Sonntagsgespräch mit Christian Mikunda

Christian Mikunda
Christian Mikunda(c) Mikunda
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Der Entertainmentexperte Christian Mikunda über die netten Geschwister der 7 Todsünden, Dieter Bohlen und die Kraft der Inszenierung.

Die Botschaft klingt bestechend einfach: „Alles ist interessant“, sagt Christian Mikunda. Und auch wenn er diesen, seinen Leitsatz nicht verraten hätte – man hätte ihn erraten. Denn dass Mikunda an vielen (um nicht zu sagen: allen) Dingen Interesse hat, merkt man rasch.

Der eher klein gewachsene Mann mit den wuscheligen, grauen Haaren scheint zu jedem Stichwort, das man ihm hinwirft, eine Palette von Geschichten in petto zu haben. Er kennt sich aus mit Hotels und Restaurants, mit den neuesten Vergnügungstrends von Tokio bis Rio de Janeiro und schließlich auch mit Politikern. Obwohl er sich von denen noch am ehesten fernhält oder wie er es formuliert, „nicht vereinnahmen“ lässt.

Das Erstaunliche: Christian Mikunda kann, wie er selbst sagt, von allem und allen etwas lernen. „Dieter Bohlen war mein Lehrer“ – das ist einer dieser Sätze, die er im Gespräch mit Rainer Nowak, dem redaktionellen Leiter der „Presse am Sonntag“, am Sonntagvormittag im Café Prückel loslässt, bei dem nicht nur seine vielen anwesenden Exstudenten skeptisch innehalten. Bohlen – und lernen? Er habe ihm zugehört, erzählt Mikunda weiter, damals, als der Juror von „Deutschland sucht den Superstar“ den Kandidaten Mark Medlock so favorisierte. „Er hat ihn immer wieder für seine ,Powertöne‘ gelobt“. Und auch Medlocks ärmellose T-Shirts, sogenannte „Muscle-Shirts“ hätten ihn an die „Power“ erinnert. Diese „Kraft“ hat sich Mikunda unter anderem in seinem neuen Buch „Warum wir uns Gefühle kaufen“, das im Oktober erscheint und für das er nun auch Werbung macht, genauer angesehen.
Der Entertainmentexperte und Mediendramaturg, der Autohäuser und Städte (wie derzeit Wels) berät, Shopping Malls entwickelt und sich auch am Sonntag vor Publikum nicht scheut, eine beinahe kindliche Begeisterung für skurrile Phänomene zu zeigen, die er auf seinen Reisen mit Sohn Julian und Frau Denise entdeckt, hat eine Theorie. Er ist der Meinung, dass die sieben Todsünden im Heute eine positive Entsprechung hätten. Die Evolution würde den niederen Gefühlen einen Katalog hoher Gefühle gegenüberstellen. Gefühle, die genauso mitreißend sein können, aber keine zerstörerischen Nebenwirkungen haben.

Zu diesen „sieben Hochgefühlen“ gehören etwa: „Joy“ (Freude), die den Ursprung in der Völlerei habe; „Glory“ (Ehre) komme von Hochmut, „Power“ (Kraft) von Zorn und „Chill“ (Entspannen) sei mit der Trägheit verwandt. „Deshalb sind zum Beispiel die Enzis so beliebt, obwohl sie so unbequem und hart sind: weil man automatisch die Füße hochlegt.“ Und entspannt.

Abseits dieser sieben Theorien glaubt der erklärte Wien-Fan Mikunda, der Hotels „mit Überraschungen“ wie die Hollmann Beletage und das Sacher für gelungen hält, nach wie vor an die Macht der Inszenierung. Wo die ihre Grenzen hat, fragt ein Gast. „Meistens beim Budget“, antwortet Mikunda und lacht. Sicher nicht im Privaten. „Denn schon wenn wir einen Tisch für jemanden decken, den wir mögen, inszenieren wir.“ Viele Menschen würden Inszenierung mit Lüge gleichsetzen. „Aber Inszenierung bedeutet eigentlich nur, etwas so gut wie möglich zu machen.“

Auf einen Blick

„Die Presse“ lädt jeden letzten Sonntag im Monat interessante und bekannte Persönlichkeiten zur „Sonntagsrede“ in ein Wiener Café, diesmal ins Café Prückel. Bei freiem Eintritt und Gratiskaffee können Gäste dem „öffentlichen Interview“ folgen und Fragen stellen.

Auf dem Podium saß diesmal der Experte für Erlebnismarketing, Christian Mikunda. Er sprach über die Theorie zu den sieben Hochgefühlen, von dem auch sein neues Buch handelt, das im Oktober erscheint: „Warum wir uns Gefühle kaufen“ (Ecowin Verlag,
272 Seiten, 37,10 Euro).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2009)

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