Elke Krystufek: "Ich habe eine Leggings-Obsession"

Elke Krystufek
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Künstlerin Elke Krystufek, engagiert für das Festival for Fashion and Photography, über arabische Erotik und ihre anhaltende Liebe zu Leggings.

Das Tanzstudio Pfundmayr-Tagunoff am Wiener Schottentor atmet Geschichte. Hedy Pfundmayr eröffnete es 1928; 1949 gründete sie die „Erste Wiener Mannequinschule“, und noch heute kann man sich hier, zwischen jahrzehntealten Bildern und Plakaten, als „Mannequin“ ausbilden lassen. Man kann aber auch bauchtanzen, wie die österreichische Künstlerin Elke Krystufek.

Sie sitzt auf einem Stapel Matten in einem Nebenraum. Im Vorjahr, erzählt sie, „habe ich in diesem Studio im Rahmen eines orientalischen Tanzkurses getanzt und dachte immer: Wenn es ein passendes Projekt gibt, müsste man diese Location einsetzen.“ Das passende Projekt gibt es jetzt, das 12 Festival for Fashion and Photography hat Krystufek eingeladen, das Konzept für die heurige Kampagne zu entwerfen. Im Vorjahr hatten Erwin Wurm und Elfie Semotan als erstes Künstler-plus-Modefotograf-Duo den Anfang gemacht.

Ein Treffen also mit Elke Krystufek, jener Künstlerin, die schon 1990 ihre erste Performance im öffentlichen Raum zum Skandal geraten ließ, als sie sich Wunden zufügte, um sich mit dem Blut selbst zu bemalen. Inzwischen hat sie, die sich selbst gern als Kunstfigur präsentiert, an mehreren Kunstakademien unterrichtet und Österreich auf der Biennale vertreten. Muss man da auf der künstlerisch-theoretischen Metaebene bleiben?

Offenbar nicht. Wann Krystufek, die selbst für zwei Kunstprojekte Kollektionen entworfen hat, begonnen habe, sich für Mode zu interessieren? In den Achtzigern, „da gab es so die diversen Trends, Kniebundhosen, Dinge, die jetzt vergessen sind.“ Overalls, zum Beispiel, sagt sie und lacht auf. Bundfaltenhosen. Und Leggings. Die würden sie bis heute begleiten. „Ich habe eine absolute Leggings-Obsession.“


Auch wenn die immer wieder als Mode-Crime gelten. „Sie sind einfach ein tolles Kleidungsstück. Ich liebe auch Dinge, in denen man schlafen kann, die multifunktional sind und körpernah. Wenn ich Röcke kaufe, ist meine Vorstellung, dass man damit Rad fahren oder reiten kann. Beweglichkeit steht im Vordergrund.“

Selbst entworfen habe sie schon während der Studienzeit, „da habe ich aus Kostengründen viele meiner Kleider selbst genäht. Ich hatte so eine Periode von halb durchlöcherten Vorhangkleidern. Und vorhandene Kleider transformiert, indem ich viel weggeschnitten habe.“ Wäre Design eine berufliche Alternative gewesen? „Irgendwie ja“, meint die Wienerin, aber der notwendige kommerzielle Teil sei ein Problem für sie. „Mich interessiert es nie, über Geld nachzudenken. Das hat im Kunstbetrieb bis jetzt noch leichter funktioniert.“ Sagt sie. Und lacht.

Für die Kampagne des Modefestivals hat sie das „arabische Thema“ gewählt, mit dem sie sich schon länger beschäftigt. Im Vorjahr hat sie dazu in der Garage X ein Theaterstück gemacht, die Kampagne nun sei „quasi eine Stummfilmversion“. Fotografin Maria Ziegelböck, nach vielen Jahren von Paris nach Wien zurückgekehrt, hat ein arabisches Pärchen in weiß-grünen Wiener Designerstücken vor der Linse. Es gehe um Geschlechterbeziehungen, sagt Krystufek, „auch um Nähe und Distanz. Weil im arabischen Raum gibt's ja keine Berührung im öffentlichen Raum, aber trotzdem – oder auch dadurch – eine sehr hohe erotische Spannung.“ Als Inspiration hat sie Fotos von ihren Recherchereisen aus Dubai und dem Oman mitgebracht, auch welche von sich und einem arabischstämmigen Freund.

„Nicht so künstlich“, will sie ihre Fotos haben, da trifft sie sich mit Ziegelböck. Deren Fotos an der Schnittstelle zwischen Porträt und Modefotografie sind meist wenig glamourös. „Manchmal bemühe ich mich, aber es wird dann doch immer... trashig. Was mir wichtig ist, ist eine gewisse Ironie.“ Und Freiheit – von der es in Wien mehr gebe als in der Modestadt Paris. „Aber ich habe immer ein bissl einen Freibrief gehabt. Ich war die, die in flachen Schuhen auf die Party geht. Von mir hieß es: She is really Rock 'n' Roll.“

Auf einen Blick

Das Festival for Fashion and Photography findet heuer von 29. Mai bis 5. Juni statt, nächste Woche wird die von Elke Krystufek konzipierte und von Maria Ziegelböck fotografierte Kampagne präsentiert. Locations sind u. a. das Museum für Völkerkunde (wo der Austrian Fashion Award verliehen wird) und das Fox House im 7. Bezirk, das sich einem Fotografie-Schwerpunkt widmet. Im MAK hält Trendforscherin Lidewij Edelkoort ein Seminar zum Thema Lifestyle und Fashion. Programm: www.12festival.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2012)

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