Verhaftung: Krimi um Roman Polanski

(c) Reuters (Ina Fassbender)
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Der Regisseur will gegen eine Auslieferung an die USA kämpfen. Polen und Frankreich sind ihm behilflich – und hoffen auf Barack Obama.

Es klingt wie aus einem schlechten Film. Jack Nicholson überlässt seinem Freund Roman Polanski seine Villa in L.A., wo der Pole für die französische „Vogue“ Fotos schießen will. Als Model posiert die 13-jährige Samantha Geimer, als Location soll Nicholsons Whirlpool herhalten. Dazu kommen Drinks, Drogen – am Ende steht ein Prozess wegen Vergewaltigung.

Polanski gesteht – und flieht, weil er fürchtet, dass die Gefängnisstrafe höher ausfallen könnte als vereinbart. Das war 1978. Jetzt hat Polanski seine filmreife Vergangenheit endgültig eingeholt.

Wie berichtet, wurde der Regisseur am Samstag bei der Einreise in die Schweiz festgenommen, wo er beim Zurich Film Festival einen Preis für sein Lebenswerk entgegennehmen sollte. Offenbar war die Verhaftung minutiös geplant gewesen. Wie die „Los Angeles Times“ berichtet, hatte das Bezirksgericht L.A. letzte Woche mittels Eigenrecherche im Internet von den Reiseplänen des Polen mit französischer Staatsbürgerschaft erfahren. Und das US-Justizministerium um Hilfe gebeten, das sich wiederum mit einem provisorischen Haftbefehl an sein Schweizer Pendant wendete. Bereits zwei Mal sollen die USA so versucht haben, Polanskis habhaft zu werden. „Aber am Schluss bekam er jeweils Wind von der Sache und reiste nicht“, so die Sprecherin des Gerichts in Los Angeles.


Dieses Mal ist es gelungen. Seither sitzt Polanski in der Schweiz in Auslieferungshaft. Und will mit einem halben Dutzend Anwälten und allen rechtlichen Mitteln gegen eine Auslieferung an die USA kämpfen. Viele sind dabei auf seiner Seite. Die Schweizer Filmszene zeigte sich „entsetzt“, Künstler wie Monica Bellucci unterzeichneten eine Petition, und auch die Vereinigten Bühnen Wien, die im Ronacher derzeit Polanskis „Tanz der Vampire“ zeigen, hoffen auf ein rasches Ende der Causa. Warum Polanski übrigens nicht schon vor zwei Wochen bei der Premiere des Musicals in Wien verhaftet wurde, erklärt das Justizministerium damit, dass „Fragen offen“ gewesen seien. Die Staatsanwaltschaft Wien erklärt, es habe kein Auslieferungsersuchen gegeben.


Durchaus für Polanski spricht auch sein Opfer, Samantha Geimer. Bereits 2003, als diskutiert wurde, ob Polanski den Regie-Oscar erhalten dürfe (den er dann bekam), schrieb sie, sie wäre froh, wenn er endlich kein Flüchtling mehr wäre und frei reisen könnte. Auch Polen und Frankreich sind dabei, sich für eine Freilassung einzusetzen. Über einen Brief der Außenminister Radoslaw Sikorski und Bernard Kouchner an US-Kollegin Hillary Clinton, hieß es gestern, werde gerade abgestimmt. Die Bitte: Barack Obama möge die Anwendung des Begnadigungsrechts erwägen. Kommentar, Seite 31

ZUR PERSON

Roman Polanski (geb. 1933), Regisseur, französischer Staatsbürger, Oscar-Gewinner. Berühmt wurden Filme wie „Chinatown“, „Rosemary's Baby“. Sein Musical „Tanz der Vampire“ läuft in Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2009)

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