Alles Walzer mit Miss Candy

Holger Thor
Holger Thor (c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Es begann im U4 – als schwule Hommage an den Opernball: Am kommenden Donnerstag lädt Holger Thor zum 25. Mal zum Rosenball.

Einmal, vor ein paar Jahren, erschien kurz vor dem offiziellen Balleinlass ein Paar im Palais Auersperg: Sie im eleganten Ballkleid, er im Smoking, beide weit über siebzig. Da, erinnert sich Holger Thor, sei er plötzlich unsicher geworden. „Ich wollte ihnen eine böse Überraschung ersparen“, erklärt er, warum er die beiden vorsichtig angesprochen hat: Ob sie den Rosenball eh kennen würden? Das würden sie, versicherten die zwei: Sie seien eigens aus Hamburg angereist.

Der Rosenball ist, zugegeben, einer der etwas untypischeren Einträge im Wiener Ballkalender. Allerdings einer mit Tradition – und einem Jubiläum: 25 Jahre ist es her, dass Holger Thor in der Robe seines Alter Ego, Miss Candy, erstmals zur „Hommage und Persiflage auf den Opernball und die Ballkultur“ lud. Damals arbeitete er noch in der Reisebranche und half nebenbei Freunden aus: Karin Löffler managte gerade das U4, ihr Bruder dort die neue Heaven Gay Night. „Wir reden von vor 26 Jahren“, merkt Thor an. „Da war schwul sein noch nicht so schick wie heute.“

Seine erste Aufgabe war die des Selektors. Auch, um Leute, die nur ins „normale“ U4 wollten, vor Enttäuschungen zu bewahren. Später übernahm Thor selbst die Regie – und schaffte als eine seiner ersten Amtshandlungen die Men-only-Regel ab. Mit Erfolg: „Im Heaven haben sich irre viele Heteropaare kennengelernt.“

Die Geburt von Miss Candy

Aus dieser Zeit in den frühen Neunzigern stammt auch Miss Candy. Über seinen Job in der Reisebranche, erzählt Thor, sei er damals viel in Amsterdam gewesen, wo „das Nachtleben zehn Jahre weiter war“, wo Drag Queens mit Bauchläden Zigaretten und Süßigkeiten verkauften. Das war die Inspiration für Miss Candy. Beim Flyerverteilen für eins der ersten Clubbings der Stadt erzählte Thor von seiner Idee und wurde prompt engagiert. Inzwischen ist Miss Candy die wohl dienstälteste Drag Queen der Stadt – und „Ballmutti“ des Rosenballs. Denn was sei damals nähergelegen, sagt Thor, als den donnerstäglichen Heaven-Club für eine humorvolle Auseinandersetzung mit dem gleichzeitig stattfindenden Opernball zu nutzen? Dass es sich um eine Gegenveranstaltung handle, sei eine Erfindung der Medien, nicht mehr.

So organisierte er also vom Wohnzimmer aus („Ich war der Superhero – ich hab ein Faxgerät gehabt!“), dekorierte die schwarze, „im positiven Sinn abgefuckte Bude“ des U4 in einen weißen Ballsaal um. Mit Erfolg. Als sich vor einem frühen Rosenball CNN akkreditieren wollte, dachte er trotzdem an einen Scherz. „Ich hab die abgeschasselt – und erst später gemerkt: Das war ernst. Da machst in den Neunzigern eine schwule Kellerparty, und dann kommt der größte Fernsehsender der Welt!“

Heute plant Thor professionell – mit seiner Agentur Produktionsbüro, die den Rest des Jahres Auftragsevents für Firmen ausrichtet. Auch der Ball ist gewachsen: Als das U4 zwischenzeitlich zusperren musste, übersiedelte er ins Palais Auersperg, im Vorjahr ist er schließlich im Kursalon Wien gelandet. Geblieben ist der gesellschaftspolitische Anspruch: für ein „Aufweichen der Geschlechterrollen, die einem vorschreiben, wie man sich zu benehmen hat“. Das, sagt Thor, sei die Botschaft von Miss Candy. Im Übrigen „bin ich gern ein Mann.“

AUF EINEN BLICK

Der Rosenball fand 1991 zum ersten Mal statt – damals noch im Rahmen des Heaven Club. Er findet am gleichen Abend wie der Opernball statt, dessen Gäste gern auch hier auftauchen (wie in der Vergangenheit etwa Grace Jones.) Auch Jean-Paul Gaultier und Gianfranco Ferré haben hier schon gefeiert. Donnerstag, 4. Februar, Kursalon Wien. Dresscode: Glamouröse Kostümierung oder elegante Abendkleidung. Eröffnung ist um Mitternacht mit Les Schuh Schuh, danach eröffnet Miss Candy mit „Alles Walzer“ den Dancefloor. Tickets: www.rosenball.eu

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.