Günther Paal: Jenseits der Gefühlswhirlpools

Günther Paal alias Gunkl beim Gespräch im Café Stein.
Günther Paal alias Gunkl beim Gespräch im Café Stein.(c) Akos Burg
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Günther Paal mag es am liebsten rational: Ein Gespräch über sein Misstrauen gegenüber Emotionen und die Pflicht, sich selbst zu widerlegen.

„Das Unsichtbare bleibt dem Auge meist verborgen.“ Das ist so ein Satz, mit dem Günther Paal die Menschen in diese und jene zu teilen pflegt. In die, die in verzückter Betulichkeit nicken, als hätte man da etwas sehr Kluges gesagt, um zwei Sekunden später ein stumpfes Stöhnen von sich zu geben. Und die, die weiterhin nicken. Mit den einen sei ein Gespräch möglich. Die anderen sollte man in ihrem Glück belassen.

Aus diesem Teaser für sein neues Programm unter seinem Künstlernamen Gunkl lassen sich, nach mehr als einstündigem Philosophieren im Café Stein, in dem Paal einst selbst gekellnert hat, zwei seiner Charakteristika ablesen. Das eine ist sein Misstrauen gegenüber Gefühlen. „Das hab ich nicht beschlossen. So bin ich.“ Das andere ist sein Hang dazu, „Phänomene auf ein gemeinsames Muster zurückzuführen. Oder zumindest zu erkennen, welche Phänomene in ein Muster passen und welche in ein anderes.“ Soziologische Studien im Kaffeehaus? „Studien wäre ein zu großes Wort“, meint Paal. „Eine Wahrnehmung der Welt. Und immer unter der Annahme, dass ich mich auch irren kann. Ich bin einer Widerlegung gegenüber sehr offen.“

Womit man wieder bei den Gefühlen wäre oder zumindest beim Hang des Gehirns, einmal gefasste Meinungen mit möglichst vielen Bausteinen zu untermauern. Das sei gut und schön, meint Paal, aber nur ein Teil des Menschseins. „Aus dem kann man heraustreten und seine Ansichten noch einmal einer harten Überprüfung unterziehen.“ Ja, das sei geradezu eine Verpflichtung. „Das gehört zum Menschsein dazu, dass man das kann, aber dann auch macht.“

Dass das selbst in der Wissenschaft zwar hehres Ziel, aber keineswegs gängige Praxis ist, weiß er von Harald Lesch. Den deutschen Astrophysiker kannte er aus dessen Fernsehserie „alpha-Centauri.“ Als er im Zuge eines Auftritts in München im Büro der Lach- und Schießgesellschaft saß, lag dort ein Zettel mit dessen Nummer. „Ich hab sofort gefragt, ob ich ihn anrufen darf.“ Seither treten die beiden gelegentlich gemeinsam auf.

Warum er selbst nicht Wissenschaftler geworden ist? Von seiner Persönlichkeitsstruktur, glaubt Paal, hätte es wohl gepasst. „Den Zeilinger hat man mal gefragt, warum er macht, was er macht. Er hat gesagt, weil er's wissen will. Das will ich auch.“ Woran es bei ihm scheitere, seien der Fleiß und die Hingabe, „die man auch braucht. Man muss dann ja auch wirklich die Hackn machen.“ Er selbst kann in akademischer Hinsicht „nicht einmal die Parodie einer Persiflage von einem Studienabbruch“ vorweisen (selbiges in Publizistik und Soziologie).

Wenn er nun wieder mit den Science Busters auftritt, dann also in der Rolle des „informierten Beisitzers“, im Gegensatz zu jenen, „die wirklich forschen und die Papers schreiben“. Bei ihm sei es mit dem Lesen von Papers schon oft nicht weit her, „ich les' nur die zweite Ableitung von einem Paper im Scientific American, weil ich das Paper nicht versteh'“, zu kompliziert sei die Statistik. Das, was er verstehe, könne er dafür gut erklären.

Das hat man auch im Wiener Planetarium erkannt. Seit er als Alfred Dorfers Sidekick einem Frager im Publikum einmal erklären musste, warum man, wenn man Sterne sieht, in die Vergangenheit schaut, gibt es mit ihm dort monatlich „Himmelsphysik für Fußgänger“. Als Bassist für Dorfer hat damals auch alles angefangen – als er oft unbeschäftigt auf der Bühne saß und sich irgendwann dachte, „das kann ich auch“. Auch den Bass spielt er inzwischen wieder, in der Familie Lässig, die bekanntlich aus einem Benefizkonzert im Stadtsaal entstand.

Probleme mit dem gefühlsbetonten Teil der Menschheit habe er im Übrigen nicht. „Ich hab dabei keine emotionale Erschütterung – woher auch. Ich registriere es und wenn es zu mühsam wird, geh ich halt. Ich hab auch nicht so viele Sozialkontakte, dass ich mich permanent in Gefühlswhirlpools wiederfinde.“ Und er bemerke sogar, dass sein Angebot „auch von sehr emotionalen Menschen mitunter ganz gern angenommen wird“.

Zur Person

Günther Paal (geb. 1962) begann als Teil der Popband Wiener Wunder. Ab 1993 spielte er Bass und Saxophon für Alfred Dorfer, 1994 entstand eher durch Zufall aus „lustigen Geschichten“ sein erstes Soloprogramm. Sein aktuelles Programm „Zwischen Ist und Soll – Menschsein halt“ hat am 12. September im Wiener Stadtsaal Premiere. Mit seiner Schwester Irene Paal, Gastro-Chefin im Stadtsaal, ist er Teil der Familie Lässig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2017)

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