Michelangelo in der Votivkirche

 Veranstalter Michael Erb in der Votivkirche: 34 Reproduktionen zeigen Michelangelo aus der Nähe.
Veranstalter Michael Erb in der Votivkirche: 34 Reproduktionen zeigen Michelangelo aus der Nähe.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Nach 25 Jahren als Privatier wagt Unternehmer Michael Erb wieder ein Großprojekt – und zeigt Erich Lessings Fotos der Sixtinischen Kapelle in Wien.

Am 10. Mai 1991 hat Michael Erb aufgehört zu arbeiten. Das ist das erste, was er bei Eiern und Speck in einem Café am Lugeck erzählt – und daran lässt sich ermessen, was es heißt, dass er jetzt, nach 25 Jahren Pause, wieder da ist. Mit einem Großprojekt. Es habe ihn einige schlaflose Nächte gekostet, gesteht der ehemals höchst umtriebige Wiener Unternehmer, aber immerhin: Es handelt sich ja auch um die Schöpfung der Welt und das Jüngste Gericht.

Michelangelos berühmte Fresken aus der Sixtinischen Kapelle – sie hängen bereits in der Wiener Votivkirche, heute Abend findet die Vernissage statt, ab Donnerstag sind sie für drei Monate für 16,50 Euro aus der Nähe zu sehen – freilich nur als Reproduktion. Die Fotos hat in den Neunzigerjahren ein Österreicher gemacht: Magnum-Fotograf Erich Lessing durfte die Gemälde unmittelbar nach der Restaurierung noch vom Gerüst aus fotografieren.

Ein wenig, sagt Erb, ärgere es ihn ja, dass die Idee dazu nicht seine war. Erfunden hat die Kopie der Sixtinischen Kapelle der deutsch-amerikanische Veranstalter Martin Biallas, 2015 wurden die Repliken in Montreal in einer Halle gezeigt. Eigentlich sollte die Schau dann nach London gehen. Lizenznehmer und Bühnenbildner Manfred Waba (St. Margarethen) und Erb wollten selbiges aus der Ferne beobachten, doch London kam nie zustande, und nun hängt Michelangelo nach Wabas Plänen in Wien – und ist deutlich bequemer zu betrachten als im Vatikan. Kein Gedränge, keine Genickstarre, denn das Deckenfresko wurde quasi in Einzelbilder zerlegt und normal gehängt. So steht man nun Aug in Aug mit Gott und kann ihn bei der Erschaffung Adams beobachten.

Vor 25 Jahren sei er selbst zum ersten Mal in der Sixtinischen Kapelle gestanden, erinnert sich Erb – alle weiteren Anläufe für einen Besuch habe er abgebrochen, hungrig und durstig sei er aus der Touristenschlange geflüchtet. Dabei ist er ein leidenschaftlicher Reisender – unter anderem. Als „Szene-Prominenter“ wird er auf der Ausstellungshomepage tituliert. Begonnen habe alles, sagt er und deutet schräg hinter sich, Ende der Sechziger, Anfang der Siebziger just hier am Lugeck mit einem „Zottelshop“: Hier verkaufte er weiße Hippiemäntel, die er in Kalifornien gesehen hatte, später verlegte er sich auf Pariser Lederjeans und -Minis, die er in Istanbul nachproduzieren ließ, „ein Abenteuer“. Noch später holte er Daniel Hechter nach Wien, inszenierte und expandierte und eröffnete 1984 mit italienischem Kaffee und Schinken das Pronto in der Spiegelgasse.

Das Hinterteil Gottes

Ein Franchise floppte, dafür eröffnete er seine eigene Werbeagentur – mit Apples erster Österreich-Niederlassung als Kunde, dazu kamen eine Immobilienfirma und der Führer „Hallo Wien“. Am Ende hatte er sieben Geschäfte, drei Innenstadtbüros und mehr Mitarbeiter, als er je wollte. Bei der Weihnachtsfeier habe er, erinnert er sich, „in 58 Augenpaare geschaut und überlegt: Wer würde sich um mich kümmern, wenn es mir schlecht ginge?“ Die Antwort war ernüchternd, Erb verkaufte – und tat 25 Jahre lang mehr oder weniger „nix“.

Jetzt hat er, mit anderen, in Michelangelo investiert. Und staunt über dessen Mut und Witz. Etwa wenn Gott von hinten zu sehen ist – in wehenden Gewändern „mit nacktem Arsch“.

Zur Person

Michael Erb wurde 1938 in Maria Wörth geboren, arbeitete u. a. im technischen Verlag seines Vaters und gründete mehrere Modeboutiquen, eine Werbeagentur, eine Immobilienfirma, den Stadtführer „Hallo Wien“ und das Pronto in der Spiegelgasse. 1991 zog er sich ins Privatleben zurück. Gemeinsam mit Bühnenbildner Manfred Waba (Opernfestspiele St. Margarethen) zeigt er nun 34 Reproduktionen von Michelangelos Fresken aus der Sixtinischen Kapelle in der Votivkirche. Ab 1. September, sixtinischekapelle.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2016)

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