„Wiener Pirsch“: Im Rathaus auf der Pirsch

Wiens Landesjägermeister Norbert Walter lädt im September zum neuen Ball.
Wiens Landesjägermeister Norbert Walter lädt im September zum neuen Ball.(c) Katharina Fröschl-Roßboth
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Oberjäger Norbert Walter will mit der „Wiener Pirsch“ Verständnis für Wiens Naturräume wecken. Heute wird im Rathaus vorab das Jagdhorn geblasen.

Es ist, das muss man zugeben, nicht die schlechteste Idee: Die Lücke, die der Almdudler Trachtenpärchenball im September hinterlässt, mit einer neuen Veranstaltung zu füllen, in der die Wiener ebenfalls ihren Hang zu Tracht und Landleben ausleben können: Wiener Pirsch nennt sich das Konzept. Schon seit 30 Jahren laden die Wiener Jäger gemeinsam mit den Förstern – nicht zu verwechseln mit dem Jägerball des Grünen Kreuzes – zum Landesjägerball. Dieser war meist aufgrund der Termindichte in der Ballsaison in der Fastenzeit gelandet, kein idealer Zeitpunkt für ein Publikum, „das gern isst und trinkt“, sagt Landesjägermeister Norbert Walter.

Dieser Ball soll nun neu erfunden werden. „Wir wollten etwas, was ein bisschen moderner ist“, so Walter, außerdem etwas, was den Wienern das ungewöhnliche innerstädtische Jagdrevier näherbringt. Daneben gehe es auch um die Vernetzung der vielen Leute, die sich zwischen Wiener Wald, Marchfeld und Donauauen in der Millionenstadt um deren durchaus üppige Natur kümmern: Landwirte, Imker und Fischer etwa, auch Volkstänzer und Jagdhornbläser. Letztere kann man heute schon hören: Das neunte Jagdhornkonzert im Arkadenhof des Wiener Rathauses soll auch als Einstimmung für den Ball dienen. Jagdhornbläser aus Wien, Niederösterreich, Tirol werden dabei neben der Gardemusik ab 19 Uhr für Brauchtumsstimmung sorgen.

Hirsch mit Hut

Logo des Balls am 8. September (zwischen Neustifter Kirtag und Erntedankfest) ist übrigens ein gezeichneter Hirsch mit Hut und Sonnenbrille. Klares Indiz dafür, dass die Jäger gern auch ein jüngeres Publikum anziehen würden. Eines, „das gern Wildbret isst und Verständnis für die Jagd hat“, wie es Norbert Walter formuliert.

Daneben solle der Ball gerade auch Verständnis zwischen den verschiedenen Gruppen fördern, die sich in den Grünräumen der Stadt tummeln: Reiter und Radler, spielende Kinder und Leute mit Picknick- und Grillbedürfnis (die gern auch einmal die eine oder andere Traube mitgehen lassen) auf der einen, Winzer, Jäger und Grundbesitzer auf der anderen Seite. Da würden bei der Jagd im Weingarten schon einmal die Leute aus den Reben springen oder aber die Telefone heiß laufen, wenn die Wildschweine durch die Gärten pflügen, schildert Walter.

Er ist in Wien freilich kein Unbekannter. Der wortkarge, aber umso umtriebigere Tiroler aus Galtür ist nicht nur, unter anderem, Winzer (Weingut Walter am Bisamberg), Buschenschankbetreiber, Direktor des Wiener Bauernbunds und ehemaliger Landesgeschäftsführer der Wiener ÖVP, sondern seit einem Jahr eben auch oberster Jäger der Bundeshauptstadt. Als solcher hat er es sich zum Ziel gemacht, „Verständnis für jenen Schutzraum zu wecken, der wesentlich für die Lebensqualität dieser Stadt ist.“

Mit sechs, erzählt er, habe ihn sein Großvater zum ersten Mal mit auf die Jagd genommen. Ob Reh, Gams, Hirsch oder Murmel, es seien jedenfalls „wunderschöne Jagden gewesen, bei denen man extrem viel beobachten konnte“. Er selbst hat die Jagdprüfung dann erst in Wien abgelegt – als er an der Boku Agrarökonomie studiert hat. Daneben arbeitete er etwa als Tabakpflücker in Kanada, später als Käsemacher auf der Alm. In der italienischen Schweiz musste er damals noch mit dem Pferd zwei Stunden zu Fuß ins Tal, um die Butter hinunter- und Post und Proviant wieder hinaufzubringen. Später in Tirol pachtete er die Alm, vermarktete seinen Käse selbst und erfand schließlich die „Almkäseolympiade“. Von der vergorenen Milch zum Wein zu kommen sei dann ein gar nicht so großer Schritt gewesen.

Für die erste Wiener Pirsch wolle er das Wiener Rathaus jedenfalls in ein „Naturrevier“ umfunktionieren. Disco soll auf Jagdhorn und Volksmusik treffen, Polka, Landler und Schuhplattler sollen getanzt werden, dazu soll es eine Pirsch-Bar, eine Wilderer-Disco und ein Schieß-Kino geben.

Auf einen Blick

Die Wiener Pirsch soll am 8. September das Rathaus in ein „Naturrevier“ verwandeln. Der neu konzeptionierte Landesjägerball soll Jäger, Förster, Landwirte, Fischer und Imker vernetzen und Verständnis für Bedürfnisse der Wiener Naturräume wecken. Dresscode ist Tracht. Heute, Dienstag, werden beim neunten Jagdhornkonzert im Arkadenhof des Rathauses schon einmal die Bläser spielen.

Web: www.wienerpirsch.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2017)

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