Amerikanisches Idyll: Bomben aufs traute Heim

Ewan McGregor and Jennifer Connelly during the photocall of the film American Pastoral in the 64th S
Ewan McGregor and Jennifer Connelly during the photocall of the film American Pastoral in the 64th Simago/CordonPress
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In Ewan McGregors Regiedebüt „Amerikanisches Idyll“ spielt Jennifer Connelly eine Mutter, die ihre Tochter während der Unruhen in New York Ende der 60er-Jahre an eine radikale Terrorgruppe verliert.

Der Papa Athlet und erfolgreicher Unternehmer, die Mama ehemalige Schönheitskönigin – das Wunschkind stotternd, unsicher, überfordert. Philip Roths Roman „Amerikanisches Idyll“, verfilmt von Ewan McGregor mit sich selbst in der Hauptrolle, dreht sich um eine Familie, deren Traum von der heilen Welt in einem düsteren Albtraum mündet: Die heranwachsende Tochter (Dakota Fanning) schließt sich Ende der 60er-Jahre während der Unruhen in New York einer radikalen Terrorgruppe an. Jennifer Connelly spielt die gequälte Mutter mit schmerzlicher Hingabe.

In „Amerikanisches Idyll“ spielen Sie eine Mutter, die ihr verlorenes Kind irgendwann aufgibt und loslässt – im Gegensatz zu ihrem Mann, der bis zum Schluss nach ihr sucht.

Jennifer Connelly: Mein Filmcharakter Dawn ist eine wirklich tragische Figur: Auch sie bemüht sich jahrelang verzweifelt um ihre Tochter, sie hatte ja immer schon ein schwieriges Verhältnis zu ihr. Irgendwann kann sie einfach nicht mehr und zieht ganz brutal einen Schlussstrich – nur, um irgendwie überleben zu können. Für mich ist das kein Zeichen von Egoismus, sondern es zeigt, wie sehr sie ihre Tochter eigentlich geliebt hat. Ohne sie kann sie nicht mehr als die weiterleben, die sie war.

Für Dawns Transformation mussten Sie sich ja auch einigen recht schmerzhaften Prozeduren unterziehen.

Ja, Dawn lässt sich ein Facelifting machen. Dafür hat man mir beim Dreh das Gesicht mit den Haaren zurückgezogen. Das war ein wenig unangenehm. Aber auch sehr spannend: Mein Haarstylist und meine Make-up-Expertin haben da einige ganz tolle Tricks auf Lager, wie man jemanden ohne dauerhafte Eingriffe oder digitale Nachbearbeitung komplett anders aussehen lassen kann.

Ihre Filmfigur ist eine starke, selbstbewusste Frau, die dagegen ankämpft, nur auf ihr schönes Äußeres reduziert zu werden. Kennen Sie das aus Ihrem Leben auch?

Eigentlich ist das nicht meine Erfahrung, nein. Ich bin aber auch unter völlig anderen Voraussetzungen aufgewachsen, in einer anderen Zeit. Mein Selbstwertgefühl hängt nicht vordringlich mit meinem Aussehen zusammen, für mich sind andere Sachen viel wichtiger: Bildung, Familie, Reisen, neue Erfahrungen, kreativer Ausdruck – das alles macht mich zu der, die ich bin.

Ein Thema von „Amerikanisches Idyll“ ist, wie sich Jugendliche, die sich unverstanden fühlen, radikalisieren lassen. Zu der Zeit, als der Roman entstand, war der IS noch kein Thema – die Parallelen sind aber da.

Ja, die Bilder, die der Roman heraufbeschwört, und die, die man heute in den Nachrichten sieht, ähneln einander teilweise sehr. Und wir diskutieren heute noch über dieselben Fragen. Wie geht man mit Vorurteilen um, wie lernt man, die Welt differenziert zu sehen, wie schaffen wir es, unsere Kinder zu selbstständigen Menschen, aber nicht zu unseren Gegnern zu machen?

Wie geht es Ihnen damit? Sie haben selbst Kinder im Alter von 5, 13 und 19 Jahren.

Man muss sich immer einer Tatsache bewusst bleiben: Eltern machen Fehler. Wie jeder Mensch. Ich versuche, meinen Kindern immer zu vermitteln, dass wir darüber reden können. Kommunikation ist der Schlüssel zu jeder funktionierenden Beziehung.

Und wie gehen Ihre Kinder mit der Tatsache um, dass die Eltern Hollywood-Stars sind?

Wir leben, wenn wir nicht drehen, ein sehr „normales“ Familienleben – aber die Kids merken natürlich schon, dass da irgendetwas an unseren Jobs anders ist als bei anderen. Wenn uns irgendwelche Leute auf der Straße fotografieren wollen zum Beispiel. Aber für sie selbst scheint das keine besondere Bedeutung zu haben. Manchmal ist es ihnen sogar peinlich. Mein Ältester geht schon auf die Uni, und da wurde im Rahmen einer Vorlesung der Film „Haus aus Sand und Nebel“ gezeigt, in dem ich eine Alkoholikerin spiele. Und die Diskussion nach dem Film war für ihn dann natürlich schon etwas unangenehm. Er hat nur gemeint: „Reden wir einfach nicht darüber, ok?“ (lacht)

Wie sehr hat eigentlich der Oscar für „A Beautiful Mind“ Ihr Leben verändert?

Der ganze Film hat mein Leben verändert, nicht nur die Auszeichnung. Ich habe ja nie damit gerechnet, die Rolle zu bekommen und mit so großen Stars zu arbeiten wie Russell Crowe und Regisseur Ron Howard. Und ich habe am Set meinen Ehemann kennengelernt! Das war wirklich eine der besten Erfahrungen meines Lebens.

Steckbrief

Jennifer Connellywurde 1970 in New York geboren. Sie war zunächst Kindermodel und begann ihre Karriere mit dem Gangsterepos „Es war einmal in Amerika“. Ihren Durchbruch schaffte sie als Marion Silver in Darren Aronofskys „Requiem for a Dream“.

Auszeichnungen
für ihre Rolle der Alicia Nash in Ron Howards „A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn“ (2001) gewann sie die Filmpreise Golden Globe und den Oscar als beste Nebendarstellerin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2016)

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