„Der Duft von Jasmin und Benzin“

Aurelien Guichard im Park Hyatt. Heute Abend ist der Parfümeur Gast der Duftstars-Gala in der Aula der Wissenschaften.
Aurelien Guichard im Park Hyatt. Heute Abend ist der Parfümeur Gast der Duftstars-Gala in der Aula der Wissenschaften. (c) Mirjam Reither
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Parfumeur Aurelien Guichard über seine Prägung in Grasse, die Arbeit für Modehäuser und den Versuch, eigene Erinnerungen zu Duft zu machen.

Aurelien Guichard war drei oder vier Jahre alt, als er den August in Grasse zum ersten Mal mit seinem Großvater bei der Jasminernte verbringen durfte. „Jeden Morgen zwischen sechs und sieben kamen die Arbeiter, um die Blüten zu pflücken. Gegen zehn oder elf waren sie fertig und sammelten sich in einem Haus, um die Blüten wiegen zu lassen.“

Im Gebäude habe es nach einer Mischung aus Blumen, Gärtnerwerkzeug, Benzin und Lehmboden gerochen, „unglaublich gut“. Es ist eine von Aurelien Guichards frühesten Erinnerungen, und einer jener Düfte, die er später, als er selbst Parfumeur war, versucht hat einzufangen.

An diesem regnerischen Vormittag sitzt Guichard in der Bar des Wiener Park Hyatt, am Abend soll er in der Aula der Wissenschaften bei der zweiten Auflage der Duftstars-Gala eine Laudatio halten. Sein weißes Hemd kontrastiert mit dunklen Locken und braun gebrannter Haut. Gerade kommt Guichard wieder aus Grasse, der provenzalischen Parfumhauptstadt, die Patrick Süßkind literarisch verewigt hat. „Genau jetzt im Mai stehen die Rosen in Blüte und müssen gepflückt und in die Fabriken gebracht werden. Es ist schön, zu dieser Zeit dort zu sein.“ Rose absolute aus der südfranzösischen Mairose wird auf speziellen Wegen gewonnen – und ist einer der teuersten Duftstoffe der Welt.

Auch Firmenich, das Pariser Unternehmen, für das Guichard seit 2015 arbeitet, hat eine Niederlassung in Grasse. „Dort arbeiten wir an neuen Extraktionsmethoden, sehr interessant.“ Mit den Destillaten dann für Auftraggeber wie Issey Miyake, Kenzo oder Narciso Rodriguez zu arbeiten sei nicht schwer. „Sie erklären ohnehin vielen Parfumeuren ihr Ziel, ihre Philosophie. Dann probiert man etwas aus, und nur, wenn es ihnen gefällt, arbeiten sie mit dir.“ Das Feintuning kann dann eine Weile dauern, ein Jahr oder zwei. „Aber die Zusammenarbeit ist ein Vergnügen. Ich kreiere Parfum nicht für mich selbst.“ Nie? Er habe es versucht, sagt Guichard, „aber das inspiriert mich nicht sehr“. Er versuche lieber, andere zu verstehen. „Meine Mutter ist Bildhauerin und arbeitet natürlich allein. Ich könnte das nicht.“

Dabei hat sich auch das Bild des Parfumeurs in den vergangenen Jahren langsam gewandelt. Zur Zeit seines Vaters – er leitete die Ecole Givaudan, die älteste Parfumschule der Welt, an der später auch sein Sohn gelernt hat –, „da wusste kaum jemand in der Öffentlichkeit, wer welches Parfum kreiert hat. Heute wird mehr darüber geredet, aber ich weiß nicht, ob das etwas an unserer Rolle ändert. Unsere Aufgabe ist es zu versuchen, den Duft der Gefühle und der Zeit, in der wir leben, einzufangen.“ Gibt es dabei Trends? Nicht wirklich, meint Guichard. „Wir leben in einer Zeit, in der man alles analysieren will. Ich glaube nicht daran. Für mich gibt es nur Menschen, Designer, Parfumeure, die auf kleine Signale aus der Gesellschaft reagieren und sie auf ihre Art verarbeiten.“

Meeresluft mit Kaffee

Wobei Parfumeure die Chance haben, dass ihre Entwürfe länger als ein Kleidungsstück in den Geschäften bleiben. „Das Ziel ist immer, für die Marke einen Meilenstein zu schaffen.“ Wie viel Zeit einem Duft gegeben wird, sein Publikum zu finden, sei dabei verschieden. Und ja, auch hier heißt es, dass der Markt schnelllebiger wird. „Aber am Ende sind es in jeder Dekade zwei, drei Düfte, die bleiben.“

Normalerweise lässt sich der Franzose in seiner Arbeit von Menschen, die er beobachtet, inspirieren. Nur manchmal versucht er, eigene Erinnerungen, wie jene an die Ernten seiner Kindheit, wachzurufen. „Einer der besten Gerüche der Welt ist, wenn man auf einem Boot morgens vor allen anderen aufsteht und sich die salzige Meeresluft mit dem Duft von Kaffee vermischt.“ Der entsprechende „Akkord“ aus Kaffee und Meersalz sei aber eine Enttäuschung gewesen. „Er erzeugt leider nicht dasselbe Gefühl.“

AUF EINEN BLICK

Aurelien Guichard stammt aus Grasse, seine Großeltern bauen dort Jasmin und Rosen an, sein Vater Jean leitete die Parfümeursschule Givaudan bei Paris. Heute Abend ist Guichard Gast der Duftstars-Gala. Nach deutschem Vorbild organisiert der Verein zur Förderung des Parfums als Kulturgut die Preisverleihung zum 2. Mal in Österreich. In der Aula der Wissenschaften werden die besten Damen- und Herrendüfte des Jahres prämiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2017)

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