Facebook und veganer Sex: Bülent Ceylans One-Man-Show

Bülent Ceylan
Bülent Ceylan(c) Stanislav Jenis
  • Drucken

In seinem Programm „Kronk“ zählt der Deutschtürke auf, was alles an der Gesellschaft krank ist. Und worauf Österreicher besonders großen Wert legen.

Er ist so etwas wie der Rockstar unter den deutschsprachigen Kabarettisten. Und damit kokettiert er auch auf und abseits der Bühne. Er sieht aus und redet wie ein Rockstar, kleidet und benimmt sich wie einer, und auf Tourneen reist er auch so – stilecht mit einem „Truck voller Technik“, wie er sagt. Dem Zuschauer müsse man schließlich ein bisschen was bieten – in seinem Fall ist das eine spektakuläre Pyrotechnik, Leinwände für Einspielungen und eine ziemlich aufwendige Lichtshow.

„Es ist schon eine Rock'n'Roll-Produktion für eine One-Man-Show“, meint Bülent Ceylan. „Allerdings im Kleinformat, denn das Wichtigste ist immer noch das, was der Mann auf der Bühne von sich gibt.“ Letztlich komme es in jeder Show auf die Authentizität an. „Wenn du nicht glaubwürdig bist, hast du schon verloren“, sagt der 40-jährige Deutschtürke, der seinen kulturellen Hintergrund nicht mit dem Holzhammer wie etwa ein Kaya Yanar und Django Asül, sondern beiläufig und subtil in seine Programme einbaut, weswegen er in der türkischen Community hohes Ansehen genießt.

Charme und Dialekte

Das österreichische Publikum, erzählt der in Mannheim geborene Komiker, lege besonders großen Wert auf „Charme und Wärme“. Künstler, die abgehoben wirken, hätten keine Chance, „daher sage ich bei jedem Auftritt, wie dankbar ich bin, hier spielen zu dürfen“. Dazu gehöre auch, österreichische Dialekte nachzuahmen. Zwar gelinge ihm das nicht immer – „dann rät man mir höflich, ich solle noch etwas üben – aber dass ich es überhaupt probiere, kommt sehr gut an“.

Daher werde der Wiener Dialekt auch in sein neues Programm „Kronk“ Einzug halten, das er im Jänner in der Wiener Stadthalle präsentieren wird und das soeben auf DVD (Sony) erschienen ist. „Da werden Krankheiten abgeklopft wie die aktuell sich immer weiter ausbreitenden fremdenfeindlichen Seuchen, und es wird dem ein oder anderen Großmaul der Lügenbeutel entfernt“, sagt Ceylan. „Es geht einfach darum, wie krank die Welt geworden ist – von der politischen Situation bis hin zu Facebook und dem ständigen Abfragen der E-Mails.“

Seine mittlerweile legendären Figuren wie Harald, Hasan, Anneliese und Mompfreed lässt Ceylan dann Fragen stellen wie: „Seid ihr früher auch 30-, 40-mal zum Postkasten gegangen, um zu sehen, ob ihr einen Brief bekommen habt?“ Oder (nachdem er eine Veganerin kennenlernt): „Wie funktioniert eigentlich veganer Sex: Darf man dabei nicht tierisch abgehen?“ Auch die Flüchtlinge kommen zur Sprache, wenn sich Ceylan bei den Österreichern dafür bedankt, dass sie so nett zu ihnen waren: „Ihr habt für sie extra Pfeile aufgebaut, die nach Deutschland zeigen.“ Als politisches Programm will er „Kronk“ trotz der vielen gesellschaftskritischen Elemente nicht verstehen. „Obwohl ich immer mehr Haltung zeige“, sagt Ceylan.

Das will er auch in seinem neuen Film „Verpiss dich, Schneewittchen“ machen, der im Herbst 2017 ins Kino kommt. Er spielt darin Sammy, der im Hamam seiner Schwester arbeitet, aber eigentlich Musiker werden will und bei einer Casting-Show auftritt. „Der Film bietet nicht nur Klamauk, sondern erzählt eine emotionale Geschichte mit ernsten Tönen“, sagt Ceylan, der auch bei seiner Bambi-Dankesrede vor zwei Wochen deutliche Worte fand: „Wir dürfen uns von diesen Scheißterroristen niemals das Lachen nehmen lassen und auch nicht die Lust auf solche Veranstaltungen hier.“

ZUR PERSON

Stand-up-Comedy. Bülent Ceylan wurde 1976 als Sohn eines Türken und einer Deutschen in Mannheim geboren und ist einer der erfolgreichsten Kabarettisten Deutschlands. Sein Programm „Kronk“ stellt er im Jänner in Wien (27.), Graz (26.), Linz (28.) und Salzburg (29.) vor, die DVD ist soeben erschienen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.