Almrausch im Prater: Wiens Wiesenwirtschaft

ER�FFNUNGSFEIER ´WIENER WIESN-FEST´
ER�FFNUNGSFEIER ´WIENER WIESN-FEST´(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Bis 9. Oktober gehören Dirndln und Lederhosen wieder zum Wiener Stadtbild. Was die importierte Folklore der Stadt bringt.

Wien. In den kommenden Wochen wird man sich in Wien wieder mitunter wie in München oder in Salzburg fühlen. Wenn man nicht genau hinschaut und hinhört zumindest. Mit der Wiener Wiesn ist die Tradition der herbstlichen Trachtenfeste aus Bayern und dem westlicheren Österreich nach Wien gekommen – man mag von Dirndln vor dem Riesenrad und Lederhosen in der U-Bahn halten, was man will, aber bei immerhin Zigtausenden Wienern scheint die nachgespielte Folklore gut anzukommen: Waren es bei der Premiere 2011 erst 150.000 Besucher, so ist die Zahl über die Jahre stetig angestiegen. Heuer sollen es an den 18 Festtagen schon 350.000 Gäste sein, erwartet Christian Feldhofer, Steuerberater und Immobilienunternehmer aus Amstetten – und Veranstalter der Wiesn.

Die Wiesn ist in Wien mittlerweile ein Wirtschaftsfaktor, immerhin bringt sie Gäste nach Wien (jeder vierte Besucher stammt laut Veranstalter aus einem anderen Bundesland, rund jeder zehnte aus dem Ausland). In Summe machen die Wiesn-Veranstalter inklusive Handel und Gastronomie in den rund zweieinhalb Wochen zehn Millionen Euro Umsatz. Die gesamte Wertschöpfung beziffern sie mit 20 Millionen Euro.

Der Großteil davon fließt direkt in den Konsum: Der Zutritt zum Festgelände ist zwar gratis, will man aber in eines der Partyzelte, kostet das – anders als beim Original auf der Theresienwiese – während der Livekonzerte 36,90 bis 42,40 Euro pro Person (siehe Info-Box). Dafür ist in Wien das Bier rund einen Euro billiger, die Maß kostet 9,40 Euro. Statt bayerischen Biers trinkt man in Wien Gösser: Die Brauunion ist mit Gösser exklusiver Bierpartner, voriges Jahr wurden dort von Gösser 2000 Hektoliter ausgeschenkt: In Maß gerechnet also 200.000 Krüge.

Im Schnitt dürfte jeder Besucher, geht man von den Zahlen der Veranstalter aus, jedenfalls knapp 30 Euro ausgeben. Beim Fest allein, dazu kommen Ausgaben wie die für die Kleidung. Trotz des Klischees von den Kitschdirndln und Billiglederhosen – zunehmend machen auch heimische Trachtenfirmen ein Geschäft. „Die Wiener Wiesn ist für uns auf jeden Fall ein Faktor geworden, überhaupt ist jetzt Hauptsaison, auch weil viele nach München oder nach Salzburg zum Rupertikirtag fahren“, sagt Constanze Kurz, Designerin und Chefin des Salzburger Traditionsbetriebs Hanna Trachten, der seit wenigen Jahren auch in der Wiener Innenstadt Tracht verkauft. Die Sache mit den Polyester-Dirndln in Wien stimme zwar schon, aber es gebe auch einen Trend zum Traditionellen, Langlebigeren. „Aber vorher war Tracht in Wien überhaupt kein Thema, auch der Trachtenboom in den Achtzigerjahren ist an Wien vorbeigegangen“, sagt Kurz. Nun werde in Wien auch außerhalb der Wiesn-Zeit zunehmend Tracht gekauft und getragen.

Keine Werbung mit der Wiesn

„Die Ruralisierung der Städte ist ein Riesentrend“, sagt Walter Straßer vom Wien Tourismus. Genauso wie die Urbanisierung auf dem Land. So legt nun eben auf mancher Almhütte ein DJ auf, und im Prater spielt man Oktoberfest. Touristisch gesehen sei die Wiesn mit laut Veranstalter 10.000 Übernachtungen etwa ein Faktor wie eine große Tagung, und diese Anzahl entspricht im September und Oktober, im Verhältnis zur Anzahl der Festtage, gut einem Prozent der Gästenächtigungen in Wien. „Aber 10.000 Nächtigungen sind auch nicht nix, das ist ein Faktor“, so Straßer. Mit der Wiesn im Ausland werben – das werde Wien aber auch in Zukunft wohl nicht. Schließlich sei das „nur ein importierter Brauch“, der eigne sich nicht zur Werbung für Wien.

Auch, ob der Oktoberfest-Ableger auf Dauer im Prater stattfinden kann, ist ungewiss. Gab doch die designierte Bezirkschefin Uschi Lichtenegger (Grüne) jüngst zu Protokoll, die Kaiserwiese solle konsumfreier Erholungsraum werden. Für die Wiener Wiesn gebe es sicher Plätze, an denen das Fest besser funktioniere.

SERVICE

18 Tage Brauchtum, Musik und Party: Die Wiener Wiesn, die gestern, Donnerstag, eröffnet wurde, findet noch bis zum Sonntag, dem 9. Oktober, auf der Kaiserwiese im Wiener Prater statt. Das Wiesn-Gelände ist täglich von 11.30 bis (in den Partyzelten) ein Uhr Früh geöffnet. Der Eintritt zum Gelände und den vier „Almen“ ist an sich frei. Bei den Festzelten ist der Eintritt am Montag und Dienstag (11.30 bis 23.30) ebenfalls frei. Von Mittwoch bis Samstag kostet der Eintritt abends, während der Livekonzerte, 36,90 Euro (bei Tischbuchung) oder 42,40 Euro (Einzelticket). Die Tickets sind im Wiesn-Fest-Büro oder über Wien-Ticket.at buchbar.

Eine Maß Bier kostet heuer 9,40 Euro, die gesamte Wertschöpfung der Wiesn beziffern die Veranstalter mit rund 20 Millionen Euro, den direkten Umsatz (inkl. Gastronomie und Handel) mit zehn Mio. Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2016)

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