Mittelalterepos im TV: Warten auf Sir Sutherland

Donald Sutherland in
Donald Sutherland in "Die Säulen der Erde"(c) ORF (Egon EndrŽnyi)
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Donald Sutherland gastiert in Österreich. Für die TV-Verfilmung von Ken Follets Mittelalterepos "Die Säulen der Erde" werden Szenen auf den Burgen Liechtenstein und Kreuzenstein sowie in der Wiener Votivkirche gedreht.

Filmdrehen, das ist wie Krieg: Die meiste Zeit wartet man darauf, dass irgendetwas passiert. Das gilt besonders dann, wenn eine Produktion an einem einzigen Namen hängt– wie etwa im Fall Donald Sutherlands.

Es ist nicht einfach, dieser Tage in die Votivkirche am Wiener Schottenring zu kommen. Selbst wenn man den Kordon aus Absperrbändern, Wohnwägen und Verpflegszelten passiert hat, der die Zufahrtswege blockiert, lässt der argusäugige Sicherheitsdienst nur wenige Auserwählte in die neugotische Düsternis passieren. Der Grund: Die Kirche ist Drehort einer internationalen Filmproduktion, an der auch der ORF beteiligt ist.

Verfilmt wird Ken Follets Mittelalterepos „Die Säulen der Erde“ fürs Fernsehen: 2010 soll das sechs Stunden lange Historiendrama über mehrere Sendungen verteilt ausgestrahlt werden. Und das – zumindest in einer Nebenrolle – mit durchaus prominenter Besetzung: Sutherland (bekannt geworden unter anderem in einer anderen Follet-Verfilmung, „Die Nadel“) darf als guter englischer Adeliger Würde und Aufrichtigkeit ausstrahlen, bevor er im Zuge einer niederträchtigen Intrige ermordet wird.


Mord und Totschlag. Überhaupt: Zartbesaitete Naturen werden mit den „Säulen der Erde“ vergleichsweise wenig anfangen können. Da wird gemordet, gekämpft und vergewaltigt, was das finstere Setting hergibt. „An einem Drehtag stoße ich meine Mutter von einer Brücke, an einem anderen reite ich an der Spitze eines Heeres in den Bürgerkrieg“, erzählt David Oakes, der mit William von Hamleigh eine der abstoßendsten Figuren Follets spielt – und das mit Genuss: „Ich spiele normalerweise eher Rollen als netter Liebhaber“, sagt der gelernte Shakespeare-Darsteller, der mit 26 Jahren gerade erst am Beginn seiner Filmkarriere steht. „Aber die bösen Buben haben viel mehr Spaß“, findet Oakes.

In der Votivkirche fließt allerdings kein Blut. Hier wird gerade eine Krönungsszene gefilmt, zu der sich die gesamte Schauspielcrew, voll kostümiert vom Bischof bis zum Bettler, versammelt hat. Alle – außer Donald Sutherland: Der unbestrittene Star der Produktion – und wohl der einzige große Name, der dem Publikum hierzulande bekannt sein dürfte – ist die zentrale Figur am sonst so geschäftigen Set. Erst wenn Sutherland bereit ist, beginnen die Dreharbeiten. Bis dahin warten die Schauspieler vom einfachen Handwerker bis zum König geduldig in der Kirche, die die historische Kathedrale von Westminster darstellen soll.

Wegen der Kälte in dem Gemäuer haben viele Darsteller dicke Winterjacken über ihre bunten Röcke und Kleider gezogen und erzählen freimütig von zusätzlichen dicken Unterwäscheschichten, die die mittelalterliche Tracht notwendig mache. Rund 27 Millionen Euro kostet die aufwendige Produktion, deren Erzählbogen 19 Jahre von 1135 bis 1154 umfasst. Noch bis Freitag wird die Filmcrew in Österreich gastieren – neben der Votivkirche stehen auch Dreharbeiten auf den Burgen Kreuzenstein und Liechtenstein auf dem Programm.


Farbe in die Finsternis. Und die Wartezeit zieht sich und zieht sich. Während Sutherland, so heißt es, zum Set unterwegs sei, ergeht sich die restliche Crew in geschäftigem Nichtstun. Arbeiter stellen Hebebühnen in die Seitenschiffe, Schauspieler werfen sich probeweise in Pose und versuchen, in der riesigen Kirche nicht allzu verloren zu wirken – die jubelnde Masse bei der Krönung wird später digital hinzugefügt werden. Regisseur Sergio Mimica-Gezzan wuselt unterdessen zwischen Drehort, Licht- und Tontechnik hin und her. Der 52-jährige Kroate hat schon an der Seite von Steven Spielberg an Filmen wie „Schindlers Liste“ oder „Der Soldat James Ryan“ gearbeitet. Ihm liegt viel daran, dem Mittelalter in den „Säulen der Erde“ Leben einzuhauchen. „Menschen waren Menschen, auch sie liebten Farbe und wollten sich schön anziehen“, erklärt er, warum in der Produktion nicht das stereotype, graue Bild vom „dunklen Zeitalter“ strapaziert werden soll.

Als Sutherland dann kommt und mit einer dicken Daunenjacke über seinem mittelalterlichen Kostüm die Kirche betritt, geht auf einmal alles sehr schnell. Schauspieler und Komparsen nehmen ihre Plätze ein, auch der große, 74-jährige Star schreitet routiniert zwischen seine Kollegen. „Action“, schreit Mimica-Gezzan, dann hallt eine gespenstische Stille durch die neugotischen Spitzbögen der Kirche. Der König wird gekrönt, die Schauspieler verbeugen sich in seine Richtung – und die Szene ist im Kasten. Bald steht die nächste auf dem Programm – bis dahin heißt es wieder: warten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.11.2009)

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