Heidi Kriz: „Etwas, das man nicht erwartet“

(c) Katharina Fröschl-Roßboth
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Heidi Kriz hat sich als Architektin auf die Planung von Geschäften spezialisiert. Zuletzt setzte sie bei Humanic historische Schuhe in Szene.

An der Wand ihres Arbeitszimmers in der Wiener Spiegelgasse hängt ein riesiges rotes Gebilde: In Kunstharz getränkte Leinwand, deren Form an eine Blüte erinnert. Den Künstler, Djawid C. Borower, habe sie nach Venedig gebracht, erzählt Heidi Kriz, auch die anderen Bilder in ihrem Büro stammen von ihm. „Sie sind das einzige Bunte“, sagt Kriz, sie selbst kleidet sich stets in Schwarz.

So weit, so typisch Architektin. Dabei hat sich die gebürtige Grazerin freilich hoch spezialisiert: auf die Gestaltung von Geschäften. „Bei Prada rechts, bei Louis Vuitton links, bei Boss geradeaus“ – schon in ihrer Jugend, erzählt sie, habe sie sich in Städten so orientiert. Thema ihrer Diplomarbeit war eine flexible Shopausstattung. Zur Präsentation der Arbeit trug sie einen Gehrock – auf den wiederum die Diplomarbeit aufgedruckt war. Sie habe eben manchmal verrückte Ideen, sagt Kriz. „Oder sehr oft.“ Im konkreten Fall dürften auch ihre Wurzeln durchgeschlagen haben. „Meine Großeltern waren Schneider“, erzählt sie, „ich habe meine Kindheit damit verbracht, Puppenkleider zu nähen.“

Ihre erste Geschäftseinrichtung – für Levi's – entwarf sie noch zu Studienzeiten. Rot gefärbtes Glas, der Einsatz von Lkw-Planen, das sei damals „noch ungewöhnlich“ gewesen. Dann kam Nike, zuerst für einen Showroom in Salzburg, später auch in der Schweiz, Slowenien und Kroatien. Es folgten ein Ausflug in eine andere Richtung – mit einem Londoner Designbüro revitalisierte sie eine alte Textilfabrik in Łódź – und ein Angebot von Palmers, wo sie die Bauabteilung übernahm. Für Apple zog sie später nach Deutschland. Erste Aufgabe war der Store auf dem Berliner Kurfürstendamm. „Kathedralen“, sagt Kriz, in denen sich der Kunde nicht zufällig klein fühlt.

Kunst und Neugier

Eher mit Palazzi hatte sie später in Venedig zu tun, wo sie zuletzt eine Zeit lang lebte, um sich als Kuratorin auf ihre zweite Liebe, die Kunst, zu konzentrieren. Nur, um sich am Ende wieder sicher zu sein, dass Shopdesign ihre große Passion sei: „Das kann ich am besten.“ Ihre Analyse von Geschäften hört dabei auch im Privatleben nicht auf. „Wann immer ich etwas gekauft habe, frage ich mich, was den Ausschlag gegeben hat.“

Riesig war der Gestaltungsspielraum bei Kunden wie Apple und Nike freilich nicht. Umso mehr genießt sie es nun, wenn sie mehr Freiheit hat – wie jüngst bei der Planung einer neuen „Premium“-Filiale von Humanic in Linz. Dort greift sie in einem verwinkelten Geschäftslokal architektonische Zitate aus der alten Fabrik der Grazer Mutter Leder & Schuh AG auf und ergänzt sie mit historischen Firmenfotos. Ganz im Sinn des Zeitgeists: „Die Menschen brauchen etwas, wo sie sich anhalten können“, sagt Kriz – ein Vorteil für „Unternehmen, die schon lang existieren“. Auch das Deckengemälde, das das Geschäft ziert, wurde sorgfältig per Hand gemalt. Letztlich durfte sie auch an den Fundus der Firma, den sie im Vorjahr entdeckt hatte – Stücke aus vielen Jahrzehnten lagern dort. Gemeinsam mit Mitarbeitern habe sie überlegt, welche man im „Mini-Museum“ in Linz zeigen wolle. Sie hofft, dass das nur ein Vorbote ist. „Es wäre Zeit, das Archiv zu öffnen.“

Bei ihrer Aufgabe, sagt Kriz, gehe es im Grunde ums Wohlfühlen. „Man muss etwas finden, das man nicht erwartet und das man nicht zu Hause beim Einkauf am Computer bekommt.“ Auf der Suche nach dem Ungewöhnlichen ist sie viel auf Messen unterwegs. Standardfrage: „Was ist das wildeste Material, das sonst keiner will?“

ZUR PERSON

Heidi Kriz wurde 1970 in Graz geboren und studierte dort an der TU Architektur. Schon früh spezialisierte sie sich auf die Planung von Geschäften, bis hin zum Entwurf der Möbel und des Lichts. Sie hat u. a. für Levi's, Nike, Apple und Palmers gearbeitet und rund 150 Geschäfte realisiert. Heute ist sie selbstständig und betreut unter anderem Kunden wie Humanic.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2017)

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