Ulla Konrad: „Auch eine Form von Rendite“

Ulla Konrad hilft mit Concordia Kindern in Osteuropa. Seit heuer betreibt die Organisation auch ein Lern- und Familienzentrum in Wien.
Ulla Konrad hilft mit Concordia Kindern in Osteuropa. Seit heuer betreibt die Organisation auch ein Lern- und Familienzentrum in Wien.(c) Clemens Fabry
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Kindern Sicherheit zu geben sei immer ihr Wunsch gewesen, sagt Ulla Konrad. Morgen feiert sie mit der Organisation Concordia 25-Jahr-Jubiläum.

Schon als Kind, sagt Ulla Konrad, habe es da dieses Bild in ihrem Kopf gegeben: „Die Vorstellung, dass Kinder anders sind, etwas eigenes. Das wollte ich mir immer bewahren.“ Nicht zufällig ist sie ausgebildete Kindergärtnerin. „Weil eine Kindergärtnerin inmitten der Kinder steht. Ich bin keine Lehrerin, die vorn steht und unterrichtet, das liegt mir nicht.“ Dieses Mitten-unter-den-Kindern-Sein, das habe sie auch an der Organisation Concordia fasziniert.

Deren Gründer, Jesuitenpater Georg Sporschill, hatte die heutige Geschäftsführerin von Concordia kennengelernt, als sie selbst noch als Psychologin mit Krebspatienten im Krankenhaus arbeitete. 1991 war Sporschill im Auftrag des Jesuitenordens nach Bukarest gegangen, um sich dort nach dem Fall der Mauer um die Kinder zu kümmern, die auf den Straßen und in den Kanalsystemen lebten. Heute ist Concordia mit Projekten und bis zu 600 Mitarbeitern nicht nur in Rumänien, sondern auch in Bulgarien und Moldau aktiv. 2011 zog sich Sporschill aus der groß gewordenen Organisation zurück.

Ehrlicherweise, sagt Konrad, habe man mit dem Weggang von Sporschill auch einen Einbruch der Spenden verkraften müssen. „Ich würde sagen, jetzt sind wir wieder stabil.“ Österreichs Spender seien großzügig, wovon es mehr geben könnte, sei philanthropisches Engagement. „Wenn man vielleicht, statt die dritte Wohnung zu kaufen, eine Ausbildungsklasse von Bäckern unterstützt, die dann stolz hinausgehen und ihr Leben meistern können – das ist auch eine Rendite, die es gibt.“

„Hinschauen zu Hause gelernt“

Ihre eigene Aufgabe sieht sie darin, für Kinder, die in unglaublicher Armut aufwachsen, verstärkt auch durch Prävention „gute Lebenswelten zu schaffen“. Auch die Kooperation mit anderen Organisationen will Konrad stärken, neue Ansätze verfolgen. So hat Concordia in Rumänien einen Chor nach dem Modell von Superar gegründet. Unlängst gaben die Kinder, Sieben- und Achtjährige, „die aus dem ganz, ganz schlimmen Viertel“ kommen, gemeinsam mit jenen von Superar und den Sängerknaben in Klosterneuburg ein Konzert. Ziemlich bewegend sei das gewesen. „Man hat an ihren Gesichtern gesehen, dass das ein Lebensereignis ist, dass sie etwas erzählen werden, dass sie das anzünden und verändern wird.“

Soziales Hinschauen, das, sagt Konrad, habe sie schon von zu Hause mitbekommen. Auch der frühe Krebstod ihres Onkels habe sie geprägt, die Erkenntnis, „dass Dinge zerbrechen können“. Aufgewachsen sei sie als durchschnittlich behütetes Mittelschichtskind. Als ihr Vater, der spätere Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad, den ersten Karrieresprung machte, war sie 16. Sie habe, sagt Ulla Konrad, bewusst immer ihre eigene Welt gehabt, „meine eigenen Freunde, die gar nicht gewusst haben, was er macht. Psychologiestudentinnen interessieren sich nicht für Bankmanager.“

Das Psychologiestudium sei freilich schon ein wenig Ausbruch aus dem familiären Umfeld gewesen, sagt sie heute. Mit 19 ging sie in die Entwicklungshilfe, nach Nigeria, „und dachte dort: Aha. Die Kinder haben Hunger. Man kriegt keinen Kaffee, obwohl er hier produziert wird.“ Ihr Interesse für Zusammenhänge – hier wurde es genährt.

Heute arbeitet Ulla Konrad mit ihrem Vater gemeinsam, er sitzt im Beirat von Concordia. „Ich bin jetzt 45, er ist über 70 – das ist eine Chance, einen Weg als Vater und Tochter gemeinsam zu gehen.“ Wie Politik funktioniert, das hat Konrad in ihren acht Jahren als Präsidentin des Berufsverbands der Psychologen gelernt. Was es heißt, wenn Kinder nicht geschützt werden, auch. Konrad saß in ziemlich allen Opferschutzkommissionen, die in den vergangenen Jahren zur Aufarbeitung von Gewalt und Missbrauch in Heimen arbeiteten.

Nicht zufällig ist, wenn morgen bei einer Matinée im Palais Ferstel mit dem Radio-Symphonieorchester das 25-Jahr-Jubiläum von Concordia gefeiert wird, neben vielen Unterstützern auch der Theologe Hans Zollner zu Gast, der in der Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen sitzt. Sie sei erschüttert, sagt Konrad, „mit welcher Brutalität da Leben nachhaltig zerstört worden sind“. Und wenn sie sagt, dass ihr allein beim Gedanken daran jedes Mal die Tränen kommen könnten, dann meint sie das auch so.

ZUR PERSON

Ulla Konrad war 2006 bis 2014 Präsidentin des Berufsverbands der Psychologen und ist seit 2012 neben Jesuitenpater Markus Inama und Hans Peter Haselsteiner im Vorstand von Concordia. Schon 2004 bis 2007 war sie als Personalentwicklerin für Concordia in Rumänien. Mit einer Matinee feiert die Organisation am Sonntag ihr 25-Jahr-Jubiläum. „Die Presse“ unterstützt sie jährlich mit einer Weihnachtsaktion. Raiffeisenbank NÖ-Wien

IBAN: AT66 3200 0012 0703 4499

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2016)

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