Alle irdischen Spuren beseitigen

Katharina Dobes
Katharina Dobes(c) REITLER Markus
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Die Physikerin Katharina Dobes überwacht, dass Technik in Satelliten und Raumsonden alle Anforderungen des Weltalls aushält. Und dass keine DNA der Erde zum Mars gelangt.

Die Landung der Raumsonde Rosetta auf dem Kometen Tschurjumow-Gerassimenko Ende September hat Katharina Dobeš mit Spannung verfolgt. „Raumfahrt und Weltall haben mich immer interessiert, aber seit ich hier arbeite, hat sich die Begeisterung noch gesteigert“, sagt Dobeš, die zur FemTech-Expertin des Monats September gekürt wurde. Die Auszeichnung des Technologieministeriums soll Frauen vor den Vorhang holen, die in technischen Berufen Besonderes leisten. Dobeš überwacht bei der Ruag Space GmbH Materialauswahl und Entwicklung von Weltraumtechnologien. Die Ruag Space ist die größte österreichische Firma im Bereich Weltraumtechnik, ihre Mitarbeiter haben bereits vor 20 Jahren an Bauteilen getüftelt, die bei Rosetta an Bord waren.

„Das Wichtigste bei Materialien für das Weltall ist, dass sie den extremen Anforderungen standhalten: Wir müssen dafür sorgen, dass alle Baugruppen und Elektronikbestandteile stabil genug sind“, sagt Dobeš. Denn jeder normale Computer oder ein handelsübliches Handy würden eine Weltraumreise nicht überstehen: Weltraumtechnik muss stärkste Vibrationen und Strahlung aushalten, im Vakuum funktionieren und zugleich hitze- und kältebeständig sein.

Im All kann man nichts mehr reparieren

„Doch die Anforderungen, die es für Start und Reise im Orbit braucht, sind nicht alles“, betont Dobeš. Man muss immer bedenken, dass die Materialien die aufwendige Fertigung, etwa Löten und Biegen, aushalten müssen. Und altern darf das Bauteil auch nicht zu schnell. „Die Lagerungszeit auf der Erde ist oft sehr lange, manche Satelliten werden erst nach zehn Jahren ins All geschossen.“

Wenn das Gerät erst einmal im All ist, kann man nichts mehr reparieren – jeder mögliche Fehler muss erkannt und ausgebessert werden, bevor der Satellit oder die Rakete startet. Darum geht auch im Projekt „ASAP12 Space XCT“, das von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG finanziert wird: Dobeš untersucht hier Strukturen und mögliche Defekte von weltraumtauglichem Material.

Raumfahrttechniker setzen meist auf Erfahrung: Material, das sich im Weltraum in den 1960ern bewährt hat, wird auch heute noch gern eingebaut. „Es gibt kaum einen Sektor, der so vorsichtig ist wie die Weltraumtechnik“, schmunzelt Dobeš. Doch nicht alles bleibt beim Alten: Die Forscher untersuchen neue Beschichtungen, Lacke und Verbindungen. „Auch neue Kombinationen von vertrauten Materialien kommen immer wieder vor.“ Und all das muss auf der Erde genauestens getestet werden, bevor es eine Freigabe für die Fertigung von Satelliten oder Raumsonden gibt.

Die Ruag Space führt vieler solcher Tests in den Labors in Wien Meidling durch und kooperiert für spezielle Aufgaben auch mit der europäischen Weltraumorganisation ESA oder anderen internationalen Raumfahrtunternehmen. „Unsere Forschungen sind immer Fallstudien, die von Einsatz zu Einsatz verschieden sind“, klärt Dobeš auf. Ein Gerät, das auf dem Mars fahren soll, muss etwa anderen Ansprüchen gerecht werden, als ein Satellit, der zehn Jahre um die Erde kreist. So erzählt Dobeš von der Technik, die im Jahr 2020 in einem Projekt der ESA als Rover auf dem Mars landen soll. „Wir werden dafür Mechanik und Elektronik liefern: Dabei sind wir verpflichtet, dass jede Baugruppe steril ist, wir dürfen keine biologischen Spuren hinterlassen.“

Denn der Rover soll auf dem Mars nach Spuren von extraterrestrischem Leben suchen – jede Verunreinigung mit DNA oder anderen Biomolekülen der Erde würde diese Mission torpedieren. „Mein Job war zu überlegen, wie man sicherstellt, dass keine Verunreinigungen eingebracht werden. Dies gelingt über höchste Sicherheit im Reinraum, mit Atemschutz etc.“, sagt Dobeš. Und am Ende der Baugruppen-Zusammenstellung geht es noch einmal in die Sterilisation, bevor die Verpackung verschweißt wird.

Die Sterne sind immer faszinierend

Die Frage, ob sich ihr Blick in den Sternenhimmel verändert hat, seit Dobeš in der Weltraumtechnik arbeitet, verneint sie: „Die Sterne fand ich immer schon faszinierend.“ Und bisher fliegt noch keines der von ihr betreuten Projekte im Weltall. Sie ist ja auch kein extremer Nerd, der nur „Star Trek“ schaut. Vielmehr sucht sie den Ausgleich in unterschiedlichsten Sportarten wie Beachvolleyball, Bergsteigen, Laufen, Schwimmen und Skifahren. „Aber auch das Kino abseits des Mainstreams interessiert mich sehr.“ So wird sie sich Ende Oktober wohl auch bei der Viennale wieder um Tickets anstellen.

Zur Person

Katharina Dobeš wurde 1983 in Wien geboren und studierte an der TU Wien Technische Physik. Bis zur Dissertation forschte sie an Wechselwirkungen, die in einem Kernfusion-Reaktor wichtig sind. Dies war Teil des EU-Projekts ITER, das nach dem Vorbild der Sonne Kernfusion als Methode zur Energieerzeugung nutzen will. Seit 2014 ist Dobeš Material- und Prozessingenieurin bei der Ruag Space GmbH und koordiniert Hochtechnologie-Projekte.

Alle Beiträge unter:diepresse.com/jungeforschung

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2016)

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