Die Ladenhüter sind heute hip

Robert La Roche hat für die Boutique Trendzeit in seinem Brillenarchiv gestöbert.
Robert La Roche hat für die Boutique Trendzeit in seinem Brillenarchiv gestöbert.(c) Michele Pauty
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Brillendesigner Robert La Roche hortet bis heute Zehntausende seiner Modelle – und findet nach einer Dekade Abstinenz neue Lust an seinem Produkt.

Helmut Lang wohnt bekanntlich abgeschottet auf Long Island. Der andere Österreicher, der zwischenzeitlich einen annähernd ähnlich bekannten Namen in der Modewelt hatte, lebt mitten in Wien – und er ist schon da, an diesem Vormittag in einer kleinen Designerboutique in der Margaretenstraße, und unterhält die Anwesenden mit Geschichten darüber, wie das früher war: Wie die Anekdoten mit Andy Warhol zustande gekommen sind oder die Arbeit mit Calvin Klein.

Robert La Roche, unter dessen Namen (gleichwohl ohne sein kreatives Zutun) bis heute Unmengen an Brillen verkauft werden, beschäftigt sich wieder gern damit, mit seinem Lebensthema, auf das er einst durch Zufall gestoßen ist. Zuvor hatte der Wiener „verschiedenste Berufe“ ausgeübt, war in der Werbung in Hamburg, in Japan für einen Lebensmittelkonzern, ehe er bei einer Gesellschaft Brillenpionier Wilhelm Anger kennenlernte. „Er hat gehört, dass ich in Japan war, und gesagt: Sie brauch ich. Er hat aber nachträglich gar nicht gewusst, wofür.“

La Roche wurde bei Anger „Hansdampf in allen Gassen“, nach einem Jahr sandte man ihn nach New York, um dort eine Filiale zu eröffnen. „Dann gab es in mir einen Knacks und ich hab gesagt: Ich möchte nie mehr für jemanden arbeiten. Es war wie eine Eingebung. Blieb die Frage: Was mache ich? Nachdem meine letzte Tätigkeit in der Brillenbranche war, habe ich, obwohl ich überhaupt nichts von Produktion und Design wusste, dort praktisch bei null angefangen. Und hatte das große Glück, dass es die richtige Zeit war – es herrschte Aufbruchstimmung in der Optik. Ab da ging es 25 Jahre immer aufwärts.“

„In ein Loch gefallen“

1999 hat er sein Unternehmen freiwillig verkauft. Warum? La Roche denkt nach, formuliert um. „Seitdem ich selbstständig war, hat mir meine Arbeit einen Riesenspaß gemacht. Diese Freude ist nach 30 Jahren dünner geworden, dazu kamen Überlegungen – du wirst älter, Mitarbeiter hängen an dir. Eigentlich mochte ich nicht mehr.“ Freilich: „Als ich den Entschluss gefasst hatte, bin ich natürlich in ein Loch gefallen. Da war meine Identität fast weg.“ Zehn Jahre dauerte diese Zäsur, würdigte er Brillen keines Blickes.

Dabei hätte es noch einiges zu sehen gegeben. Nach Auflösung seiner Büros in München und New York blieb ein Haufen Brillen übrig, weggepackt in Bananenschachteln in einer Garage. Wie viele es noch sind? „Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht, es ist eine fünfstellige Zahl, aber im höheren Bereich. Nicht zehntausend, mehr.“

In der Zwischenzeit beschäftigt sich La Roche mit Möbeldesign. Die Idee: hochwertige Möbel für kleinen Lebensraum in teuren Städten wie London oder Tokio. Um sie zu vermarkten, sagt er, hätte freilich die ganze Geschichte von vorn begonnen, „und das wollte ich nicht mehr. So habe ich das ganze schubladisiert.“

Dafür ist mittlerweile seine Freude an Brillen wieder erwacht. Vor allem die Vorbereitung auf die große Retrospektive seiner Arbeit im Vorjahr im MAK habe ihm „die Augen dafür geöffnet, was ich alles hab“. Optische Brillen vor allem, aber auch Sonnenbrillen, die es zu seiner Zeit nicht beim Optiker, nur etwa in Parfümerien, gab. „Sonnenbrillen machen natürlich mehr Spaß, weil man mehr Freiheiten hat, man kann ein bisschen mutiger sein.“ Weil er alles selbst entscheiden konnte, habe er stets auch Brillen gemacht, „von denen ich wusste, dass sie nicht gut verkäuflich sind. Das waren eigentlich meine liebsten Modelle. Ich habe sie gemacht, weil sie mir gefallen haben. Und die Brillen, die ich vor 20 Jahren nicht gut verkauft habe, sind jetzt meine bestgehenden Modelle.“ Zu haben sind die Vintagebrillen etwa bei Lunettes Berlin, in Wien im MAK, bei Park, einigen Optikern und derzeit bei Trendzeit in der Margaretenstraße.

Zufrieden beobachtet er auch, wie neuerdings junge, dynamische Labels „wieder Schwung in die Branche bringen“. Mit dem Tiroler Christoph Egger, dem Erfinder der unzerbrechlichen Gloryfy, wird er nächstes Jahr eine „Festwochenbrille“ entwerfen. „Und ich feiere auch gleich meinen Achtziger damit. Keine großen Geschichten, aber so Nischenaufträge machen mir Spaß.“

ZUR PERSON

Robert La Roche wurde 1938 in Wien geboren, der Name ist hugenottischer Abstammung. 1973 gründete er die Firma Lunettes Robert La Roche mit Hauptsitz in Wien, sie wurde in den nächsten Jahren zum weltweit gefragten Label. 1999 verkaufte er an die Grazer Pachleitner-Gruppe. Vintagemodelle sind heute u. a. bei Lunettes Berlin, in Wien im MAK-Shop, bei Park, einigen Optiker (wie Die Brille in der Josefstädter Straße) erhältlich. Bei Trendzeit gibt es derzeit eine Auswahl seiner Sonnenbrillen (à 190 Euro, Margaretenstraße 79).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2017)

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