Stellan Skarsgård: „Nur der Papst war bekannter als Borg“

Auch wenn er sich nicht für Tennis interessiert –die Karriere von Björn Borg hat Stellan Skarsgård mit Spannung verfolgt. Nun spielt er den Trainer der Tennislegende.
Auch wenn er sich nicht für Tennis interessiert –die Karriere von Björn Borg hat Stellan Skarsgård mit Spannung verfolgt. Nun spielt er den Trainer der Tennislegende.APA/AFP/GETTY IMAGES/Alberto E.
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In „Borg/McEnroe“ spielt Stellan Skarsgård den Trainer der schwedischen Tennislegende Björn Borg. Im richtigen Leben liegt ihm das Teamplay allerdings mehr, als alleine am Platz zu stehen – und Tennis interessiert ihn heute eigentlich auch nur bedingt.

Herr Skarsgård, Sie kommen ungefähr aus der gleichen Generation wie Ihr Landsmann Björn Borg, dessen Trainer Sie nun in „Borg/McEnroe“ spielen. Erinnern Sie sich noch an seine Erfolgszeiten?

Stellan Skarsgård: Selbstverständlich. Damals war Borg ja nicht nur in Schweden ein Held, sondern auf der ganzen Welt. Angeblich war in den Siebzigerjahren nur der Papst noch bekannter als er.

Waren Sie ein Fan?

Mich hat Sport ehrlich gesagt nie interessiert. Auch nicht als Zuschauer. Aber damals schaltete jeder in Schweden den Fernseher an, wenn Borg spielte. Während seiner Matches stand das Land still, es war unglaublich. Daher habe auch ich ihn oft spielen sehen. Und irgendwann fiebert man natürlich auch mit. Schon allein, weil er wirklich sensationell gut spielte. Dem konnte man sich nicht wirklich entziehen.

Dafür, dass Sport nicht Ihr Ding ist, stehen Sie im Kino erstaunlich oft auf dem Tennisplatz. Kürzlich in der John-le-Carré-Verfilmung „Verräter wie wir“ ja auch schon . . .

Stimmt. Dafür habe ich sogar monatelang trainiert, nur um dann immer noch keinen Ball richtig zu treffen. Deswegen musste für den Film auch im Schneideraum ganz schön getrickst werden. Ich glaube, man sieht mich letztlich nicht einmal in Bewegung.

Tennis ist ein Einzelsport. Könnte nicht weiter weg sein von Ihrem Job, oder?

In der Tat. Als Schauspieler hängt deine Leistung zu 100 Prozent von den Leuten um dich herum ab. Eine Szene ist nie besser als der schlechteste Schauspieler darin. Deswegen sind die schlimmsten Kollegen auch die, die zuhause vor dem Spiegel üben. Denn die liefern am Ende nur Soli ab, keine Teamleistung. So erweckt man keine Szene glaubhaft zum Leben. Dagegen sind die besten Momente am Set immer die, die wirken wie Jam-Sessions. Jeder spürt, was die anderen im Sinn haben, und alle gehen aufeinander ein.

Ist die Arbeit zwischen Schauspieler und Regisseur ähnlich wie die zwischen einem Tennisspieler und seinem Trainer?

Nein, das würde ich so nicht vergleichen. Natürlich kann es vorkommen, dass sich da langfristige Beziehungen aufbauen, vielleicht sogar ein Mentorenverhältnis. Aber insgesamt ist es ja so, dass ein Regisseur genauso viel von einem Schauspieler profitiert wie andersherum. Das ist viel mehr ein Geben und Nehmen als bei einem Spieler und seinem Trainer.

Müssen Sie mit dem Regisseur harmonieren, wenn Sie arbeiten? Oder sind Sie jemand, der auch aus Reibung seine Kreativität gewinnt?

Ich bin am liebsten von Menschen umgeben, mit denen ich mich gut verstehe, denn Letzteres halte ich ehrlich gesagt für großen Bullshit. Klar, auch Hass kann einen kurzfristig mit Energie aufladen. Aber wem bitte tut das dauerhaft gut? Ich kann mich an keinen einzigen Film erinnern, an dem etwas Gutes dabei herausgekommen ist, wenn sich zwei Leute nicht ausstehen konnten.

Das kann man sich bei Ihnen ja kaum vorstellen, denn jeder Filmemacher und Kollege schwärmt von Ihnen!

Dabei versuche ich doch mein Bestes. Ich beleidige immer irgendwen, schon allein weil ich so gerne über Politik und Religion spreche. Mir unerklärlich, warum die Leute scheinbar trotzdem noch gerne mit mir arbeiten.

Vier Ihrer Söhne sind Schauspieler. Ist das Ihr Verdienst?

Mir war es nie wichtig, was meine Kinder beruflich machen. Sie hatten freie Bahn, solange sie sich gut benahmen und sich und andere glücklich machten. Alexander hatte jahrelang gar kein Interesse an meinem Beruf, der hat sich erst sehr spät dafür entschieden, diesen Weg einzuschlagen. Bei Gustaf, meinem zweiten, hatte ich aber schon früh den Eindruck, dass dem gar nichts anderes übrig bleibt, als Schauspieler zu werden. Ich wusste zumindest nie, was sonst aus ihm werden sollte.

Also haben Sie ihm ein bisschen Starthilfe gegeben?

Eigentlich nicht. Ich meine das ernst, dass man sich in das Leben seiner Kinder nicht einmischen sollte. Sie müssen selbst Entscheidungen treffen und Erfahrungen machen. Sobald meine Kinder 16 wurden, war die Erziehung vorbei, dann habe ich mich herausgehalten. Auch vorher ging es nie darum, in ihre Persönlichkeit einzugreifen. Eher darum, dass sie Pünktlichkeit, Höflichkeit und Ähnliches lernen.

Steckbrief

Stellan Skarsgård
(geb. 1951) wurde zunächst als Schauspieler in Schweden bekannt, ehe er Ende der 1980er-Jahre auch in internationalen Produktionen auftauchte, etwa in „Jagd auf Roter Oktober“ und „Good Will Hunting“.

Aktueller Film: In „Borg/McEnroe“ spielt er Lennart Bergelin, den Trainer der schwedischen Tennislegende Björn Borg.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2017)

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