Mit Richard Lugner im Theater: Die Tagespresse als Show

Fritz Jergitsch
Fritz Jergitsch(c) Michele Pauty (Michele Pauty)
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Tagespresse-Mastermind Fritz Jergitsch hat ein Bühnenstück geschrieben. Über den Untergang Österreichs und den Grat zwischen Satire und Realität.

Schon wieder auf Satire hereingefallen: „Strache hält ,Österreich'-Artikel für echte Meldung“, „Aus Angst vor Terror: ,Krone'-Leser sprengt sich selbst in die Luft“ oder: „Olympia: Bisher unbekannter Bodenturner ohne Rückgrat begeistert ganze Welt“, illustriert mit einer Fotomontage Werner Faymanns. Mit Schlagzeilen wie diesen unterhalten die Macher der Tagespresse mittlerweile zehntausende Onlineleser. Nun gibt es ihre Satire auch als Show im Rabenhof. Das Prinzip ist ähnlich: „Online tun wir ja so, als wären wir ein total seriöses Medium, genauso gibt es in der Show keinen Klamauk“, sagt Fritz Jergitsch, der seit 2013 die Online-Tagespresse mit seinen zwei Kompagnons Sebastian Huber und Jürgen Marschal betreibt.

Das Setting ist das einer Fernseh-Nachrichtenshow, ORF-Stimme Paul Kraker, „die personifizierte Seriosität, wenn der mir erklärt, dass der Himmel grün ist, ich würde es ihm glauben“, so Jergitsch, gibt den Moderator, und über den Inhalt wollen die Macher noch keine Details verraten wissen. Nur so viel: Es gehe Österreich „an den Kragen“, das Land stehe vor dem Untergang, inklusive Richard Lugner (er kommt, schmerzbefreit, was Witze über ihn betrifft, auch als Gast vor).

Auftreten werden auch reale Satiriker, Christoph Grissemann, Richard Lugner, Maximilian Zirkowitsch oder Adem Karaduman. Sie treten unter anderem in Einspielern auf – auch dafür sind, wie für Fotomontagen, die Macher der Tagespresse zuständig –, und sie waren noch während der finalen Proben dabei, da und dort nachzubessern. Schließlich ist das, was leicht und lustig daherkommt, das Ergebnis akribischer Arbeit. „Die Idee zur Zusammenarbeit ist vor zwei Jahren beim ersten Treffen mit Thomas Gratzer (Leiter des Rabenhof-Theaters, Anm.) entstanden“, erzählt Jergitsch. Bis das finale Konzept stand, hat es dann eineinhalb Jahre gedauert.

„Im Nachhinein muss man sagen, dass das, die seriöse Nachrichtenshow, das einzige logische Format für uns ist“, sagt Jergitsch. Auch die Arbeit an dem Bühnenstück ist eine andere als fürs Netz: „Für einen Onlineartikel brauche ich vielleicht eine halbe Stunde, bei der Show gibt es einen Bogen, es geht um die visuelle Präsentation, man muss viel mehr im Großen denken“, sagt Jergitsch, der mit Sebastian Huber und Jürgen Marschal von April bis August an dem Stück geschrieben hat. Dass Paul Kraker als Moderator quasi die Seriosität der ORF-Radio-Journale in den Rabenhof mitbringen soll, war schnell klar: Er hatte schon voriges Jahr aus den Tagespresse-Büchern gelesen – und Jergitsch sagt, er sei schon beim Schreiben als späterer Moderator im Hinterkopf gewesen.

Apropos ORF: Dort könnte man eine ähnliche Tagespresse-Show in Zukunft sehen – noch ist das nicht ganz fix, aber die Gespräche über eine eigene Sendung laufen, eventuell werde es so eine Art satirischer ZIB-Flash. Das hängt vielleicht auch vom Erfolg der Rabenhof-Show ab. Bis Weihnachten sind jedenfalls zwölf Termine angesetzt, etwa die Hälfte ist bereits ausverkauft, und wenn es gut läuft, wird die Show 2017 weiter gezeigt.

Von der Bühne ins Fernsehen

Die bisherige Tagespresse-Geschichte verspricht da, im Sinne von Erfolg, jedenfalls einiges: 2013 gegründet, ist sie die erfolgreichste Satireplattform Österreichs, 2015 wurden die drei dafür mit dem Kabarettpreis ausgezeichnet. Jergitsch selbst ist mittlerweile hauptberuflicher Tagespresse-Satiriker, Huber und Marschal schreiben nebenbei als freie Autoren, etwa für ORF-Formate. Mittlerweile gibt es auch regionalplattformen in Salzburg und Tirol, die von freien Autoren befüllt werden.

Ein Manko hat der Erfolg, Fälle wie am Anfang, als Tagespresse-Artikel für so viel Aufregung sorgten, dass sogar das Außenministerium sie dementieren musste, kommen nicht mehr vor. Aber hört man sich die Proben an, verschwimmen Realität und Satire wieder: Am Ende der Show, als Moderator Kraker versucht, die Stimme eines Überraschungsgastes aus dem Off irgendwie in Schach zu halten, muss man zweimal hinhören, ob das nun Imitation oder doch ein Zusammenschnitt realer Aufnahmen ist.

INFO

„Die Tagespresse Show. Österreichs seriösester Newsroom“ unter der Moderation von Paul Kraker und mit Peter Klien als Außenkorrespondent wird heute, Dienstag, zum ersten Mal im Wiener Rabenhof-Theater aufgeführt. Buch und Idee zur Show stammen von Fritz Jergitsch, Sebastian Huber und Jürgen Marschal, den Machern der Satireplattform www.dietagespresse.com.

Bis Weihnachten sind zwölf Termine der Show im Rabenhof angesetzt, etwa die Hälfte davon ist bereits ausverkauft. Info: www.rabenhoftheater.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2016)

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