Märtha Louise: Eine Prinzessin auf dem Esoteriktrip

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Die norwegische Königstochter Märtha Louise hat ein Buch über Engel geschrieben, und für jede Menge Hohn und Spott gesorgt. Sie glaube nicht, dass es Engel gibt, sagt sie, „sondern ich weiß das“.

Eines Tages verlor Märtha Louise ihren Schlüssel und suchte ihn vergeblich. Bis ihr ein Schutzengel vorschlug, „Wer suchet, der findet“ zu spielen. „Ich dachte, jetzt drehe ich durch, ich kann doch nicht hier auf der Wiese zu spielen beginnen.“ Konnte sie doch. Sie begann zu suchen. „Kalt“, sagte Chamuel, so heißt der Engel. Sie drehte sich um. „Wärmer“, sagte er, „wärmer, heiß, stopp!“ Märtha Louise ging in die Knie. Und da lag der Schlüssel.

Solche Geschichten liebt die Älteste von Norwegens König Harald und große Schwester von Kronprinz Haakon. Und solche Geschichten erzählt sie jetzt in einem neuen Buch, das der Aufregung über die Vorlieben der Prinzessin fürs Übernatürliche wieder Nahrung gibt. Als sie und ihre Seelenfreundin Elisabeth Nordeng 2007 die „Astarde Education“ starteten, im Volksmund „Engelschule“ genannt, in der sie den Schülern für ein hohes Kursgeld den Zugang zu ihren Schutzengeln vermittelten, warnten Psychologen vor der Störung unsicherer Gemüter. Publizist Trygve Hegnar urteilte gar: „Reiner Schwindel.“

Auch ein erstes Buch zwei Jahre später stieß auf harsche Kritik, und seit nun der Nachfolger „Die Geheimnisse der Engel“ in den Buchhandlungen ist, erntet die 40-jährige Königstochter wieder Häme. Total durchgeknallt, lautet der Tenor der Kommentare, und der Staatsrechtler Trond Nordby sieht einen „Missbrauch des Titels“, wenn Märtha Louise ihre esoterischen Ergüsse als „Prinzessin“ verkaufe. „Sie selbst kann in ihrer Naivität leben. Aber wenn sie einen offiziellen Titel kommerziell verwertet, ist das nicht in Ordnung.“ „Ich bin nun einmal Prinzessin, das kann ich nicht aus meinem Leben streichen,“ entgegnet Märtha Louise.

Sie glaube nicht, dass es Engel gibt, sagt sie, „sondern ich weiß das“. Sie spricht mit Ariel und Raziel, vor allem aber mit Chamuel, einem „maskulinen Engel, der in einer grünen Frequenz vibriert“. Zu ihr sei er „mild und geduldig und immer bereit zu helfen“. Ihm dankt sie auch, dass sie ihre „feminine Energie“ entdeckte, nachdem sie davor das Mädchenhafte gehasst hatte. Wie man ein Passwort brauche, um ins Internet zu kommen, brauche man einen Schutzengel für den „Kontakt zum Herzen“, beteuert sie. Sie spürt die Aura, die sie umgibt, sie hört Donnerstimmen und riecht wunderbare Gerüche. Und sie findet Federn, überall. „Mein Mann sagt, die Federn verfolgen mich, sie sind immer da, im Sommer und Winter, in Stadt und Land.“


Eines Tages wären sie und ein paar Freunde auf einem Feld gelegen und hätten meditiert. Als sie die Augen wieder öffneten, waren sie alle mit weißen Federn bedeckt, erzählt die Prinzessin. Da hätten weniger Gläubige an die Daunenjacke gedacht, die Märtha Louise ständig trägt, oder an eine nahe gelegene Hühnerfarm. Für sie aber war es ein Beweis für die Gegenwart der Engel.

Spötter schlagen vor, man solle ein Chamuel-App einrichten, damit sich Leute, die etwas verloren haben, der übernatürlichen Hilfe via Smartphone bedienen könnten. Doch trotz Häme hat die Engelschule weiterhin großen Zulauf, wobei offen bleibt, ob die Botschaft lockt oder die Anwesenheit einer echten Prinzessin. „Wir betreiben nicht Psychiatrie, sondern Selbstentwicklung mit einer geistigen Dimension“, sagt Märtha Louise, „es ist für Menschen auf der Suche“.

Der Religionswissenschaftler Dag Øistein Endsjø sieht den Glauben an ein geheimes Universum, das sich dem Suchenden öffnet, in der Tradition sowohl religiöser Mystiker wie von New Age. Das müsse man nicht negativ sehen, sagt er. „Wir alle können Märtha Louises Verwandlung von einer unsicheren Person in eine Frau, die vor Selbstsicherheit und innerer und äußerer Schönheit strahlt, bezeugen“, schrieb der Theologe in der Zeitung „Aftenposten“. „Ungeachtet dessen, ob die Engel echt sind oder nicht: Sie ist der Beweis dafür, dass der Engelglaube wirkt. Für sie zumindest.“

Auf einen Blick

Interview mit einem Engel. Für ihre unpopulären Ansichten ist Prinzessin Märtha Louise in Norwegen bekannt, nun gibt sie ihren Landsleuten neue Tipps zur Kontaktaufnahme mit Engeln. „Die Geheimnisse der Engel“ ist eine Art Fortsetzung des 2009 veröffentlichten Buchs „Entdecken Sie ihren Schutzengel“. Diesmal verraten sie und ihre Freundin Elisabeth Nordeng eigenen Angaben zufolge Geheimnisse der Engel, die den Lesern „die Kontaktaufnahme mit ihnen“ erleichtern sollen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2012)

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