Noomi Rapace: „Sieben Versionen meiner selbst“

Bei den Dreharbeiten zu ihrem neuen Film „What Happened To Monday?“hat Noomi Rapace auch viel über sich selbst gelernt.
Bei den Dreharbeiten zu ihrem neuen Film „What Happened To Monday?“hat Noomi Rapace auch viel über sich selbst gelernt.APA/AFP/BERNARDO MONTOYA
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In ihrem neuesten Film spielt Noomi Rapace Siebenlinge. Um bei den Dreharbeiten nicht die verschiedenen Figuren durcheinanderzubringen, musste sie einige Tricks anwenden. Am Ende fand sie dabei aber auch viel über sich selbst heraus.

Dass Noomi Rapace gern aufs Ganze geht, ist nichts Neues. Immerhin ließ sie sich für ihre Rolle als Lisbeth Salander in den Verfilmungen der Stieg-Larsson-Krimis nicht nur eine Kurzhaarrasur, sondern auch echte Piercings verpassen. Und stellte sich nach dem großen Durchbruch damit auch in Hollywood so mancher Herausforderung. Doch in ihrem neuen Film „What Happened to Monday?“ steht die Schauspielerin vor einer ganz neuen Aufgabe: Im dystopischen Thriller spielt Rapace Siebenlinge.

Sie spielen in Ihrem neuen Film gleich sieben Rollen. Ein wahr gewordener Traum – oder eher ein Albtraum?

Noomi Rapace: Das war schon ein Traum, aber auch wirklich unglaublich schwierig. Ich liebe Herausforderungen und würde sagen, dass ich selten vor einer größeren stand. Als mir Regisseur Tommy Wirkola zum ersten Mal das Drehbuch zeigte, waren es noch sieben Brüder, aber er wollte es umschreiben. Ich war gleichermaßen aufgeregt wie eingeschüchtert. Er und der Drehbuchautor arbeiteten eng mit mir zusammen, so dass mir irgendwann auffiel, dass diese sieben Schwestern wirklich verschiedene Versionen meiner selbst waren. In der ersten Drehwoche fragte ich mich oft, worauf ich mich da eingelassen hatte.

Wegen der psychologischen oder wegen der technischen Schwierigkeiten?

Vor allem wegen Letzterer. Es war wirklich verdammt kompliziert, die Szenen zu drehen, in denen mehrere oder alle Schwestern zu sehen waren. Zunächst nahm ich alle Dialoge auf, die ich dann über einen Knopf immer im Ohr hatte. Die ersten Wochen saß ich mit sechs Tennisbällen auf Stangen am Tisch, vor grünem Hintergrund, und ich spielte mal die eine, dann wieder die andere Schwester. Später drehten wir die gleichen Szenen mit sechs Doubles, denen ich genaue Instruktionen geben musste, was in den Green-Screen-Aufnahmen welche Schwester wann gemacht hatte.

Verloren Sie nicht den Überblick zwischen diesen verschiedenen Rollen?

Ich überlegte mir ein paar Tricks. Für jede Schwester hatte ich mir eine eigene Playlist mit besonderen Songs angelegt und ein eigenes Parfum ausgesucht. Das half mir dabei, für jede Figur in die richtige Stimmung zu kommen. Außerdem wurde unser Visagisten- und Frisör-Duo zu meinen besten Freunden, denn die mussten äußerlich dafür sorgen, dass man die Schwestern auseinanderhalten konnte. Aber die Tage, an denen ich alle sieben spielen musste, waren schon ziemlich hart.

Die Vision, die „What Happened to Monday?“ von der Zukunft entwirft, ist ziemlich düster. Teilen Sie diesen Pessimismus?

Auf jeden Fall können wir nicht weitermachen wie bisher. Ich finde, dass man nicht mehr übersehen kann, wie fatal es ist, dass eine winzige Gruppe von Menschen immer reicher wird, während ein Großteil der anderen um ihr Überleben ringt. Wir brauchen also Veränderung – und haben im Grunde auch das Wissen und die Möglichkeiten, dieser Verantwortung nachzukommen. Deswegen bin ich insgesamt weiter optimistisch. Und ich setze große Hoffnung in die Generation meines Sohnes, die sich dieser Thematik schon sehr bewusst zu sein scheint.

Ihr Sohn ist jetzt 14 Jahre alt, nicht wahr?

Genau, und bei ihm sehe ich viel Bewusstsein und Interesse für den Zustand und die Probleme unserer Welt. Was sicher auch damit zu tun hat, dass wir zuhause immer schon viel über Politik, soziale Probleme oder Umweltschutz diskutiert haben.

Gibt es ein bestimmtes Thema, das Ihnen in dieser Hinsicht besonders am Herzen liegt?

So vieles ist wichtig, aber spontan würde ich sagen: Bildung. Wir müssen unsere Aufmerksamkeit auf die Länder in der Dritten Welt richten, in der die Familien ganz viele Kinder bekommen, aber es kaum Bildungschancen gibt.

Schweden wird häufig gelobt, was das Bewusstsein für solche Themen angeht. Vermissen Sie Ihre Heimat eigentlich?

Nein, ich lebe in London und tue das gern. Überhaupt ist vermissen nichts, was ich besonders viel tue. Dazu lebe ich zu sehr im Moment und bin zu wenig nostalgisch. Natürlich fehlen mir manchmal meine Freunde und meine Familie. Aber dann fahre ich eben für ein paar Tage nach Schweden, lade meine Batterien auf und ziehe wieder weiter.

Steckbrief

Noomi Rapace (geb. 1979) wurde bekannt als Darstellerin der Lisbeth Salander in der ersten Verfilmung von Stieg Larssons „Millennium“-Trilogie. Danach spielte sie unter anderem in „Sherlock Holmes: Spiel im Schatten“ und in „Alien: Covenant“.

Neuer Film: In „What Happened To Monday?“ spielt sie sieben Geschwister gleichzeitig. Der Science-Fiction-Thriller läuft derzeit im Kino.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2017)

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