Juergen Christian Hoerl: „Es geht immer um eine Figur“

Juergen Christian Hoerl in seinem Atelier in der Wiener Köstlergasse.
Juergen Christian Hoerl in seinem Atelier in der Wiener Köstlergasse.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Spätestens seit er Conchita Wurst einkleidete, ist Juergen Christian Hoerl ein Begriff. Seinen Weg in die Ballsäle hat er freilich schon davor gefunden.

Wenn man behauptet, Juergen Christian Hoerl wirke wie der jeweils eigene Lieblingsfriseur – dann ist das nett gemeint und Hoerl dürfte es auch so verstehen. Eine Vergangenheit, in der er oft für verschiedene Auftraggeber für Kostüme, Make-up und auch Haare zuständig war, trifft in seinem Fall auf ein offenes Wesen – was Kunden das Gefühl vermittelt, sie hätten in ihm ihren persönlichen Stylisten gefunden.
Tatsächlich entspricht das dem Selbstverständnis des Oberösterreichers. Auch wenn er, wie er zugibt, manchmal die Vorstellungskraft seiner Kundinnen sprengt. „Wenn eine neue Kundin kommt, habe ich sofort ein Kleid im Kopf, weiß, was sie mag. Da liege ich ganz selten falsch. Aber manchmal bin ich einfach zu schnell.“ Gerade solche Kundinnen kämen später dann aber regelmäßig wieder.

Die Haare seitlich abrasiert, jene am Kopf zu einem festen kleinen Bun gebunden, in asymmetrischem Pullover und knallbunten Sneakers, bietet Hoerl seine Dienste mit derzeit sieben Schneidern in einer geräumigen Altbauwohnung seitlich des Naschmarkts. Das Entrée ziert ein alter gedrechselter Kaminvorbau, auf Willhaben günstig erstanden und weiß gestrichen, darauf moderne Luster und Bilderrahmen mit Fotos seiner Lieblingsmodelle. Seine modischen Visionen zeigt Hoerl regelmäßig in Form einer kleinen Show. Und natürlich habe er in allen Modellen seine Handschrift, „aber die Kundin muss sich wohlfühlen“. Und das bedeute für jeden etwas anderes. „Für manche kann es total unbequem sein, Hauptsache schön. Andere wollen es cool, aber bequem, und für manche geht es einfach darum, auf dem Red Carpet aufzufallen.“ Ziel sei jedenfalls immer, „eine bestimmte Figur zu zeichnen“.

Dass just Kunstfigur Conchita Wurst quasi all ihre Kostüme rund um den Song-Contest-Auftrittsmarathon von ihm anfertigen ließ, hat Hoerls Bekanntheit jedenfalls nicht geschadet. Man habe sich beim Ausgehen kennen gelernt, später sei Tom Neuwirth wegen einer Änderung zu ihm gekommen, so ergab eins das andere, am Ende standen mehr als 50 Roben, Kleider und Hosenanzüge. Doch schon davor hatten ihn jene Damen der Gesellschaft für sich entdeckt, die von Mode- und Boulevardjournalisten gern „Was tragen Sie?“ gefragt werden: Ein Foto von einem Roten Teppich hier, Mirjam Weichselbraun auf dem Opernball 2016 da. „Jeder Promi, jeder Kunde hat zu unserem Weg beigetragen.“

Hoerls Leidenschaft trat dabei schon früh zutage. Schon als Kind im oberösterreichischen 1500-Einwohner-Ort Utzenaich habe er mit Hilfe professionell nähender Tanten seine Faschingskostüme gefertigt, erzählt er, es folgten die Linzer Modeschule, das Meisteratelier und eine Selbstfindungsphase als Behindertenbetreuer. Die, sagt er, sei rückblickend nicht unwichtig gewesen. „Man lernt seine Grenzen kennen und Menschen, für die ganz andere Dinge zählen. Eine schöne, intensive Zeit, an die ich gerne denke.

Ziel ist der erste Bezirk

Derzeit ist der Modemacher, der die Umlaute in seinem Namen konsequent mit e schreibt, intensiv auf der Suche nach einem Standort im ersten Bezirk, wo er seine Werkstatt hinverlegen, aber auch ein Geschäft eröffnen will. „Diese Mischung aus Laden und Atelier, wo man beim Nähen zuschauen kann, gibt es dort bisher nicht.“ Hoerl ist ein Fan des „Kleidermachens wie früher“ (und nimmt dabei auch gerne Auftragsarbeiten anderer Schneider an.) Oft, klagt er, gehe es heute „ja nur darum, dass man schnell für Instagram eine Klamotte braucht und morgen wieder. Die Wertschätzung findet auf ganz vielen Ebenen nicht mehr statt, weil der Bezug nicht da ist. Da ist es schön, dass die Zunft auch eine Renaissance erlebt.“

Zur Person

Juergen Christian Hoerl wurde 1975 in Oberösterreich geboren. Er besuchte die Modeschule in Linz, das Meisteratelier und Kurse an der Domus Academy in Mailand und dem Londoner Central Saint Martins College in London. Zunächst pendelte er nach Wien, seit 2004 lebt er in der Bundeshauptstadt. Seinen Stil beschreibt er als teils minimalistisch, teils überschießend. Er fertigt Showpieces, tragbare Modelle für Kunden und Kostüme, derzeit näht er etwa im Auftrag der Bayrischen Staatsoper. Produziert wird in seinem Atelier in der Köstlergasse.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2017)

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