Im Netz von Licht und Fantasie

Janet Echelman vereint alte Handwerkstraditionen und Hightech.
Janet Echelman vereint alte Handwerkstraditionen und Hightech.(c) imago/Xinhua (imago stock&people)
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Janet Echelman fertigt aus Fischernetzen und Hightech Skulpturen für den Himmel. Am Wochenende ist eine ihrer Figuren beim Grazer Klanglicht zu sehen.

Es war vor genau 20 Jahren: Künstlerin Janet Echelman hatte einen Fulbright-Auftrag, um in Indien zu unterrichten und auszustellen. Sie selbst war gut angekommen – aber ihre Utensilien waren unterwegs abhandengekommen. Weshalb sie sich nach Alternativen umzuschauen begann. Zunächst versuchte sie es mit traditioneller Bronze, die sich allerdings als schwer und teuer entpuppte. „Also machte ich einen Spaziergang am Strand und sah den Fischern zu, wie sie im Sand ihre Netze zusammenpackten“, schilderte die Amerikanerin später in einem millionenfach gesehenen Ted-Talk. „Ich hatte das jeden Tag gesehen, aber an diesem Tag sah ich es anders.“

Echelman begann, mit Netzen zu experimentieren, mit indischen Fischernetzen, Klöppelspitzen aus Litauen und entwickelte daraus eine neue Art der Skulptur: Volumetrische, sprich maßanalytische Formen ganz ohne schweres, festes Material. 1,5 Millionen handgeknüpfte Knoten hatte das erste Kunstwerk, das für weites Aufsehen sorgte. Die Herausforderungen gingen ihr dabei nie aus. Für die Strandpromenade in Porto suchte sie zwei Jahre nach einem wetterfesten Material und einer Fertigungssoftware, die in der Lage wäre, Modelle für ihre sich im Wind bewegenden Formen zu entwickeln. Am Ende landete sie bei einem Luftfahrtingenieur, der Segel für die Rennjachten des America's Cup entwirft.

Handwerk und Hightech

Echelmans Kunst ist eine, für die es bis dato kein Label gibt. Sie vereint alte Handwerkstraditionen und Hightech; was sie macht, sind luftige, bauschige Gebilde, die wie riesige leuchtende Hologramme am Himmel hängen und sich mit Wind und Licht verändern. Manche bleiben permanent an einem Ort, viele aber nur kurz: Wie ihre Skulptur „Target Swooping Austria“ werden an diesem Wochenende mehrere Kunstwerke aus Licht und Klang in der Grazer Altstadt zu erleben sein. Zum mittlerweile dritten Mal laden die Bühnen Graz nach Sonnenuntergang zum Festival Klanglicht – auch das ein Beispiel dafür, dass Ungewohntes Erfolg haben kann. „Da geht eh keiner hin“, sei die Prognose seiner Techniker gewesen, als er als damals noch interimistischer Intendant die Idee hatte, erinnert sich Bühnenchef Bernhard Rinner. 2015 ließ er im Rahmen des Design-Monats Graz die Fassade des Opernhauses erstmals mit Visuals beleuchten.

300 Zuschauer hatte man erwartet, 3000 drängten sich schließlich vor der Oper auf dem Kaiser-Josef-Markt. „Offensichtlich haben wir damit einen Nerv getroffen“, sagt Rinner. „Was mich befriedigt, ist, dass man offenbar auch mit qualitätsvoller Kunst jenseits von Andreas Gabalier die Menschen begeistern kann.“ 2016 waren schon geschätzt an die 10.000 Menschen zwischen Schauspielhaus, Oper und der Bühne Next Liberty unterwegs. Heuer findet das Festival erstmals in Kooperation mit dem Universalmuseum Joanneum an zwei Tagen statt, an acht verschiedenen Orten werden 20 Lichtinstallationen zu sehen sein.

Für die Visuals am Opernhaus hat Künstler Daniel Riegler ein eigenes Stück komponiert. Percussionist Raphael Meinhart wird im Dom im Berg Ampeln im Takt seines eigenen Pulses blinken lassen, am Opernring wird das französische Kollektiv Porté par le Vent fantastische Figuren aus buntem Licht und Helium steigen lassen. Und das Gebilde von Künstlerin Janet Echelman vor dem Schauspielhaus auf dem Freiheitsplatz wird von einem Hörspiel ergänzt, in dem Textsplitter aus den Stücken der kommenden Spielsaison zu hören sind. Echelman, die sich ihren Weg übrigens selbst bahnen musste, nachdem keine Kunstschule sie haben wollte, hat inzwischen sogar mit Google kooperiert, auf ihrer Skulptur „Unnumbered Sparks“ können die Zuschauer mit ihren Handys zeichnen. Es gehe darum, sagt Echelman, „seine Routine zu unterbrechen, hinauf in den Himmel zu schauen, für einen Moment seine Perspektive zu ändern“.

AUF EINEN BLICK

Klanglicht findet zum dritten Mal in der Grazer Innenstadt statt. Erstmals an zwei Abenden werden Künstler aus sechs Nationen Kreationen aus Farben, Tönen und Texten in den Nachthimmel senden. Aus vielen Bezirkshauptstädten gibt es Shuttlebusse, aus Wien passt Flixbus seinen Fahrplan an. Die Murinsel und das Kunsthaus haben ein eigenes Programm. 29. und 30. April, ab 20.30 bis ca. 23 Uhr.

www.Infos:www.klanglicht.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2017)

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