„Es geht um Kraft und Energie“

Patrik Fredrikson und Ian Stallard
Patrik Fredrikson und Ian Stallard(c) Voithofer Valerie
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Sie bauen mäßig bequeme Sofas und zerknitterte Spiegel: Jetzt bespielen Patrik Fredrikson und Ian Stallard mit zwei Arbeiten das Belvedere.

Sie sind zwar noch ein paar Tage da, aber ein kleiner Stopp muss gleich sein: Auf dem Weg vom Marmorsaal, wo ihre „Hurricane Mirrors“ noch eingepackt auf dem Boden liegen, hinüber in den Salon bleiben Patrik Fredrikson und Ian Stallard kurz stehen: Selfie mit dem „Kuss“ von Klimt.

Die beiden Londoner, die von Swarovski nach Wien geladen wurden, geben sich angesichts ihrer neuen Umgebung durchaus ehrfürchtig. Unglaublich sei das Belvedere, das sie noch nie zuvor real gesehen haben. Zu verrückt sei ihr Sommer gewesen, berichtet das international gefragte Duo, als dass sie es hierher geschafft hätten. Jede Menge Bilder und Videos mussten genügen, um sich nach Wien zu denken.

Mit dem Ergebnis sind die beiden durchaus zufrieden. Als Nadja Swarovski sie eingeladen habe, zwei Kunstwerke zu schicken, sei ihnen sofort klar gewesen, welche. So steht nun im marmornen Treppenhaus unter Ai Wei Weis schwebenden Fabelwesen ein riesiger Ring aus rohem Stahl, in den auf Fäden 8000 goldfarbene Kristalle gespannt sind. Wenn man möchte, sagt Ian Stallard, könne man „Prologue“ einfach als Sonne sehen – wenn die echte durchscheint, bricht sich das Licht und verwandelt das Stiegenhaus.

Öffentliche Skulpturen, findet er, müsse man komplex, aber auch einfach wahrnehmen können. „Jeder muss darin etwas sehen.“ Vielleicht, mutmaßt Patrik Fredrikson, spiegle sich darin ja ihr Selbstverständnis wider, als Kreative zwischen Design und Kunst. „Als Designer hat man den Nutzer immer im Kopf“, meint er. „Die Leute lieben es, öffentliche Kunst zu hassen – weil sie oft wirklich sehr, sehr kompliziert ist.“

Nichts für „Herr der Ringe“

Zugeständnisse machen die beiden dennoch keine. Weder an die Unternehmen, für die sie arbeiten (von Chanel bis Comme des Garcons), noch an ihre eigenen Ideen. Ob „Species“, ein rotes Samtsofa, das wie ein Felsen aussieht (und neben einem David-Bowie-Albumcover und Ikeas Flüchtlingsunterkunft für den Preis des Londoner Design-Museums nominiert ist), bequem sei? „Durchaus“, sagt Stallard. „Aber wenn man keine zehn Minuten darauf aushalten würde, hätten wir es trotzdem gemacht.“ Wobei, ergänzt Fredrikson lachend, „die ,Herr der Ringe‘-Trilogie würde man darauf wirklich nicht schauen wollen.“ Wozu auch? Das perfekte Sofa hätten die Italiener schon erfunden, „wir glauben nicht, dem etwas hinzufügen zu können“.

Kennengelernt haben sich die beiden einst am Central Saint Martins College – in der Bar. Stallard, der Brite, studierte Keramik, Fredrikson, ein Schwede, Industrial Design. Arbeiten in fremden Disziplinen wurde begrüßt, „sofern man es begründen konnte“. Anfangs hatte jeder sein eigenes Unternehmen, „aber es wurde verwirrend, für die Presse, für alle anderen, und für uns selbst“. Seither firmiert man unter Fredrikson Stallard. „Wir arbeiten sehr organisch zusammen“, sagt Stallard. „Weil wir ein Paar sind, können wir sehr ehrlich miteinander sein. Und sehr streng.“

Jeder schläft neben seinem Sketchbook, gemeinsam wohnt man über dem Londoner Atelier. Als Nadja Swarovski die beiden vor zehn Jahren bei „Sketch“ zum Tee lud, war man schnell angetan („Sie versteht unsere Vision“) und ließ einen Luster explodieren. Später arbeitete man braver (in Gordon Ramsays Savoy Grill hängen Lampen im Stil des Art déco), aber normalerweise geht es um „Kraft und Energie“.

Die geht auch von den zerknitterten „Hurricane Mirrors“ aus, die bis Juni im Marmorsaal hängen. In Anlehnung an historische Spiegel, „um Licht zu reflektieren“. Und als Platzhalter für zwei Ölgemälde von Ignaz Heinitz von Heinzenthal. Die werden derweil auf Kosten von Swarovski restauriert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.09.2016)

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