Blumenkünstler: "Unkraut finde ich inspirierend"

Andreas Bamesberger gestaltete die Treppen des Naturhistorischen Museums: Durchdacht, aber auch „einfach nur schön“.
Andreas Bamesberger gestaltete die Treppen des Naturhistorischen Museums: Durchdacht, aber auch „einfach nur schön“. (c) Lukas Lorenz
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Andreas Bamesberger ist Wiens kreativster Kopf, wenn es um Blumen geht. Zuletzt streute er der Urknall-Schau im Naturhistorischen Museum Blüten.

Ein wenig, scherzt Andreas Bamesberger, habe er schon die Säbelzahntiger seine Blumen davontragen gesehen, als er sie am Vorabend ins Naturhistorische Museum gebracht habe. Als er Dienstag um sechs Uhr morgens wiederkam, waren sie aber noch da. Sechs Stunden später, es ist Dienstagmittag, sind die Dahlien und Chrysanthemen („die viele nur auf dem Friedhof verwenden“) fertig arrangiert – und ergießen sich in einem Ornament auf Zeit über die Treppe des Museums.

Zum Auftakt der Sonderausstellung zum Urknall hat der Wiener Florist mit knapp 5000 Blüten seine bisher größte Installation geschaffen. Zufrieden blickt er von oben auf die Blumenranken: Die Linien aus der Ausstellungseinladung (Planetenbahnen?) hat er ebenso einfließen lassen wie die Muster des Wiener Historismus an den Decken der Innenarkaden. Da fällt es dann kaum auf, dass die Linien aus winzigen Äpfeln (Quarks? DNA?) sich der perfekten Symmetrie entziehen.

Als Dekoration will Bamesberger seine Arbeit nicht verstanden wissen. Eher sei es „ein Blütenstreuen, eine künstlerische Aktion“. Die Idee dazu keimte schon lang in ihm. Im Belvedere hat er die Stiege für eine Postkartenproduktion gestaltet, auch in der Hofburg und im Künstlerhaus war er schon zugange – und habe dabei geradezu eine Leidenschaft entwickelt „für epochale, imperiale Treppen“.

Noch größer ist jene zur natürlichen Form. Schon als Kleinkind habe er im Garten der Eltern in Orth an der Donau gegraben, für Lego- und Playmobilfiguren Savannen gebaut. Von der Milchbäuerin bekam er fürs Milchholen Kakteen. Im nahen Nationalpark Donauauen staunte er über Zweige und Blätter, formte Linien aus Schneckenhäusern und Knochen. Ein Veterinärmedizinstudium verwarf er („Ich bin kein lernender Mensch“), stattdessen wurde er Gärtner – „ohne zu wissen, dass es den Beruf des Floristen überhaupt gibt“. Er holte es nach, entpuppte sich früh als Rebell gegen Nelkengesteck und Schleierkraut. Kunst und Architektur hätten ihn viel gelehrt, wie auch die streng formalen Pflanzenbilder des deutschen Fotografen Karl Blossfeldt. „Seine Schachtelhalme sehen aus wie Hochhäuser in Taipei.“

Eigenwillig bis verstörend

Sein erstes Geschäft eröffnete er in der Porzellangasse. „Blatt und Blüte“ sei nicht bieder, aber noch klassisch gewesen, „mit kleinen Auswüchsen der Selbstverwirklichung“. Als hundert Meter weiter ein größeres Lokal frei wurde, schlug er zu. Relativ schnell war klar, dass der Stil der „Zweigstelle“ eigenwillig sei, mitunter bizarr oder, im Fall seiner Adventkränze aus Autoreifen oder Stacheldraht, geradezu verstörend. Dass seine Inszenierungen polarisieren, ist ihm bewusst. „Aber 13 Menschen leben davon. Und ich vertrage mich zwar sehr gern mit Menschen, habe aber nicht den Anspruch, dass ich jeden mitnehmen kann.“

Seit 2002 arbeitet Bamesberger für den Life Ball. Auf Krönchen für das Staatsballett aus halbmeterlangen wogenden Gräsern folgten ein 240-Kilo-Rosenkleid für Dita von Teese oder monumentale Überkopfkreationen für die Schirmherren der Aids Solidarity Gala. Gern arbeitet er aber auch mit ganz einfachen Blüten, und Unkräuter findet er überhaupt inspirierend. „Sie haben so etwas Widerspenstiges. Vielleicht erkenne ich mich da einfach selbst.“

ZUR PERSON

Andreas Bamesberger lernte in Strasshof, seine Gesellenreise führte ihn nach Linz. 1999 eröffnete er die „Zweigstelle“. Mit seinen ungewöhnlichen floralen Konzepten arbeitet er für den Life Ball, er stattet das Hotel Park Hyatt aus, und einer Firma, die sich neu erfinden wollte, lieferte er schon einmal gepiercte Pflanzen. Zur Eröffnung der Sonderschau „Wie alles begann. Von Galaxien, Quarks und Kollisionen“ schuf er nun ein Ornament aus 5000 Blüten, die die Besucher am Ende des Abends mitnehmen durften.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2016)

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