Österreichischer Filmpreis

Wo ist der Human Touch geblieben?

Oscar-Regisseur Istvan Szabo
Oscar-Regisseur Istvan Szabo(c) EPA (Javier Echezarreta)
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Während die Verleihung der Filmpreise zu Barbara-Eder-Festspielen wurde, stellte Oscar-Regisseur Istvan Szabo das europäische Kino als Ganzes infrage.

Von einer Amerikanisierung zu sprechen wäre wohl zu viel, aber Show, Design und Inszenierung sind beim Österreichischen Filmpreis nach sieben Jahren endgültig angekommen. Setzte man in der Vergangenheit eher auf das Motto „Weniger ist mehr“, wurde für die Preisträger heuer im Rathaus eine aufwendige Bühne errichtet und ein Club-Ambiente im Stile der 1920er-Jahre kreiert – inklusive Rundbar, die sich laut Gastgeberin Pia Hierzegger der Bürgermeister hat einbauen lassen, „damit er nicht jedes Mal, wenn er etwas trinken will, rausgehen muss“.

Mit bissigen Sprüchen wie diesen führte die Schauspielerin in einer Doppelconference mit Bardame Beatrix Brunschko durch den Abend, zu dessen Star Regisseurin und Autorin Barbara Eder avancierte. Ihr mit acht Nominierungen als einer der Favoriten gehandeltes Kriegsreporterdrama „Thank You for Bombing“ setzte sich am Mittwochabend in den beiden Hauptkategorien „Bester Spielfilm“ und „Beste Regie“ durch. Hinzu kamen Auszeichnungen in den Sparten Schnitt und Drehbuch.

„Ich bin nur 1,60 groß und kann trotzdem Regie führen“, sagte Eder bei ihrer Dankesrede und erinnerte an die schwierige Arbeit in Afghanistan und Jordanien: „Wenn du in diesen Ländern drehst, bringt jeder Tag eine Überraschung mit sich.“ Als beste Hauptdarsteller wurden die 29-jährige Valerie Pachner („Egon Schiele: Tod und Mädchen“) sowie der 70-jährige Peter Simonischek für seine Rolle in „Toni Erdmann“ prämiert.

Die deutsche Tragikomödie von Maren Ade gilt als großer Wurf und ist für einen Oscar als bester nicht englischsprachiger Film nominiert. „Jetzt habe ich gewonnen, obwohl ich eine Dankesrede vorbereitet habe“, scherzte Simonischek auf der Bühne und zitierte Klaus Maria Brandauer, der einmal gesagt habe, er mache seine Karriere nur für seinen Stammtisch in Bad Aussee, seinem Geburtsort. Denn „nichts ist schöner und schwieriger, als zu Hause anerkannt zu werden“.

Raubkopien und Ovationen

Die von Performancekünstlerin Valie Export designten Trophäen für die besten Nabendarsteller gingen an Branko Samarovski („Nebel im August“) und Marion Mitterhammer für ihre Leistung in „Stille Reserven“. Zwei weitere Preise gab es für den Sci-Fi-Thriller im Bereich Kamera (Martin Gschlacht) und Szenenbild (Johannes Salat). Zwei Auszeichnungen (Tongestaltung und Kostümbild) errang die Nöstlinger-Verfilmung „Maikäfer flieg“.

Eine Art Blut-und-Schweiß-Rede hielt der ungarische Oscar-Regisseur Istvan Szabo („Mephisto“), der sich für seine „Ernsthaftigkeit an einem so lustigen Abend“ gleich zu Beginn entschuldigte. „Vielleicht gebe ich Ihnen die Rede einfach und Sie lesen sie selbst“, meinte der 78-jährige Gastredner. Er stellte die Frage in den Raum, ob dem europäischen Kino das Wissen um die menschliche Berührung, den viel zitierten Human Touch, verloren gegangen sei. Denn heute gäbe es kein europäisches Gesicht, wegen dessen die Zuschauer ins Kino gehen würden. Und wenn doch, wie etwa bei Marion Cotillard und Christoph Waltz, dann ausschließlich wegen ihrer Rollen in Hollywoodfilmen.

„Weshalb hat die Welt heute kein Interesse an Europas Gesicht?“, fragte Szabo und beklagte die zunehmend schwierige Finanzierung von Filmen in Zeiten von Raubkopien und illegalen Downloads. Resignation sei dennoch nicht angebracht, appellierte er an die Anwesenden: „Das Internet schreitet siegreich voran, aber lasst uns trotzdem richtige Kinofilme machen.“

GEWINNER AUF EINEN BLICK

  • Bester Spielfilm: „Thank You for Bombing“
  • Beste Regie: Barbara Eder
  • Bestes Drehbuch: Barbara Eder und Tommy Pridnig
  • Bester Dokumentarfilm: „Holz Erde Fleisch“
  • Bester Hauptdarsteller: Peter Simonischek
  • Beste Hauptdarstellerin: Valerie Pachner
  • Bester Nebendarsteller: Branko Samarovski
  • Beste Nebendarstellerin: Marion Mitterhammer

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2017)

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