„Kunst braucht kein Leiden“

Schauspieler Javier Bardem hat eine Vorliebe für große Hollywood-Produktionen, „denn da arbeiten die besten Leute der Welt mit dir“.
Schauspieler Javier Bardem hat eine Vorliebe für große Hollywood-Produktionen, „denn da arbeiten die besten Leute der Welt mit dir“. (c) APA/AFP/VALERIE MACON (VALERIE MACON)
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Der spanische Schauspieler Javier Bardem dreht zunehmend in Hollywood und ist demnächst in „Fluch der Karibik 5“ in den Kinos zu sehen. Warum er dankbar ist, überhaupt einen Job zu haben und was er von seiner Mutter gelernt hat, erzählt er im Interview.

Im fünften „Fluch der Karibik” setzt Javier Bardem seine Hollywood-Karriere fort. Und der 48-Jährige sieht keinen Grund, seine Einsätze fürs große Kommerzkino zu bereuen.

In „Fluch der Karibik“ legen Sie sich mit Piraten an. Ist so etwas wie ein Kindheitstraum?

Javier Bardem: Nicht unbedingt. In dem Alter stand ich eher auf „Star Wars”. Aber „Fluch der Karibik” wird ja von Disney gemacht, die auch die Rechte zu „Star Wars” haben. Mal schauen, was sich daraus entwickelt. (lacht).

Sie spielen mal wieder den Bösewicht. Wird das nicht langsam langweilig für Sie?

Erstmal brauche ich Arbeit, ich habe schließlich eine Familie zu ernähren. Und erst im nächsten Schritt sondiere ich meine Rollen. Ich gebe zu, dass da etwas viele Bösewichte dabei waren. Das heißt aber nicht, dass die mir keinen Spaß machen. Ich hatte schon den Dreh des vierten „Fluch der Karibik” besucht, bei dem meine Frau Penelope Cruz mitmachte, und war von der Atmosphäre sehr beeindruckt.

Gehen Sie als Schauspieler nicht in so einer riesigen Maschinerie unter?

Absolut nicht. Du hast immer das Gefühl: Jemand ist für dich da, der dir den Rücken stärkt. Du kommst dir vor, als würdest du im Mittelpunkt stehen. Deshalb überwältigt dich das Ganze nicht. Ja, das ist eine hoch kommerzielle Produktion, aber du kannst deine persönliche Kreativität voll ausleben.

Sie machten sich ja mit komplexen Charakterrollen wie in „Das Meer in mir” einen Namen. Jetzt aber scheinen Sie sich auf Blockbuster zu verlegen.

Das stimmt so nicht ganz, ich drehe zwischendrin immer wieder auch kleinere Produktionen. Aber ich habe eben nun auch eine Vorliebe für solche Spektakel, denn da arbeiten die besten Leute der Welt mit dir. Auch als Zuschauer übrigens. Auch beim Dreh habe ich immer wieder Momente, wo ich mich zwicken muss, weil ich sonst glaube zu träumen. Wenn Johnny Depp eine Szene mit mir hatte, dachte ich mir: „Ja, das ist Jack Sparrow!”

Sie drehen jetzt zunehmend in den USA, nicht mehr in Ihrer spanischen Heimat. Hatte das nicht auch Nachteile?

Ich bin erstmal dankbar, dass ich einen Job habe. Ich habe mich unlängst wieder mal mit spanischen Freunden unterhalten – alles großartige, etablierte Schauspieler. Aber sie müssen aus Spanien wegziehen, weil sie dort keine Arbeit finden. Verdammt noch mal, warum müssen so talentierte Leute wieder komplett von vorne anfangen?! Es ist Wahnsinn. Aber 92 Prozent aller Schauspieler sind nun mal ohne Job. Und dass ich zu den anderen privilegierten acht Prozent gehöre, ist ein Wunder.

Sie leben aber nicht in Hollywood?

Nein, nie. Mein Sohn wurde nur hier geboren, weil ich zu dem Zeitpunkt hier drehte. Was einen großen Vorteil bei der Einreise hat. Denn er hat einen amerikanischen Pass, und so können wir mit ihm gleich zum Schalter für die US-Bürger gehen. Aber unser Lebensmittelpunkt ist Madrid.

Hat Ihnen Ihre Mutter, die große spanische Mimin Pilar Bardem, je einen Rat gegeben?

Hat sie, weil ich sie ständig gefragt habe. Bis sie eines Tages begriffen hat, was der beste Ratschlag ist. Nämlich: „Lass ihn seine eigenen Fehler machen. Denn wenn er es schafft, die richtige Note zu treffen, dann ist das eine viel größere Befriedigung.“

Welche Fehler haben Sie denn in Ihrer Karriere gemacht?

Ich dachte mir früher, dass man für Kunst leiden müsse. Aber das bringt überhaupt nichts. Natürlich musst du als Schauspieler auch Schmerz zeigen. Du kannst dieses Gefühl mit schmerzvollen Erinnerungen auslösen, aber die musst du dann gleich weiter hinter dir lassen und dich nur in der fiktiven Welt deiner Rolle bewegen. Du darfst diesen Schmerz nicht in dir behalten.

Gab es denn trotzdem Rollen, die Sie nur schwer abstreifen konnten?

Der Killer in „No Country for Old Men”. Weil er seine ganzen Emotionen zurückgehalten hat. In der Zeit des Drehs hatte ich auch kaum mit Freunden Kontakt. Aber es half, als ich dann in meinen normalen Alltag zurückkehrte. Wenn du nach Hause kommst und nur eine fünf Monate alte Flasche Milch im Kühlschrank findest, dann kannst du es dir nicht leisten, ein Psychokiller zu bleiben.

Steckbrief

1969 kommt Javier Bardem in Spanien auf die Welt. Schon seine Großeltern waren bekannte Schauspieler, ebenso seine Mutter Pilar Bardem.

2004 spielt er in „Das Meer in mir“. Drei Jahre später erhält er die Rolle des Killers in „No Country for Old Men“, für die er mehrfach – unter anderem mit dem Oscar – ausgezeichnet wird.

2010 heiratet er die Schauspielerin Penelope Cruz. Das Paar hat zwei Kinder.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2017)

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