Gekommen, um zu siegen

Philipp Plein vor seiner neuen Kinderboutique in der Freisingergasse.
Philipp Plein vor seiner neuen Kinderboutique in der Freisingergasse.(c) Andreas Tischler
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Er verkauft Lederjacken mit Glitzer und sieht sich als großen Underdog im Luxussegment: Eine Begegnung mit dem Modephänomen Philipp Plein.

Philipp Plein kommt an diesem Tag aus London, vom Flughafen soll er direkt ins Lav am Wiener Graben. Doch er verspätet sich, in Wien wird man schon etwas nervös. Als Plein über die goldene Treppe an der Spitze seiner Entourage erscheint, verdunkelt sich kurz der Eingang.

Wenig später sitzt er an einem Tisch mit Blick hinunter auf den Graben. Er trägt schwarzes Shirt, eine Art schwarze Jogginghose, weiße Plein-Turnschuhe, teure Glitzeruhr. Eigentlich sollte er schon drüben in seinem neuen Kinderstore sein. Ob er Stress mag? „Stress?“, fragt er. „Ich hab heute noch keinen Stressmoment erlebt.“

Philipp Plein, das ist ein Name, den man vor allem als Label kennt, das groß auf teuren Lederjacken und Accessoires mit Totenkopf steht. Der Träger des Namens ist selbst noch einen Schritt weiter gegangen: Er hat ihn auf die Innenseite seines rechten Unterarms tätowiert. Auf der Außenseite seines linken prangt ein Kreuz. „Respect“ steht darauf, und: „Veni, vidi, vici.“

Der 40-jährige Münchner ist einer, der gekommen ist, um zu siegen. Dass er mit seinem Namen groß werden könnte, daran, sagt er, glaubt er, musste es glauben seit jenem Moment, in dem er sein Jusstudium hingeschmissen hat. „Ich habe keine Ausbildung, die ich zu Ende gebracht hätte. Ich bin weder Elektriker noch Schlosser, weder Architekt noch Arzt noch irgendwas.“ Davon, dass er Designer sei, ist im Gespräch dann auch nie die Rede. Darin geht es um den umkämpften Milliardenmarkt der Luxusmodemarken, große Konzerne und darum, dass es kaum noch unabhängige Firmen gebe. Seine ist eine davon.

Diese gibt es seit 20 Jahren und damit vielleicht länger, als man meinen mag. Anfangs hat sich der Deutsche dabei allerdings eher mit Hundebetten und Sofas beschäftigt, später begann er, aus übrig gebliebenem Leder Taschen und Accessoires auf Messen mitanzubieten. Heute eröffnet der Arztsohn Schlag auf Schlag Geschäfte rund um den Globus, von St. Tropez bis Macao – mit einer ihm eigenen Logik. „Es sieht immer nur so aus, als eröffne Philipp Plein überall ein Geschäft“, sagt Philipp Plein. Also, es stimme schon, „aber die anderen haben das in den letzten 50 Jahren gemacht, und wir müssen halt nachholen.“

Neuerdings gibt es Plein-Shops auch eigens für Kinder. Bisher nur in Hongkong und Dubai, jener in Wien ist der erste in Europa. Eine kleine Bomberjacke mit Kapuze, auf der in großen Lettern Plein steht, kommt auf 550Euro. Der wichtige Totenkopf steckt im Logo der Kinderserie in einem Herz. Die Nachfrage „nach Kinderklamotten im Luxussegment“, sagt Plein, sei „größer, als viele Menschen denken“. Gerade seine „Mini-me“-Kollektion laufe gut: „Die Kinder wollen aussehen wie die Erwachsenen, und die Erwachsenen wollen immer ausschauen wie die Kinder, und am Ende ziehen beide dasselbe an.“

Ehrliche Fake-Industrie

Passend dazu findet die Kindermodenschau zur Eröffnung vor der Boutique der Großen statt. Die fünfjährige Eva zeigt da Plein-Mode zu Beyoncé, Verona Pooths Sohn Rocco gibt sein Modeldebüt, der vierjährige Nico fühlt sich auf dem Laufsteg etwas verloren. Er wird von Plein persönlich zu seinen Eltern zurückgetragen.

Ganz, sagt Plein, habe auch er nicht verstanden, wie er es geschafft habe, den Zeitgeist zu treffen. „Ich lebe von den Menschen, die auf der Straße laufen und unser Produkt kaufen, und davon gibt es Gott sei Dank relativ viele. Zum Teil zu viele.“ Erst kürzlich habe man eine Fabrik mit 32.000 gefälschten Plein-Produkten ausgehoben, zwei Millionen Teile hat seine Firma in einem Jahr aus dem Markt geholt. „Die Fake-Industrie“, sagt er, „ist die ehrlichste Industrie der Welt. Sie produziert nur, was der Kunde will.“

ZUR PERSON

Philipp Plein wurde 1978 in München geboren, besuchte die Schule Schloss Salem und gründete 1998 sein Unternehmen. Seine Marke hat bisher gut 200 Geschäfte von Moskau bis Marbella, seine Modenschauen inszeniert er gern als Spektakel etwa in aufgelassenen Schwimmbädern oder mit Ufos im Schneegestöber.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2018)

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