Michael Schönborn als Monsignore in "Sister Act"

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Michael Schönborn spielt den Priester in „Sister Act“. Und erzählt im Interview von der Odenwaldschule, seiner Schauspielkarriere und den Gesprächen mit seinem Bruder, dem Kardinal.

Der Bühneneingang des Ronacher, kurz nach 18 Uhr. Es war ein langer Probentag, nach und nach verlässt ein Darsteller nach dem anderen das Haus in Richtung Feierabend. Michael Schönborn ist unter den letzten, im Gastgarten um die Ecke bestellt er sich erst einmal ein Bier. Er spricht langsam, bundesdeutsch, und ein wenig scheint er amüsiert ob des in Österreich erwachten Interesses an seiner Person. Es ist ja nicht das erste Mal, dass der Schauspieler hier auftritt.

Er spielte in „Komm, süßer Tod“, in „Zodiak“, „Soko Kitzbühel“ oder im „Winzerkönig“. Anders ist nur: Schönborn spielt erstmals in einem Musical mit. Und dort, in „Sister Act“, ausgerechnet den Monsignore, er, der Bruder des Kardinals. Dabei hat er selbst die Priesterrolle schon oft gegeben. Das erste Mal in einem Zweiteiler mit Mario Adorf, da hatte er ein Verhältnis mit der Häusnerin. Was sein Bruder zu solchen Rollen sagt? Schönborn lacht. „Der ist Kummer gewohnt.“

Michael Schönborn wurde als jüngstes von vier Kindern in Schruns in Vorarlberg geboren. Die Lust aufs Schauspielen entdeckte er schon früh. Im deutschen Internat gab es Schauspielerei als Fach, „das hat mich dermaßen angezündet, schon mit zehn“. Warum er im Internat war? „Meine Mutter hat uns ernährt und ist jeden Tag ins Büro gefahren, meine ältesten Geschwister waren alle groß und der kleine Michi ist zu Hause gesessen und hat überhaupt keine Lust gehabt, in die Schule zu gehen.“

Eine Cousine war Lehrerin im deutschen Birklehof, so kam er dort hin. Er erinnert sich gerne daran, anders als an die Volksschule in Schruns: „Das war kein Spaß. Die Lehrerin hat mich schon in der ersten Klasse k.o. geprügelt.“ Mit 16 kam er schließlich an die heute für Missbrauchsfälle berüchtigte Odenwaldschule. „Just in meiner Klasse war das Ganze doch sehr virulent, aber ich war schon aus dem Beuteschema heraußen und zu alt für den Herrn Direktor.“ Zu dieser Zeit war er in den Sommerferien bereits einmal ausgerissen und hatte bei „Hair“ als Beleuchter die echte Bühne kennengelernt.

Nach der Matura hatte er trotzdem „Bammel vor dem Schauspielberuf“ und machte eine Ausbildung als Kameramann, ehe er doch noch auf die Schauspielschule ging. Von dort kam er direkt ans Hamburger Schauspielhaus, „ganz ohne die Ochsentour durch die Provinz“. Schon früh arbeitete er nebenbei für Film und Fernsehen, 1995 drehte er das Verhältnis um. „Ich dachte mir, Schluss mit der Dunkelhaft, am Theater kommt man ja nie raus. Ab da habe ich viel gedreht und nur noch sporadisch Theater gemacht.“ Obwohl er damit auch die Hauptrollen aufgab. „In der Filmerei ist schon viel Klein-Klein dabei, da gäbe es sicher noch lustige Rollen für mich. Vielleicht“, lächelt der 56-Jährige, „lauert ja eine Alterskarriere?“

Privat lebt Schönborn, nach 20 Jahren in Hamburg und einer „unangenehmen“ Scheidung, heute in einem Dorf zwischen Hamburg und Berlin. „Ich mag die Stadt zwar, aber das pure Landleben ist mir lieber. Und es ist sehr pur da.“ Zwischen Wildschweinen, Waschbären und Marderhunden lebe er „wie Franz von Assisi“, die Vögel nimmt er gerne mit dem Tonband auf. Ob er dieses Hobby auch bei den „Winzerkönig“-Drehs im Burgenland verfolgte? Schönborn trocken: „Da bin ich dann doch eher im Weinkeller gehockt.“

Trotz der Liebe zum Land genießt er es, nun für „Sister Act“ ein Jahr in Wien zu leben. Musical mache ihm Spaß, „auch wenn ich tanzen und in den Musiktakt hineinsprechen muss – schauspielerische Gestaltung kann man da zu Hause lassen.“ Abends spaziert er gern über den Naschmarkt, trifft Freunde oder seinen Bruder Christoph. „Wir gehen essen und plaudern, über Gott und die Welt natürlich, worüber sonst?“

Und ja, auch die Kirche komme vor. Schönborn selbst ist gläubig, weil so erzogen, „aber kein praktizierender Kirchgänger mehr.“ Mit kritischen Urteilen ist er dennoch vorsichtig geworden, „weil man die Dinge differenziert sehen muss.“ Ob er und sein Bruder einander ähnlich seien? „Wir haben“, sagt Schönborn, „auf jeden Fall einen sehr ähnlichen Humor. Wir können miteinander wahnsinnig lachen.“

Zur Person

Michael Schönborn (geb. 1954 in Schruns) machte seine Schauspielausbildung in München und war viele Jahre in Hamburg engagiert. Nebenbei arbeitete er immer öfter für Filme und Fernsehserien (z. B. „Zodiak“, „Der Winzerkönig“). Im Musical „Sister Act“ gibt er den Monsignore. Premiere ist heute in einer Woche, am 15.September, im Wiener Ronacher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2011)

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