Mozarttöne in Wien-Favoriten: Chorleiter mit Nachwuchssorgen

Im 10. Bezirk probt Peter Lang mit dem Mozart-Knabenchor das Requiem in d-Moll.
Im 10. Bezirk probt Peter Lang mit dem Mozart-Knabenchor das Requiem in d-Moll.(c) Stanislav Jenis
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Am 27. Jänner wäre Mozart 261 Jahre alt geworden. Mit seinem Mozart-Knabenchor probt Peter Lang für das jährliche Geburtstagskonzert.

„Eigentlich“, sagt Peter Lang, „macht es überhaupt keinen Unterschied, ob du mit Kindern oder Erwachsenen singst.“ Die jüngsten Mitglieder seines Mozart-Knabenchors sind erst sieben Jahre alt. Im Sitzen erreichen sie mit ihren Füßen kaum den Boden, trotzdem schmettern sie das „Agnus Dei“ aus Mozarts „Requiem“, als wären sie nicht nur des (Noten-)Lesens, sondern auch der lateinischen Sprache seit Jahren mächtig.

Mitten in Wien-Favoriten treffen sie sich zweimal pro Woche zur Probe. Zu Beginn geht Chorleiter Lang die Anwesenheitsliste durch. „Wir sind kein Internat wie die Sängerknaben“, sagt er. „Darum muss man immer schauen, wer da ist und wer nicht.“

Wäre es nach seinem Vater gegangen, hätte der gebürtige Salzburger Lang selbst ein Wiener Sängerknabe werden sollen. Die Vorstellung, im Internat wohnen zu müssen, begeisterte jedoch weder ihn noch seine Mutter.

„Ich habe aber schnell gemerkt, dass Musik mein Schicksal ist, und habe Geige und Klavier gelernt“, erzählt Lang. Sein Vater war Aufnahmeleiter beim ORF. „Darum bin ich gewissermaßen im Musikvereinssaal aufgewachsen und habe alle Bekanntheiten des Klassikbetriebs kennengelernt.“ Jahre später sollte er dann tatsächlich bei den Sängerknaben anfangen – als Kapellmeister für die Volksschule. „Nachdem ich Musik- und Instrumentalerziehung studiert hatte, wurde mir der Job angeboten“, erzählt Lang. „Da konnte ich dann das schlechte Gewissen meinem Vater gegenüber kaschieren.“ Nach drei Jahren wechselte er ans Konservatorium, wo er blieb, bis er im Jahr 1994 erfuhr, dass der Mozart-Knabenchor einen künstlerischen Leiter suchte.

Vom Knabenchor an die Oper

„Damals war der Chor fast nicht mehr existent“, sagt Lang. „Ich habe dann praktisch einen neuen Chor aufgebaut.“ Wann immer ihm ein talentiertes Kind auffiel, sprach er es an, ob es nicht Lust habe, in einem Chor zu singen. Nicht selten trafen zwar die begeisterteren Eltern die Entscheidung, dennoch sind einige seiner ehemaligen Schüler heute gefragte Sänger an Europas Opernhäusern.

An der Wand von Langs Büro in der Leebgasse hängen alte Fotos. Lang zeigt auf den einen oder anderen jungen Mann und erzählt voller Stolz, wo der heute ein Engagement hat. Die ältesten seiner Chorknaben sind 21 Jahre alt. Der Stimmbruch soll sie Langs Ansicht nach nicht vom Singen abhalten. „Man muss die Burschen darüber hinwegtragen“, meint er. Auch sein eigener Sohn hat lang im Chor mitgesungen und springt heute noch als Solist ein. Die beiden Töchter arbeiten im Büro und kümmern sich um organisatorische Aufgaben. Gewissermaßen ist der Mozart-Knabenchor ein Familienprojekt. Nachwuchssorgen hat Lang trotzdem. Gerade in Wien würden sich nur noch wenige Burschen finden, die in einem Chor singen wollen. „Wir sind weniger elitär als die Sängerknaben“, sagt der künstlerische Leiter. „Darum kommen wir schwerer an die Talente heran.“ Außerdem befürchten viele Eltern, die Kinder würden durch das Singen die Schule vernachlässigen oder zu viel Druck ausgesetzt sein. Dabei ist dem Chorleiter neben dem musikalischen Niveau vor allem das Kindsein besonders wichtig.

Mozart bis Moderne

Privat hört Lang kaum mehr Musik. Er wolle sich entweder richtig damit beschäftigen oder sei froh, wenn endlich einmal Ruhe herrsche. Der Mozart-Knabenchor ist nicht sein einziges Projekt. Lang leitet auch zwei Erwachsenenchöre. Das Repertoire ist bei allen dreien ähnlich. Pop mache er nur ungern, das liege vor allem den meisten Kindern nicht. „Zum Leidwesen vieler Kinder machen wir aber immer wieder auch moderne Werke. Manchmal schreibe ich Komponisten an und frage sie, ob sie etwas für uns schreiben wollen“, erzählt Lang. Immer wieder kommt er aber auf Mozart zurück. „Der hat bei mir eigentlich immer eine Rolle gespielt. Vielleicht, weil ich in Salzburg geboren bin“, sagt er. Das Ergebnis der Arbeit ist im Rahmen des Mozart-Konzerts am 27. Jänner um 19.30 Uhr in der Annakirche zu hören.

Zur Person

Peter Lang wurde 1964 in Salzburg geboren. Im Alter von vier Jahren zog er mit seiner Familie nach Wien. Nach dem Studium der Musik- und Instrumentalerziehung arbeitete Lang als Kapellmeister bei den Sängerknaben und am Konservatorium der Stadt Wien. 1994 übernahm er als künstlerischer Leiter den Amadeus-Knabenchor Wien und benannte ihn in Mozart-Knabenchor um. Konzert am 27. Jänner, 19.30 Uhr, Annakirche (Vorverkauf: 22 Euro, tickets@mozartknabenchor.at) und Fackelzug zum Grab des Komponisten auf dem St. Marxer Friedhof am 2. Februar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2017)

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