Beichte? "Das ist sehr gesund"

Premiere der TV Serie The Young Pope in Rom Jude Law Roma 09 10 2016 The young Pope Serie TV Sky A
Premiere der TV Serie The Young Pope in Rom Jude Law Roma 09 10 2016 The young Pope Serie TV Sky Aimago/Insidefoto
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Hollywood-Mime Jude Law spielt den Papst. Mit der „Presse am Sonntag“ sprach der 43-Jährige über Formen der Seelenhygiene, seine Art, Spiritualität zu leben, und den Schluss, dass das Theater wohl aus dem Vatikan stammen muss.

Es ist die ungewöhnlichste Rolle in der Karriere von Jude Law: In der Miniserie „The Young Pope“ (ab 21. Oktober auf Sky Atlantic HD) spielt er einen Amerikaner im obersten Amt der katholischen Kirche. Auch wenn der 43-Jährige im Interview – wie in der Cinema Lounge von Venedig – immer noch wie ein charmanter Sonnyboy wirkt, so passt diese Figur doch besser zu seinen Interessen und Überzeugungen, als man auf den ersten Blick glauben möchte.

Würde es Sie in irgendeiner Weise reizen, Papst zu sein?

Jude Law: Nein, überhaupt nicht. Wobei ich wieder gemerkt habe, wie theatralisch die Kirche ist. Dort erzählt man Geschichten mit Kostümen und Lichteffekten. Gewissermaßen ist das Theater hier geboren worden. Deshalb habe ich eine große innere Verwandtschaft zur Welt des Vatikans gespürt.


Sie hatten also keine Schwierigkeiten, sich in diese Rolle einzufinden?

Doch, sehr große sogar. Ich wusste erst gar nicht, wo ich in der Vorbereitung anfangen sollte. Ich dachte, ich hätte die Verantwortung, die Bibel zu studieren und die Geschichte der Päpste zu lesen, aber das brachte mich nicht weiter. Ich wandte mich dann an Regisseur Paolo Sorrentino, und er meinte: „Konzentriere dich nur auf die Figur dieses einen Papstes, den du spielst. Wer ist er?“ Wir haben dann gemeinsam eine umfangreiche Hintergrundgeschichte für ihn ausgearbeitet.

Sind Sie in irgendeiner Weise gläubig?

Ich habe ein sehr ausgeprägtes Glaubenssystem, und das finde ich extrem wichtig. Aber es ist eher amorph. Das heißt, ich glaube an alle möglichen Dinge, bin, wenn man so will, eher Polytheist denn Monotheist. Ich suche ständig nach Antworten, und die finde ich nicht unbedingt nur ein einer Religion. Am ehesten noch in der Natur, das heißt, ich definiere mich über den Platz, den wir in der natürlichen Ordnung des Planeten einnehmen. Dabei habe ich durchaus Respekt für die Institutionen der großen Religionen. Viele Leute brauchen das.

Was sind denn diese Dinge, an die Sie glauben?

An Neugier, guten Willen, Anstand, Kunst und Fantasie.

Sie haben Kinder verschiedenen Alters. Was antworten Sie ihnen, wenn sie fragen: „Gibt es Gott?“

Normalerweise sage ich ihnen: „Was glaubt ihr denn?“

Was sagen sie?

Das hängt vom jeweiligen Alter ab. Als Kinder in der Schule lernen sie die Geschichte von Jesus, und dann glauben sie daran. Ich versuche sie einfach zu ermuntern, dass sie offen und unvoreingenommen bleiben. Das ist meine Verantwortung.

In der Serie werden auch kritische Ansichten zur katholischen Kirche geäußert. An einer Stelle heißt es, sie hätte die Menschen vergessen. Was sagen Sie dazu?

Das ist ein kompliziertes Thema. Das Problem ist, dass sich eine Glaubensrichtung auf ganz bestimmte Regeln gründet, während sich die Welt um sie herum ständig verändert und weiterentwickelt. Das schafft nach ein paar Hundert Jahren Konflikte und Verwirrung. Gleichzeitig gibt es aber auch moralische Grundsätze, die nie ihre Gültigkeit verlieren wie „Liebe deinen Nächsten“. Diese sind interessanterweise in allen Religionen identisch. Es sind nur die anderen Regeln, die nicht mehr stimmig sind, bei denen man sich denkt: Können wir's nicht damit gut sein lassen?

Haben Sie sich beim Dreh intensiver mit solchen Fragen beschäftigt?

Jeden Tag. Für mich war das eine sehr tief greifende, ich würde fast sagen spirituelle Erfahrung. Wobei ich für mich eines herausgefunden habe: Glauben ist eine hoch persönliche, individuelle Angelegenheit, egal, worum es sich dabei handelt. Wir werden allein geboren, sterben allein, und in der Zeit dazwischen versuchen wir herauszufinden, ob unser Dasein einen Sinn ergibt.

Es gibt in der Kirche das Instrument der Beichte, um sein Gewissen zu erforschen. Was halten Sie davon?

Das ist sehr gesund. Aus diesem Grund verdienen ja Therapeuten so viel Geld.

„The Young Pope“ ist ab 21. Oktober auf Sky zu sehen. Eine Kritik zur Serie lesen Sie auf Seite 44.

Steckbrief

Jude Law
stammt aus Großbritannien und wurde in London als Sohn eines Lehrerehepaars geboren. Schon früh spielte er Theater, verließ dafür sogar die Schule. Der Durchbruch gelang ihm 2000 mit einer Oscar-Nominierung als bester Nebendarsteller („Der talentierte Mr. Ripley“). Es folgten zahlreiche Großproduktionen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2016)

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