„Finde Wertedebatten falsch“

Konrad Paul Liessmann
Konrad Paul Liessmann(c) Katharina F.-Roßboth
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Philosoph Konrad Paul Liessmann sprach über Integration.

Wien. „Wertedebatten finde ich falsch“, sagte der Philosoph Konrad Paul Liessmann am Ende eines Gesprächs, das sich um Religion, Integration und die Bedeutung gemeinsamer Werte drehen sollte: Unter dem Titel „Was hält uns zusammen?“ hatte der Österreichische Integrationsfonds ihn zum Gespräch mit „Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak ins Mumok geladen.

Über das Thema Bildung („Wir sind berauscht von Bildungsrhetorik, die uns die Quadratur des Kreises verspricht“) und Parallelgesellschaften (die habe es historisch immer gegeben, sagte Liessmann und sprach die Vielvölkerstruktur im alten Österreich an: „Gesellschaften sind interessant, weil es verschiedene Milieus gibt“) kamen die beiden auch auf den Islam zu sprechen.

Kopftuch-Mode

Der sei für viele nicht nur Religion, sondern eine Lebensform, sagte Liessmann. Im Sinne der Säkularisierung und „Entschärfung“ von Religion gebe es drei Schritte, die beim Islam allerdings noch nicht spürbar seien: Eine Ästhetisierung – indem das Kopftuch etwa vom religiösen Symbol zum modischen Accessoire würde –, eine Kommerzialisierung, wie sie etwa das Weihnachtsfest erfahren hat, und schließlich die Privatisierung von Religion.

Zudem hätten bestimmte europäische Entwicklungen in der islamischen Theologie nicht stattgefunden – etwa, „heilige Schriften“ so kritisch zu lesen wie alle von Menschen geschriebenen Dinge. „Kann man das fördern?“, wollte Nowak wissen. Liessmann: „Na, ich bin kein Prophet!“ Solche Entwicklungen bräuchten jedenfalls Zeit: „Ein europäischer Islam ist keine Sache von zwölf Stunden Wertekurs, auch nicht von ein oder zwei Generationen.“

Ohnehin seien es nicht Werte, die unsere Gesellschaft zusammenhalten, sondern die Rechtsordnung: „Wer Europa als Wertegemeinschaft sieht, hat Europa schon aufgegeben.“ (kanu)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2017)

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