Der ewige Gewinner: Siegfried im Glück

Siegfried Plank nimmt sich jede Woche Zeit fürs Spielen.
Siegfried Plank nimmt sich jede Woche Zeit fürs Spielen. (c) J. J. Kucek
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Siegfried Plank war 15 Mal zu Gast bei der österreichischen Glücksshow „Money Maker“, fährt seit 55 Jahren unfall- und strafzettelfrei und hat wiederholt mehr als tausend Euro im Lotto gewonnen. Wie macht er das?

Autofahren war schon immer Teil seines Berufs. Mit dem Lkw ist Siegfried Plank vom steirischen Hatzendorf regelmäßig ins italienische Triest gefahren, um dort Holz abzuliefern – und wieder zurück. Heute ist er längst pensioniert, im Auto sitzt er nur mehr für private Fahrten, aber auf die Zeichen, auf die achtet er immer noch. Es ist stets ein Zufall, der ihn genau zum richtigen Zeitpunkt auf die Kilometeranzeige schauen lässt. Ein Blick, und er ist wie elektrisiert: „5.5.5.5.5“ steht etwa auf der Anzeige geschrieben. Und Plank weiß dann: Heute wird er spielen.

Siegfried Plank ist das, was man sprichwörtlich einen Glückspilz nennt. Er ist 76 Jahre alt, hat mehrmals Beträge um die tausend Euro im Lotto gewonnen, kann Fahrräder und Fotoapparate aus Gewinnspielen sein Eigen nennen, hat unzählige Reisen und Thermenaufenthalte lukriert und war als einziger Österreicher 15 Mal bei der ORF-Glücksspielshow „Money Maker“ zu Gast. Dort bekommt man 30 Sekunden Zeit, um in einem Windkanal Geldscheine einzusammeln. Erst im vergangenen August ist er wieder mit 9800 Euro aus der Sendung nach Hause gegangen.

Ein südsteirischer Anfang

Siegfried Plank sitzt im Weingut Bernhart, als er seine Geschichte erzählt. Seine grauen Haare sind vom Wind zeraust, in der Hand hält er einen Traubensaft, am Armgelenkt trägt er eine einfache schwarze Armbanduhr.

Plank kommt oft zum Heurigen in der Südsteiermark, der einen Panoramablick auf die Riegersburg bietet und nur wenige Minuten von seiner Heimat Hatzendorf entfernt ist. „Sehen Sie die Weinstöcke rund um die Burg?“, sagt er. „Das ist der Burgwein.“ Er kennt die Gegend nur zu gut. Plank hat seine Heimat nie für lange Zeit verlassen.

Ende Jänner 1940 kommt er auf die Welt. Ein „Kind der Liebe“, also ein uneheliches Kind, sei er gewesen, erzählt er mit einem Augenzwinkern. Es ist eine von vielen Erklärungen, die er gibt, wenn man ihn fragt, warum ausgerechnet er so viel Glück im Leben zu haben scheint.

Dabei verbringt Plank seine erste Lebenshälfte eigentlich nur mit Arbeiten. Die Mutter hat ein Restaurant und eine Landwirtschaft, der Vater ein Transportunternehmen. Plank wird nach dem Tod seiner Eltern nichts davon aufgeben. 15 Stunden arbeitet er pro Tag. Wenn die Gastwirtschaft am Abend um neun Uhr schließt, macht er sich oft einen Kaffee und fährt mit dem Lkw los. Nach Triest, nach Litauen, nach Polen. Durch ganz Europa kommt er so.

Manchmal ist er vom vielen Fahren so müde, dass er 20 Kilometer vor seiner Heimat stehenbleibt und eine halbe Stunde schlafen muss. Das ärgert ihn dann. Wann immer es geht, nimmt er eine seiner zahlreichen Freundinnen, die seinen Weg als junger Lkw-Fahrer kreuzen, mit. Sie schlafen hinten in der Schlafkabine, wenn er fährt.

„Einmal hat eine hinten geschlafen, und die andere hat mich aufgehalten. Da hab ich gleich gesagt: Stopp, heute geht es nicht“, erzählt er mit einem schelmischen Lächeln. Er ist damals 30 Jahre alt. Ein junger Mann, der das Leben in vollen Zügen genießt.

Plank ist 55, als ihn Fortuna das erste Mal küsst. Er gewinnt eine Million Schilling (ca. 72.000 Euro) beim Brieflosspielen. Das ist jetzt mehr als 20 Jahre her. Zum Millionär macht ihn die Brieflos-Million nicht. „Ich hab damals drei Millionen Schilling an Schulden gehabt. Weil ich ins Gasthaus, das Transportunternehmen und in die Landwirtschaft viel investiert habe“, erzählt er. Plank ist ein höflicher älterer Herr, seine Augen blitzen noch immer schelmisch hinter der Brille, wenn er von früher erzählt. Auf seiner Hand trägt er keinen Ehering. Siegfried Plank hatte zwar viele Freundinnen, aber er war nie verheiratet.

Was ist schon Glück?

War er immer schon ein Glückspilz? Er nippt an seinem Traubensaft und lässt seinen Blick nachdenklich in die Ferne schweifen. Das könne er nicht sagen. Aber irgendwie schon, wenn man Glück nicht in Geld misst. „Ich kenne eigentlich keine Krankheiten und keine schlechten Stunden im Leben.“ Nachsatz: „Bis jetzt.“

Vor zwei Jahren habe er einen Brief vom Autofahrerklub ÖAMTC bekommen. Plank fährt seit 55 Jahren sowohl unfall- als auch strafzettelfrei. „Und das, obwohl ich jedes Jahr 100.000 Kilometer gefahren bin.“

Seine Eltern hätten bei Gewinnspielen nie so oft gewonnen wie er. Allerdings haben die auch nie so viel gespielt. „Man braucht schon Zeit dafür“, sagt er. Auch seine Glückssträhne beginnt erst kurz nach der Pension. Und mit einem Fund, der ihn seine Glückssträhne in eine Zeit davor und danach einteilen lässt.

38 Hufeisen auf der Autobahn

Es ist ein Zufall, der ihn vor rund 16 Jahren auf dem Autobahnparkplatz stehen bleiben lässt. Er ist noch gar nicht weit weg von seinem Haus, er fährt eine Strecke, die er schon tausendmal gefahren ist. Plank macht auf dem Parkplatz eine Pause, und dort in der Ecke sieht er sie. Eine Kiste mit 38 Hufeisen, die jemand dort vergessen haben muss. Die Hufeisen sind schon rostig, Dreck klebt an ihnen. „Ich hab die Hufeisen gesehen und gedacht: Die kann ich nicht liegen lassen.“ Also nimmt er sie mit und fährt wenig später nach Mariazell, um sie weihen zu lassen.

Nicht, dass das seine Idee gewesen wäre. Plank hat zu dieser Zeit eine Freundin, die dem katholischen Glauben sehr zugetan ist. Sie will nach Mariazell, Plank beschließt, sie zu begleiten. „Wir waren dort drei Tage und zwei Nächte, und jeden Tag hab ich zweimal zur Kommunion müssen“, sagt er und lacht laut auf. „Am Vormittag hat sie mich bei der Hand gepackt und gesagt, wir gehen in die Messe und am Abend noch einmal.“ Plank lässt jedes einzelne Hufeisen weihen. Die Freundin ist nach dem Ausflug schnell abserviert. Aber Planks Glückssträhne fängt erst an.

Innerhalb der nächsten Jahre häufen sich seine Gewinne. Plank schafft regelmäßig den Einzug in die „Money Maker“-Show. 2016 gab es unter 1,7 Millionen Losen nur 100 Stück, die das ermöglichten. In der Show gewinnt er mehrmals höhere Beträge, einmal 12.000 Euro, einmal 13.000 Euro. Beim Lotto trägt er über die Jahre um die 50.000 Euro nach Hause. Dazu kommen Kameras, Reisen, Thermenaufenthalte, Fahrräder. Die Hufeisen sind sein ständiger Begleiter, eines hat er auch immer im Auto herumliegen. Welches, ist ihm egal. Er hat alle gern.

Stunden fürs Glücksspiel

Und Plank spielt. Während er vor der Pension noch keine Zeit gehabt hat, verbringt er jetzt seine Tage mit der Teilnahme an Gewinnspielen. Angefeuert durch frühere Erfolge („Wenn Sie einmal gewinnen, dann probieren Sie es immer wieder. Dann spielen Sie und spielen Sie und wenn man ein bisschen Glück hat, kommt es tatsächlich zurück“) füllt er im Supermarkt jedes Gewinnspiel aus, das er sieht. Er spielt jede Woche Lotto und Bingo und kauft Brieflose. Er zeigt seine Brieftasche her. Sie ist voll mit Anmeldekarten für die Brieflos-Show. „Ich mache es so, dass ich überall dabei bin. Aber ich übertreib es nicht. Wenn man gerade so viel spielt, wie man sich leisten kann, dann lebt die Chance.“

200 bis 300 Euro gibt er für seine Spiele im Monat aus. Gewinnt er, setzt er den Geldbetrag zum Teil gleich wieder ein. So wie den Inhalt des alten Glassparschweins, vollgefüllt mit Münzen, das er bei sich zu Hause gefunden hat. „Da hab ich mir gedacht, die 70 Euro, die brauch ich nicht, die hatte ich vorher nicht, also kann ich sie auch gleich wieder setzen.“

Er achtet auf Zahlen

Und Plank glaubt an Glückszahlen. Wenn sein Blick beim Autofahren zufällig auf den Kilometeranzeiger fällt und die Zahlen alle gleich sind – etwa lauter Fünfer – dann setzt er beim Lotto auf 5, 15, 35, 25 und 45. Er spürt das Glück nicht in der Früh beim Aufwachen, er sieht es als Zeichen am Tag. Vierblättrige Kleeblätter und Glücksschweine sammelt er. Das Glasschwein mit den Schilling-Münzen hat er etwa nicht zerschlagen, er schüttelte jede Münze – weil das Schwein kein Schloss hat – beim Einwurfschlitz wieder heraus. Die Hufeisen greift er meistens vor einem Spiel an. Abergläubisch nennt er sich aber nicht. Schon allein wegen der schwarzen Glückskatze, die er vor sechs Jahren gefunden hat. „Man sagt immer: Wenn einem eine schwarze Katze über den Weg läuft, dann bringt das Unglück, aber mir hat sie eher Glück gebracht.“ Er findet das Tier genau dort, wo er schon die Hufeisen gefunden hat. Auf dem Autobahnparkplatz. Die Katze ist sein liebstes Tier und lässt sich von Fremden gar nicht streicheln.

Die Eisen aber helfen, wenn es wirklich um etwas geht. So wie vor zwei Jahren, als er bei „Money Maker“ angerufen hat, um dort eine Philharmoniker-Münze (im Wert von circa 1000 Euro) zu gewinnen. Für das Spiel werden in einem Quadrat die Zahlen von eins bis neun aufgezeichnet und verdeckt, unter drei Feldern befindet sich anstatt einer Zahl das Symbol der Philharmoniker-Münze. Wer beim letzten Zug das Philharmoniker-Symbol aufdeckt, der gewinnt die Münze.

„Ich habe mir vor dem Anruf drei Hufeisen hergerichtet und senkrecht vor mir aufgelegt.“ Plank will an diesem Tag die Zahlen 2, 5, 8 wählen. Die Zahlen stehen in dem Quadrat untereinander – so wie die drei Hufeisen, die vor ihm liegen. Und wirklich. Die Philharmoniker-Symbole sind an diesem Tag unter den Zahlen 2, 5, 8 versteckt. Plank darf sich mit einer Münze verabschieden. „Wenn ich das jemandem erzähle, der glaubt, ich spinn.“

Aber so verrückt klingt er für viele nicht. Seit seine Geschichte öffentlich geworden ist, bekommt er Zuschriften aus ganz Österreich. „Bitte, darf ich ein Hufeisen haben“, schreiben die Leute. Mehr als 20 hat er tatsächlich schon verschenkt. „Ich habe nie das Gefühl gehabt, ich will sie allein behalten.“

Er verschenkt ein paar Hufeisen

Die Hufeisen, ist er überzeugt, die helfen auch anderen. Er erzählt von einer glücklosen Künstlerin, die 14 Tage, nachdem er ihr das Hufeisen geschenkt hat, auf einmal drei Bilder verkaufte. Oder von dem Freund, der kurz nach der Hufeisenübergabe bei einem Preisausschreiben einen Mercedes für ein Wochenende gewonnen hat.

Und sie sind nicht die einzigen. Auch die Nachbarn kommen immer wieder zu ihm und bitten ihn, für sie Lotto zu spielen oder ein Brieflos zu kaufen. Manchmal gewinnt er auch. Allerdings nur kleine Beträge.

Eine Erklärung, warum so viele Dinge bei ihm klappen und bei anderen nicht, hat er nicht. Oder er kann es nicht in Worte fassen. „Menschen wie Siegfried Plank glauben nicht nur daran, dass sie gewinnen, sie wissen es einfach“, erzählte „Money Maker“-Moderator Alexander Rüdiger einmal im Interview mit der „Presse am Sonntag“.

Rüdiger hat Menschen wie Plank oft genug bei sich in der Show gesehen. Es gäbe Kandidaten, die kommen immer und immer wieder. Diese Menschen würden mit ihrer Energie an Dinge einfach ganz anders herangehen. „Siegfried Plank ist einer der am positivsten denkenden Menschen, die ich kenne“, sagt Rüdiger.

Die Tochter, die ihn nicht sehen will

Glück erlernen, sagt Plank, könne man jedenfalls nicht. Entweder es ist einem im Leben gegeben oder nicht. „Und anscheinend ist es mir gegeben.“ Zumindest beim Glücksspiel.

Denn nicht alles lief im Leben von Siegfried Plank glatt. Seine 46-jährige Tochter aus einer früheren Beziehung mit einer Kellnerin hat er nicht mehr gesehen, seit sie 16 Jahre alt ist. Von der Geburt seines Enkelsohnes weiß er nur vom Hörensagen. Warum die Tochter ihn nicht sehen will, kann er sich nicht ganz erklären. „Vielleicht hab ich sie einmal beleidigt“, mutmaßt er. Er sei halt viel mit dem Lkw unterwegs gewesen, hätte nie Zeit gehabt. Und ja, durch die vielen Freundinnen, hätte er halt auch das Lügen ein bisschen gelernt. Aber das sei früher gewesen. „Jetzt bin ich alt und ruhig.“

Wenn auch nicht reich. Im Verhältnis zu den großen Lottomillionären habe er ja nur immer wieder kleine Beträge nach Hause getragen. Aber mehrere Hunderttausend werden es wohl insgesamt schon gewesen sein. Einen Teil der Gewinne spendet er, weil „geizig sein, das macht nicht glücklich“.

Auch mir gibt er an diesem Tag ein Hufeisen in die Hand. Und nimmt mir das Versprechen ab, jede Woche zumindest einmal Lotto zu spielen. Und dann sagt er den für ihn wohl wichtigsten Satz: „Daran glauben müssen Sie.“

Zu glauben aufgehört hat er nämlich nie. Auch er hat noch Ziele. Einmal möchte er noch einen größeren Betrag im Lotto gewinnen. Nicht die Millionen, „aber 100.000 Euro“, das würde ihm gefallen. Auch wenn er das Geld nicht brauche. Was er denn damit machen würde? Er überlegt. Seiner Tochter würde er etwas schenken oder seinem Enkel, den er noch nie gesehen hat. Außerdem etwas spenden und reisen, sagt er. Wohin ihn sein Glück halt treiben wird.

Gewinner

Spiel. 15 Mal war Siegfried Plank bei „Money Maker“ zu Gast. Die Show gehört zu den erfolgreichsten Spieleshows des ORF. Wer daran teilnimmt, darf sich für im Schnitt 30 Sekunden in einen Windkanal stellen, in dem Geld herumgeblasen wird. Der Teilnehmer muss so viel Geld wie möglich in seine Taschen stopfen. Um an der Show teilzunehmen, braucht es ein Rubbellos, in dem drei ORF-Symbole zu finden sind. 2016 gab es unter 1,7 Losen nur 100 davon. Wer drei Lose mit zwei Symbolen hat, kann auch zu den Teilnehmern gehören.

Zeit. Siegfried Plank verwendet mehrere Stunden wöchentlich für seine Gewinnspiele und investiert Teile der Gewinnsummen wieder.

Glücksbringer. 38 Pferdehufeisen hat Plank auf einer Autobahn gefunden – und sie in Mariazell weihen lassen. Sie sind seine Glücksbringer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2017)

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