen Mumie vermuten. Damals wurde das Haus von einem gewissen Peter Ritter von Bohr bewohnt, der 1845 wegen Geldfälschung verhaftet wurde.

Auf Basis von Originaldokumenten

„Die Geschichte von Peter Bohr wird auf Basis von Originalakten nachgezeichnet und dramaturgisch mit aktuellen Bezügen, der Geschichte Wiens und der bespielten Bezirke verwoben“, betont Fink, die zusammen mit Dramaturgin Karin Sedlak das Buch zum Stück geschrieben hat, Regie führt und auch selbst mitspielt. Die (wahre) Geschichte für nächstes Jahr steht auch schon fest. Es geht um eine Frau, die gegen ihren Willen verheiratet wird und ihren Ehemann ermordet – und als erste Frau überhaupt öffentlich hingerichtet wird. „Das Thema der Bevormundung und Entmündigung von Frauen ist hochaktuell“, sagt Fink. „Das habe ich zuletzt bei meiner Mitarbeit in einem Flüchtlingsheim beobachtet.“

ZUR PERSON

Puppenspielerin.Susita Fink, Jahrgang 1972, studierte nach der Matura Theaterwissenschaften, Philosophie, Sprachwissenschaften und Slowenisch in Wien und ist seit 1994 Puppenspielerin, unter anderen im Marionettentheater Schloss Schönbrunn und im Figurentheater Lilarum sowie in der freien Szene. 2009 gründete sie das Ensemble Theaterfink und inszeniert seither jährlich ihr Stationentheater im öffentlichen Raum. Termine: www.theaterfink.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2016)

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