Mit Austrofred im Dachboden

The Invisible Show
The Invisible Show(c) Stanislav Jenis
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The Invisible Show. Was macht der Besucher eigentlich im Museum? Über unsichtbare Bühnen, Spazieren im Museum und (ferne) Ausbaupläne für das MQ.

Ein Museum? Das sind nicht nur die schönen Säle mit Bildern an der Wand und einem stummen Aufseher in der Ecke. Kunstraum, das ist alles davor, darunter, darüber. Im Museumsquartier, Paradeexemplar eines Kulturraums, sind es die Lokale, die Shops, die Freiflächen in den Höfen, bald (3. November!) die Glühweinstände – und der Dachboden. Dieser ist, zumindest im Bereich über den ehemaligen Hofstallungen, bis zum 20. November zugänglich (siehe Info).

Künstler Austrofred führt da, quasi als unsichtbarer Guide, durch die „Invisible Show“. Er erzählt einem via Kopfhörer, während man erst einmal die Stufen hinauf, dann durch schwere Eisentüren und über eine Art hölzernen Laufsteg durch den Dachboden geht, vom Leben im Museum. Von den alten Meistern und Thomas Bernhards Überlegungen dazu (die ideale Temperatur zum Denken, das seien 18 Grad, hier unter dem Dach ist es ein bisschen frischer). Er führt vorbei an Grünpflanzen im Museum, zieht Parallelen zwischen Museumsquartier und New Yorker Highline: Dort ein Park auf einer aufgelassenen Zugtrasse, hier ein Museumsquartier über U-Bahnen, das passe gut zusammen, so Austrofred.

Weiter geht es in einen Raum, in dem, wie auf einem Seziertisch unter Neonlicht, Plastiksackerln von Museen aufgelegt sind – dass diese so gern durchsichtig sind, das sei wohl kein Zufall. Überhaupt erzählt der Austrofred, hier in der Rolle des Aufsehers, von seinen Beobachtungen: dass der Aufseher stets für Besucher unsichtbar sei. Oder was es alles zu sehen gebe: „Der Hof vom Museumsquartier! Da könnte ich ewig sitzen, da zahlst du nichts, aber da hast du immer etwas zu sehn. Von Verliebten bis zu Streits bis aufs Blut um die letzten Möbel. Das Berliner Kulturforum im Vergleich – Auweh!“

Kulturareale wie diese werden von einer Vielzahl an Fassaden, an Räumen, Kunstsammlungen und Handlungen belebt – in der „Invisible Show“ soll diese Mixtur erlebbar werden. Sieben Künstler waren dazu eingeladen, die unsichtbaren Bühnen in der Museumswelt abzubilden und zu inszenieren. Vitus Weh, dem Kurator der Ausstellung, sei es da vor allem um die Frage gegangen, was Menschen in Museen eigentlich tun. „Begonnen hat das alles mit einer verblüffenden Statistik: 50 Prozent der Besucher von Kulturarealen, das ist hier genau so wie in London, gehen auch in die Häuser hinein. Was machen die restlichen 50 Prozent? Offenbar gibt es da einen Mehrwert.“ Soziologen würden auf die Frage, was Menschen in Museen tun, sagen: „Sie gehen.“ In erster Linie gehen sie und denken über ihr Leben nach. Vor den Bildern verbringe man ja statistisch je nur 13 Sekunden. „Das Museum ist fast wie ein Kreuzgang, es zu besuchen hat etwas Meditatives“, sagt Weh. Und am Ende stehe im Mittelpunkt doch immer der Besucher selbst.

Wo das MQ (noch) einsam leer ist

Der alte Dachboden sei für ihn also ein idealer Ort, diesem Verhältnis zwischen dem Besucher und der Kunst nachzugehen. „Ich gehe über die Stiegen, auf dieser Stegstruktur durch einen unbekannten Raum, man ist auf sich zurückgeworfen, spürt sich sehr körperlich.“ Für Besucher ist es eine seltene Gelegenheiten, den ansonsten unzugänglichen Dachboden zu sehen.

Er wurde zum ersten Mal vor zwei Jahren künstlerisch bespielt, ebenfalls von Austrofred, der dort „The Making of Austria“, eine Revue über das Image Österreichs und den „Sound of Music“ zeigte. Zuvor und dazwischen stand der Dachboden leer. Ein riesiges Areal, beste Lage, das brachliegt? „Natürlich haben wir überlegt, den Dachboden auszubauen“, sagt MQ-Direktor Strasser. Aber wenn, dann müssten zugängliche Räume entstehen, keine Wohnungen oder Büros. Diese Überlegungen sind bisher am Finanziellen gescheitert. Zuerst, so Strasser, gehe es jetzt um die Libelle, den Aufbau auf dem Leopold-Museum, dann könne man über die nächsten Erweiterungen nachdenken.

AUF EINEN BLICK

Im Dachboden des Museumsquartiers findet bis zum 20. November 2016 täglich von 17 bis 19 Uhr „The Invisible Show“ statt. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung aufgrund begrenzter Teilnehmerzahl erforderlich (office@mqw.at, werktags ab 15 Uhr). Die Führung dauert ca. 40 Minuten, Künstler Austrofred führt als Audioguide über Kopfhörer durch die Ausstellung, die von Vitus Weh kuratiert wurde. Zugang zum Dachboden: Stiege eins im Hof 7/Staatsratshof, Einfahrt Volkstheater, Museumsplatz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2016)

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