August Schmölzer: Aufklärung im alten Kaufhaus

August Schmölzer vor dem Tor des historischen Stieglerhaus, das er mit neuem Leben füllen will.
August Schmölzer vor dem Tor des historischen Stieglerhaus, das er mit neuem Leben füllen will.(c) Alois Rumpf
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Schauspieler August Schmölzer will mit dem Stieglerhaus in St. Stefan ob Stainz die Menschen in seiner Heimat zum Reden bringen.

Wenn im Theater der Besuch der alten Dame in der Kleinstadt ansteht, dann geraten alle aus dem Häuschen, in der Hoffnung, finanziell bedacht zu werden. Im konkreten Fall ist die Aufregung nicht mehr nötig: Die Dame aus Wien bleibt diskret im Hintergrund, und ihr Geld steckt bereits fix in einer Stiftung, für die Schauspieler August Schmölzer zuständig ist – und konkret in einem alten Haus.

Schon ab dem 12. Jahrhundert, so zeigen Nachforschungen, diente das spätere Stieglerhaus im weststeirischen Schilcherland als „Kramer-Keusche“ der Landwirtschaft, als Greißlerei, Sämerhaus, Wechselstelle für Pferde und als Mautstelle nach Kärnten und in die Obersteiermark. Zuletzt war das Haus im Ortskern von St. Stefan ob Stainz ein Kaufhaus. Nun wird es, dank der Mäzenin und ihrer Sympathie für Schmölzers Arbeit, etwas Neues.

2015 hat Schmölzer nach zehn Jahren seine Initiative Gustl 58 beendet. Damit hatte er Geld gesammelt und weitergegeben an die Menschen, die es in der Region gebraucht haben, „damit konnten wir einigen Leuten helfen“, konstatiert er, „aber letztendlich hat es in der Gesellschaft nichts bewirkt“. Mit Bewirken meine er „eines im Sinne der Aufklärung: Gemeinnützigkeit zu bewirken, Offenheit zu bewirken, Gemeinschaft zu bewirken.“

Genau das soll nun das Stieglerhaus. Das ist zwar keine soziale Einrichtung mehr, aber dafür eine, die keinen Gewinn abwerfen muss – und die allen offen steht. Es werde organisierte Veranstaltungen geben, etwa Lesungen oder Konzerte. „Aber vor allem wollen wir die Einheimischen und die Vereine einladen, es zu nutzen.“ Würde man einen modernen Kunsttempel hinstellen, „er wäre ein Ufo, in das die Leute nicht gehen.“ Das Stieglerhaus soll eher die Funktion des Wirtshauses übernehmen (Gasthaus gibt es im Ort keines mehr), in dem sich alle treffen. Miteinander reden. Und in dem, mit Glück, auch manchmal Fragen angestoßen werden. „Warum macht mir dieses oder jenes Angst?“, sagt Schmölzer. „Warum bin ich so, wie ich bin?“

Fragen, die er sich selbst schon gestellt hat, und deren Wurzeln er in der frühesten Kindheit ortet, bei Eltern, Kirche, Heimatort. Schmölzer ist selbst in St. Stefan geboren, ist dann in die Welt hinaus gezogen, hat 20 Jahre anderswo gelebt, etwa in München und New York. Seit einigen Jahren lebt er wieder hier. Die Fähigkeit, mit den Menschen im Gespräch zu bleiben, hat er dabei nie verloren. Seine Eltern sind hier Bauern gewesen, „ich weiß, wo die Sorgen sind.“ Wenn er spätabends von Flugreisen nach Hause kam, habe er immer gewusst, wer noch wo im Gasthaus sitzt (als es selbige noch gab), „dann wurde geschnapst und gekegelt und über alles geredet, nur nicht über die Schauspielerei. Das ist wie eine Seelenreinigung“. Das möge trivial klingen, „aber so funktioniert's.“

„Weniger Angst und Aggression“

Im Stieglerhaus samt seinem Obstgarten soll es künftig also Gemeinderatssitzungen geben und Musikabende, an dem jeder mitspielen kann. Die Bezirksforscher bekommen hier Platz, jedes Monat gibt es einen Vortrag eines Wissenschafters, bei dem ein Chiropraktiker die Wirbelsäule erklärt oder ein Ökonom TTIP und CETA. Erster Artist in Residence (es gibt auch Wohnmöglichkeiten für Künstler und Wissenschaftler) wird der Autor und Behindertenaktivist Erwin Riess, der für einen seiner „Groll“-Krimis hier recherchieren wird.

„Wenn jeder Mensch nach seinem Vermögen etwas gemeinnützig zur Gesellschaft beitragen würde, dann hätten wir viel weniger Probleme“, ist Schmölzer überzeugt. „Dann würden viele Menschen etwas entspannter sein, dann würde es viel weniger Angst und Aggression geben. Wenn wir unsere Sinne nützen, hinhören, hinschauen wie es dem anderen geht.“

Zur Person

August Schmölzer wurde 1958 in St. Stefan ob Stainz geboren. Er spielte u. a. in der Josefstadt und in Filmen und TV (u. a. „Schindlers Liste“). Sein Roman „Der Totengräber im Buchsbaum“ wird nächstes Jahr verfilmt. Im Stieglerhaus sitzt er mit Daniela Majer und Lukas Zeinler im Stiftungsrat und ist für die Programmierung zuständig. Am Freitag, 8. September, ist ab 13 Uhr Tag der Offenen Tür, am 9. September wird das Haus um 15 Uhr eröffnet, jeder ist willkommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2017)

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