Familie Kohl trauert im Streit

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Walter Kohl klingelt vergeblich an der Tür seines verstorbenen Vaters. Das Verhältnis zwischen Kohls Söhnen und dessen zweiter Ehefrau Maike gilt seit langem als angespannt. Jetzt hat sich ihr Anwalt zu Wort gemeldet.

Die Vorbereitungen zu den Trauerfeierlichkeiten für Helmut Kohl werden in Deutschland derzeit vom Streit innerhalb der Familie des verstorbenen Altkanzlers überschattet. Zu einem Eklat kam es am Mittwoch: Kohls Sohn Walter versuchte vergeblich, in das Haus seines Vaters in Ludwigshafen-Oggersheim zu gelangen.

Das Verhältnis zwischen Kohls Söhnen und dessen zweiter Ehefrau Maike gilt seit langem als angespannt. Der frühere Kanzler war am vergangenen Freitag nach langer Krankheit mit 87 Jahren in Ludwigshafen-Oggersheim gestorben. Sein Sohn Walter hatte nach eigenen Angaben erst aus dem Radio davon erfahren und war am Freitag an das Totenbett des Vaters gekommen - nach Jahren der Funkstille zwischen ihm und Helmut Kohl.

Ein Polizist verweist Sohn und Enkel Helmut Kohls.
Ein Polizist verweist Sohn und Enkel Helmut Kohls.APA/AFP/dpa/BORIS ROESSLER

Der Anwalt der Witwe Maike Kohl-Richter, Stephan Holthoff-Pförtner, warf Walter Kohl am Mittwoch vor, vorherige Kontaktversuche ignoriert zu haben und nun bewusst einen Eklat zu inszenieren. Der Familienstreit fällt mitten in die Vorbereitungen der Trauerfeierlichkeiten Anfang Juli. Rechtsanwalt Holthoff-Pförtner dementierte einen Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", wonach Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Kohl-Richters Willen ursprünglich auf dem Trauerakt nicht habe sprechen sollen. "Es gab zu keinem Zeitpunkt in der Familie Helmut Kohls Bedenken gegen eine Rede der Bundeskanzlerin beim Trauerakt in Straßburg", sagte Holthoff-Pförtner der dpa.

Der "Spiegel" hatte gemeldet, Kohl-Richter habe die Idee präsentiert, nur ausländische Gäste sollten sprechen, darunter Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, erbitterter Gegner von Merkels Flüchtlingspolitik. Erst als Vertraute vor einem Eklat warnten, sei sie von den Überlegungen abgerückt. Regierungssprecher Steffen Seibert wollte sich zu Berichten über eine schwierige Abstimmung der Trauerzeremonien nicht äußern. Auch Informationen, wonach Kohl-Richter eine Rede des deutschen Bundespräsidenten Franz-Walter Steinmeier habe verhindern wollen, wollte er nicht kommentieren.

>> Bericht im "Spiegel"

(APA/dpa)

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