"Für Frauen zählt, dass sie etwas bewirken"

Susanne Höllinger
Susanne Höllinger(c) Erste Bank
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Susanne Höllinger, Chefin des "Private Banking" der Erste Bank, hofft auf eine echte Gleichstellung der Geschlechter.

Ist die Diskussion um den „Machtfaktor Frau“ nur ein Hype oder der Beginn einer tiefgreifenden Veränderung?

Susanne Höllinger: Es wäre schön, wenn sich etwas ändern würde. Immerhin steigt das Bewusstsein, dass es gescheit ist, Männer und Frauen gleichermaßen im Team zu haben. Und ich meine wirklich gleichermaßen und nicht eine Quote von ein paar Prozent. Viele Entscheidungen im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich hätten eine andere Qualität, wenn beide Geschlechter mitwirken würden. Da wird eine riesige Chance verpasst.

Wie würde sich die Qualität der Entscheidungen ändern?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass bei Frauen eindeutig der Sicherheitsfaktor höher ist; dass Frauen anders im sozialen Umfeld agieren; dass Frauen eine höhere Mitarbeiterorientierung haben als Männer. Männer sind eher machtorientiert. Frauen bringen auch einen längerfristigen, nachhaltigeren Aspekt ein. Männer tendieren eher zu raschen Entscheidungen, die schnell Erfolg bringen. Wenn beide Faktoren da sind, kann das ein Erfolgsgeheimnis für einen Betrieb sein. Solovorstellungen der Geschlechter sind nicht gut. Ich bin nicht dafür, von der „Monokultur Mann“ zur „Monokultur Frau“ zu wechseln. Beide würden nicht überleben.

Früher musste eine Frau, die Erfolg haben wollte, männlicher sein als die Männer. Jetzt aber sind offenbar wirklich die weiblichen Eigenschaften gefragt.

Das stimmt. Für viele Frauen steht auch nicht die Position im Vordergrund, sondern dass sie etwas bewirken können. Wenn Frauen jetzt wieder so agierten wie Männer, würden sehr viele Eigenschaften verloren gehen, die dringend gebraucht werden.

In Norwegen gibt es eine Quotenregelung von 40 Prozent für Frauen in Aufsichtsräten. Bringt das etwas?

Das ist eine gesellschaftspolitische Frage. Ich bin prinzipiell dafür, dass die Qualifikation den Posten bestimmen soll, nicht das Geschlecht. Wenn allerdings lauter Männer über diese Qualifikation entscheiden, ist die Gefahr sehr groß, dass wieder nur Männer dort landen. Insofern bin ich zerrissen. Mir fehlt in vielen Unternehmen die weibliche Qualifikation.

Die Frauen werden ja auch als größter „Zukunftsmarkt“ gesehen. Teilen Sie die These vom Konsummotor Frau?

Absolut. Aber sehen Sie sich doch die Statistiken an, bei uns, in Deutschland, in der Schweiz: Es gibt deutlich mehr Maturantinnen als Maturanten, deutlich mehr Studienanfängerinnen und -absolventinnen als Absolventen. Und in den Top-Positionen sitzen 70 bis 80 Prozent Männer. Wie viele Uni-Rektorinnen haben wir? Eine. Es gibt deutlich mehr Juristinnen als Juristen. Aber wer sitzt im Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof? Und wir haben teilweise noch immer 30 Prozent Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen in Österreich.

Wird das 21. Jahrhundert das Jahrhundert der Frauen?

Ich würde mir wirklich wünschen, dass es endlich das Jahrhundert einer echten Gleichstellung zwischen Mann und Frau wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2009)

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